Dortmund.

Seit drei Jahren gibt es einen regelrechten Zirkus um die Einführung von Elektroautos. Doch im ersten Jahr, in dem es eine nennenswerte Auswahl an Elektroautos gibt, kommt die neue Technik nicht ins Rollen. Zu teuer, zu geringe Reichweite, zu wenige Ladesäulen und zu geringes Vertrauen in die Batterietechnik - das sind die Vorurteile. Wir fragten nach.

Die Bundesregierung hat als Zielmarke ausgegeben, dass bis zum Jahre 2020 eine Million am Stromnetz aufladbare Elektrofahrzeuge und so genannte Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge auf deutschen Straßen fahren. Doch bis jetzt herrscht große Absatzflaute bei den neuen Modellen. Neben Nissan sind die Franzosen bei der Entwicklungsarbeit gut aus den Startlöchern gekommen. Aber auch Daimler hat etwas zu bieten. Allein: Der Verbraucher zeigt den Herstellern die kalte Schulter.

Der hohe Anschaffungspreis schreckt Kunden ab

Gerd Petrusch, Vorsitzender des Dortmunder Elektromobilvereins ISOR, der schon seit 20 Jahren elektrisch fährt, kennt durch zahlreiche Kundenkontakten die Hauptursache: „Die Leute schreckt der hohe Anschaffungspreis.“ Mindestens 10.000 Euro muss ein Käufer für ein Auto mehr bezahlen - und bekommt dafür ein weniger an Leistung und Reichweite.

Automobil-Experte Prof. Dr. Ferdinand Dudenhöffer von der Uni Duisburg, der der neuen Antriebstechnik eher positiv gegenüber steht, ist überzeugt: „Die Sache steht kurz vor dem Scheitern!“

Als Hauptgrund sieht er die mangelnde Möglichkeit, sich bei einer Testfahrt von den Vorzügen der Elektromobile zu überzeugen. Gleichzeitig habe die Politik vollmundigen Ankündigungen noch nicht viel folgen lassen. Der Hype drohe zu verpuffen. „Das ist doch schon der dritte Anlauf zur Förderung der Elektromobilität“, so Dudenhöffer.

Ohne Druck geht nichts

Ohne Druck werde wohl nichts gehen. Das habe die EU-Verordnung zur Senkung des Kohlendioxid-Ausstoßes gezeigt. Erst danach habe sich die Automobilindustrie nach endlosen leeren Ankündigungen bewegt, sparsame Motoren zu produzieren. Übertragen auf die E-Mobilität: „Wenn Sie zum Beispiel die Dortmunder Innenstadt nur noch für Elektrofahrzeuge freigeben: Was glauben Sie, was das für Folgen für den Absatz hätte?“

Der Preis schrecke die Kundschaft natürlich ab. Ein Ampera für 43.000 Euro, das seien 20.000 Euro mehr als bei einem vergleichbaren Fahrzeug mit herkömmlichen Verbrennungsmotor. Der Nissan liege bei 35.000 Euro. „Aber sie können ihn nicht kennenlernen.“

Carsharing-Anbieter als Chance zur Verbreitung

Dass sich beim Preis - ähnlich wie einst bei der Einführung der Computer etwas bewegt, hat Elektromobil-Freund Petrusch bereits festgestellt. Der „Ion“ von Peugeot sei inzwischen 6000 Euro im Preis gefallen. „Zwei bekommen Sie schon für je 26.000 Euro.“

Eine Chance zur Verbreitung seien die Carsharing-Anbieter, die Stationen von Dortmund bis Köln mit Elektromobilen bestücken sollten, so Dudenhöffer.

Einen weiteren Rückschlag hat die Region mit der Nichtberücksichtigung als „Schaufenster“ für Elektromobilität hinnehmen müssen. Wie berichtet, hatte auch Dortmund den Hut in den Ring geworfen. Den Zuschlag erhielten andere. OB Ullrich Sierau möchte die Stadt zur „Hauptstadt für Elektromobilität“ machen. Das anerkennt Petrusch. Allein: Im Verein ISOR sind noch immer die alten Strategen mit Altfahrzeugen fast unter sich. Der Grund ist klar: „Beim Elektromobil geht ja auch praktisch nichts kaputt.“

"Das Schiff hat den Hafen verlassen"

„Das Schiff hat den Hafen verlassen“, mit diesen Worten kommentiert der RWE-Effizienz-Chef Ingo Alphéus die Perspektiven der Elektromobilität. Es sei richtig, dass die Einführung länger dauere als beim Beginn des „Hypes“ vor drei Jahren von vielen erwartet. „Jetzt sei es wichtig, dass die Ernüchterung möglichst schnell einem gesunden Realismus weiche, so RWE-Effizienz.

Die Energieversorger seien bei der Aufbauarbeit eines Netzes von Ladestationen in Vorleistung getreten. 80 Strom-Ladepunkte gebe es inzwischen in Dortmund. Jetzt würden bei den Renault-Autohändlern flächendeckend Ladepunkte aufgebaut, so Alphéus.