Dortmund.. In Dortmund hat ein Poker begonnen, bei dem es um mehrere hundert Millionen Euro geht. Mitspieler: Stadtwerke, DEW, die Politik und RWE. Dabei geht es um die Frage, wie viel Einfluss Dortmund dem Essener Konzern auf die heimische Energiepolitik künftig zugestehen will. Der erste Streit ist schon da.
Dortmund soll einen „Masterplan Energiewende“ bekommen und sich zum „Schaufenster für Elektromobilität“ entwickeln. Diese Losung hat OB Ullrich Sierau bei einer Runde am Freitag im Rathaus ausgegeben. Über allem schwebt die Frage, wie stark die Stadt künftig noch auf den Essener Energieriesen RWE setzen will. 2014 werden die Karten beim Energieversorger Dortmunder Energie und Wasser (DEW) neu gemischt.
RWE ist mit 47 Prozent an DEW beteiligt. Teile der Politik möchten die Mitsprache von RWE bei DEW auf ein Minimum beschränken, sie schwärmen von einer „Rekommunalisierung“. Dafür will RWE Geld sehen - im schlechtesten Fall mehrere hundert Mio. Euro. Die können auch die Stadtwerke nicht bezahlen, der Haupteigentümer an DEW.
Inzwischen hat DEW-Chef Brinkmann Alternativen aufgezeigt. Die aber finden nicht überall Anklang, schon gar nicht bei den Stadtwerken. Bei einer jüngsten Runde im Rathaus hat OB Sierau die Initiative an sich gerissen.
Magisches Datum 2014
Wie gebannt starren die politische Führungsriege im Rathaus, aber auch die Spitzen der Stadtwerke und deren Energietochter DEW auf das magische Datum 2014. Ende 2014 läuft der Gesellschaftsvertrag von DEW aus, an dem die Stadtwerke 53 % halten und RWE 47 %. Bis dahin müssen die Anteile zwischen den beiden Eigentümern neu ausgehandelt sein, ein Poker um mehrere hundert Millionen Euro und vielen Mitspielern. Prompt ist ein Streit losgebrochen, wie viel Einfluss die Dortmunder RWE künftig noch gewähren sollen.
Der Konzern ist für Teile der Politik ein rotes Tuch. Speziell in der SPD und bei den Grünen gibt es Kräfte, die den Einfluss der Essener auf den Dortmunder Versorger deutlich mindern möchten. Problem dabei: RWE wird sich seinen Rückzug aus DEW vergolden lassen, umsonst rücken die Essener ihre Anteile nicht heraus. Schnell könnten auf die Stadtwerke, dem Haupteigentümer von DEW, Kosten von mehreren hundert Millionen Euro zurollen. Die sind aber nicht zu bezahlen. Was tun?
Mehrere Varianten
In dieser Gemengelage hat DEW-Chef Frank Brinkmann ein Papier mit mehreren Varianten erstellt, wie sich das Gewicht von RWE verringern lässt, ohne dass man Geld auf den Tisch legen müsste. Optionen gibt es. Nur könnten einige Szenarien, die Brinkmann durchspielt, allzu sehr auf Kosten der Stadtwerke gehen - weshalb Konzernchef Guntram Pehlke wenig Spaß an den Varianten hat. So macht DEW-Geschäftsführer Brinkmann (unter anderem) die Option auf, man könne die anderen Energietöchter der Stadtwerke, etwa Gelsenwasser und die Anteile am Kohleverstromer Steag, DEW übertragen und DEW zur „Führungsgesellschaft Energie“ aufwerten.
Für Pehlke kommen solche Szenarien einem Machtverlust gleich, den er als Konzernherr schwerlich hinnehmen kann. Unbelastet ist das Verhältnis der beiden Alphatiere ohnehin nicht: Auf der einen Seite Stadtwerke-Chef Pehlke, der als Lenker die Oberhand über die strategische Ausrichtung des Gesamtkonzerns behalten muss und dabei auf seine wichtigste Sparte, den Energiesektor, nicht verzichten will - auf der anderen Seite DEW-Chef Brinkmann, der zwar weisungsgebunden ist, aber den Vorteil hat, als intimer Kenner der Energiebranche zu gelten.
Ihn hat Pehlke erst vor Kurzem zurückgepfiffen, als Brinkmann dabei war, DEW um die Vergabe der Stromkonzession in Recklinghausen ins Rennen zu schicken. Statt den Dortmunder Lieferanten bei der Ausschreibung mitbieten zu lassen, ließ Pehlke eine andere Stadtwerke-Tochter in Recklinghausen grasen: den Gelsenkirchener Versorger Gelsenwasser.
Krisengipfel
Die DEW-Betriebsräte und Verdi-Vertreter im Aufsichtsrat waren alarmiert und wandten sich an SPD-Fraktionschef Ernst Prüsse, der kurz vor Weihnachten zum Krisengipfel lud. Im Beisein von OB Sierau, Pehlke und Brinkmann, Arbeitnehmervertretern sowie SPD-Spitzen kam es zum Eklat zwischen Pehlke und SPD-Chef Franz-Josef Drabig, der die Runde aufgebracht verließ. Am Freitag vergangener Woche folgte das zweite Treffen.
Ergebnis: Die Kernfrage, wie stark der RWE-Einfluss nach 2014 bei DEW sein darf, soll auf Anregung von OB Sierau (Mitglied im RWE-Aufsichtsrat) in einem größeren Zusammenhang beantwortet werden. Dazu soll ein „Masterplan Energiewende“ aufgelegt und Dortmund zum „Schaufenster der Elektromobilität“ entwickelt werden.
Parallel dazu will man einen unabhängigen Gutachter beauftragen, Szenarien für DEW zu entwerfen. Wer den Gutachter bestellt, blieb offen.