Dortmund..
„Den letzten freien Platz“, sagt Frauke Gorontzi, „hätte ich vierfach vergeben können“. Soviel zum guten Ruf des Fritz-Heuner-Heimes. Der war, nach der ersten Prüfung des Hauses durch den Medizinischen Dienst, erschüttert worden. Note: „mangelhaft“ – damit rasselte das Seniorenheim durch alle Raster. Nach einem Dreivierteljahr kam der Pflege-TÜV erneut. Ergebnis: 1,8. Und die Frage: Wie belastbar ist der Pflegelotse nach Noten?
2009 rangierte das Eichlinghofer Heim als Schlusslicht von insgesamt 23 überprüften Pflegeeinrichtungen, die sich im Durchschnitt ein „gut“ ins Zeugnis schreiben lassen konnten. Die 100 Bewohner in der stationären Altenhilfe und ihre Angehörigen: in Aufruhr. Ehrenamtliche und Mitarbeiter: entsetzt. „Da wird ja auch deren Leistung plötzlich in Frage gestellt“. Auch im sozialen Bereich prangte schließlich eine dicke Fünf. Die letztlich was aussagt? Sind die Menschen hier mangelhaft versorgt?
Im Gegenteil, sagt Pflegebereichsleiterin Karin Bachmann: Selbst im Prüfbericht sei vermerkt worden, dass die Bewohner in sehr gepflegtem Zustand seien. Und ein bisschen war das mit ein Grund für die schlechte Benotung. „Der Mensch geht vor“. Vor die Arbeit am PC. Bachmann: „Das schlufft dann schon mal ein bisschen“. Im MDK-Prüfbogen zählt aber nur das was dokumentiert ist . „Was in den Aufzeichnungen fehlt, gilt als nicht durchgeführt“.
Pflege also gut, das Drumherum schlecht? Dazu holt Gorontzi, seit 2009 kommissarische, jetzt feste Leiterin der Einrichtung, weiter aus. Denn die erste Prüfung des MDK nach neuem Katalog (geprüft wird übrigens nur der Versorgungsvertrag mit den Krankenkassen) im August 2009 hatte zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt stattgefunden. Erst im Januar war das Haus aus der Trägerschaft der Kirchenkreise unter das Dach der Diakonie Ruhr geschlüpft – was ein komplett neues System beinhaltet hatte. Dazu sei zum damaligen Zeitpunkt die Führung durch Dauerkrankheit verwaist gewesen. „Eigentlich hat jeder Bereich für sich gewurschtelt“, nickt Karin Bachmann. Fachlich nicht falsch, aber letztlich ohne einheitliche Struktur.
Das „Mangelhaft“ hatte alle angespornt. Und mit Frauke Gorontzi den Kopf erhalten. Sie war zuvor Qualitätsmanagement-Beauftragte für elf Heime der Diakonie Ruhr. Der Umbau im Haus - ein methodischer: Das Leitungsteam auf drei erweitert. Die Dokumentation umgestrickt von Papier auf PC. Pro zehn Bewohner steht ein Computerarbeitsplatz auf den Stationen, wo quasi im Vorbeigehen erste Notizen eingetragen werden können. Für die Dokumentation haben alle Pflege-Mitarbeiter ein monatliches Stundenkontingent. In Qualitätszirkeln und Schulungen wurde Fachwissen neu strukturiert, eine einheitliche Arbeitsweise vereinbart. „Die Motivation der Mitarbeiter war sehr, sehr hoch“, lobt Bachmann. Dazu, ergänzt Gorontzi, seien Prozesse verändert worden – mit Bausteinen wie Ernährungs- und Flüssigkeitsbilanzen, Risikomanagement etc. am Bewohner selber bis hin zu den Arbeitsläufen, die jetzt auf jeder Etage gleich sind. „Man weiß, wo’s lang geht“, bringt Bachmann die Veränderungen auf den Punkt. Das hat auch der Pflege-TÜV zur Kenntnis genommen. Mit der Note 1,8 liegt das Heuner-Heim jetzt deutlich über dem Landesdurchschnitt (2,4).
Dass es ihnen hier auch vorher „gut“ gefallen hat, hätten die Bewohner den Prüfern übrigens immer schriftlich geben können. Auch sie (10 %) werden zwar befragt, ihre Antworten fließen aber nicht ins Ergebnis ein. Weil, so die Begründung, es methodisch sinnvoll sei, die fachliche Beurteilung von der subjektiven Ansicht zu trennen...