Dortmund..
Das „Booking“ ist für Außenstehende ein Buch mit sieben Siegeln. Für Volker May nicht. Der Chef-Bucher des Freizeitzentrums West (FZW) ist seit fast 30 Jahren in der Musikbranche unterwegs, hat Dortmund etwa im letzten Jahr einen Dreifach-Auftritt der Fantastischen Vier beschert und kümmert sich auch aktuell intensiv darum, dass der Club unterhalb des U-Turms ein möglichst spektakuläres Konzert-Programm bieten kann.
Langes Warten, spät starten. Viel suchen, dann buchen. Durch den Betreiberwechsel zur Jahreswende und der langen Buchungspause angesichts der Unsicherheit in der Übergangszeit wurde aber die Zielsetzung nicht heruntergeschraubt. Mit den Inhabern Till Hoppe und Michael Lohrmann gilt die Sprachregelung, dass das FZW im Herbst 2011 wieder zu den besten drei Live-Clubs in Deutschland gehören, darüber hinaus sogar die nationale Top-Adresse werden soll. „Ob wir unser Ziel schon im Herbst schaffen, ist vielleicht fraglich. Aber wir sind definitiv auf einem guten Weg“, sagt Volker May.
Seinen Optimismus bezieht der Booker aus den drei klassischen Zeitzonen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Heißt: Das FZW genieße nach vielen Livekonzerten in den letzten Jahren deutschlandweit immer noch einen exzellenten Ruf. Zudem „haben wir auch für 2011 schon sehr gute Sachen gebucht“, meint May. Und für den Herbst kündigt er genauso noch Überraschungen an wie für 2012, wenn u.a. Stanfour in Dortmunds Rheinischer Straße vorbeischauen wollen.
Ein Blick auf das vorliegende FZW-Programm verrät zudem eine große Bandbreite. Von Newcomern über Veteranen und regionalen Größen bis hin zu Festivals und prominenten Bandnamen spiegelt sich eine große musikalische Vielfalt wider. „Die Mischung macht’s, da achten wir schon drauf“, betont May. Große Stücke hält er auf die jungen Wilden von Wolf People, die am 8. Mai mit Nathalie Stern aufspielen werden. Altbewährtes wie zuletzt Too Strong mit ihrem Dortmund-Heimspiel („Das ist überraschend, wie stark das Interesse an denen ist, wobei wir die immer im Blick hatten und haben“) am 21. April oder an Ostersamstag die Krupps spricht dann wiederum ein anderes Publikum an. Nochmals in eine andere Richtung geht es im Sommer beim Reggae-Festival, dem drei Indoor-Festivals in der zweiten Jahreshälfte folgen.
Sechs Zugpferde 2011
Dann wären da noch die zur Zeit feststehenden sechs Zugpferde in diesem Jahr: Monster Magnet, Dick Brave & The Backbeats, Kyuss Lives!, Jupiter Jones, Razorlight und Dredg. „Keine Frage, Auftritte prominenter Bands sind wichtig, die halten den Laden im Gespräch“, sagt May und hofft dann jeweils auf eine ausverkaufte Hütte mit 1300 Besuchern. Für Veteranen wären Zuschauerzahlen zwischen 300 und 700 okay, wobei diese dann oft Leute aus dem gesamten Ruhrgebiet anlocken. Und in dem ohnehin schwierigen Clubgeschäft sei das Einführen von neuen Interpreten mit das Schwierigste.
Wie kompliziert das schnelllebige Geschäft sein kann, erfuhr May jetzt durch die Buchungspause während des Betreiberwechsels (von der Stadt zur privaten panUrama/FZW GmbH) 2010. „Wir haben ein halbes Jahr verloren, konnten Anfragen und Wünsche nicht bearbeiten“, blickt May in die jüngere Vergangenheit zurück, was für ihn im Anschluss reichlich Arbeit in Form von Klinkenputzen bedeutete. „Die Karawane zieht weiter. Und wir mussten versuchen, sie wieder einzufangen.“ So gingen dem FZW Auftritte von Clueso oder Polarkreis 18 durch die Lappen, die dann in Krefeld spielten. Oder Philipp Poisel, der in Bochums Zeche gastiert. „Wenn man solche Big Points nicht machen kann, dann tut das schon weh“, gibt Volker May zu, um gleich kämpferisch nachzuschieben: „Wir werden das aber definitiv wieder aufholen.“
Vergleiche seien aber schwierig. Die Westfalenhalle etwa bediene ein ganz anderes Feld, der Kontakt zum dortigen Veranstaltungs-Geschäftsführer Jochen Meschke sei aber vorhanden und kollegial. Und so erfolgreich wie die Club-Szene in der Trend- und Medienstadt Köln werde Dortmund mangels Angebot und Nachfrage auch nicht.
Ein neuer, dafür umso wichtiger Aspekt kommt noch dazu: Seit dem Betreiberwechsel „spüren wir schon einem enormen wirtschaftlichen Druck im Nacken, und das in diesem Risikogeschäft“, gibt May zu. Bislang sei er mit dem Budget aber gut zurechtgekommen, ehe er den Fokus wieder mehr auf das Ideelle lenken will. Es sei schön zu sehen, wie sich manche Band aus der FZW-Familie weiterentwickelt haben. Und zudem zeige der Konzertrückblick auf Höhepunkte mit FantaVier oder One Republic, dass im Freizeitzentrum West vieles richtig gelaufen sei. Somit sei das dünne Programm im ersten Halbjahr 2011 hoffentlich nur eine Delle, ein schwaches Kapitel im dicken FZW-Buch.