Dortmund..

Während die Oper um Zuschauer kämpft, hat das Konzerthaus anhaltenden Erfolg. Ein Gespräch mit Intendant Benedikt Stampa über Werbung, Sponsoren und die Zukunft.

Sie setzen auf ungewöhnliches Marketing: Der Spot über klassikhörende Kühe hat es in die LA Times geschafft. Müssen Sie aggressiv werben?

Ohne Werbung geht es nicht. Sicherlich ist die Form für Dortmund ungewöhnlich und frech. Radiospots mit umgetexteten Kinderliedern wurden nicht mehr gespielt, weil sie als anrüchig empfunden wurden. Unsere Plakate „Musik für alle“ haben wir gerade in kürzester Zeit 500 Mal verkauft. Wir werben für Klassik und betreiben Imageaufbau für Dortmund und das Konzerthaus.

Also auch ein anderes Kulturverständnis jenseits des Hochkulturtempels?

Ja, ein wenig aggressiver, lustiger, forscher, kreativer und auf einem hohen Qualitätslevel. Wir legen viel Wert auf Marketing und haben dafür einen hohen Etat. Um ein Konzerthaus hier zu etablieren, braucht man eine langfristig angelegte Werbestrategie.

Die LA Times bezeichnet den Standort Dortmund als Alptraum. Haben Sie das Gefühl, ständig zu kämpfen?

Nein. Ich finde Dortmund und die Menschen hier superklasse. Das andere sind Vorurteile, die wir mit der Werbung brechen wollen. Unser Anspruch ist, eines der besten Häuser Deutschlands zu sein. Ich denke, dass es gerade in Deutschland im Konzertbereich keinen Ort gibt, der spannender wäre als Dortmund. Der Anreiz hier ist groß: Das Umfeld war bislang nicht klassisch kulturorientiert, aber der Wille ist da, bei Politik und Bevölkerung. Mehr kann man sich nicht wünschen.

Hat die Kulturhauptstadt etwas verändert?

Vielleicht in der Wahrnehmung des Ruhrgebiets. Für das Konzerthaus hat sich nicht viel geändert.

1,6 Millionen Euro bekommen Sie von der lokalen Wirtschaft: Wie abhängig ist Klassik von Sponsoren?

Schon soweit, dass wir einen Großteil unserer Ausgaben für Kultur und Projekte aus Drittmitteln finanzieren. Die 5 Millionen, die wir pro Saison von der Stadt bekommen, sind die Grundsicherung. Wesentliche Teile unseres Programmetats werden von Sponsoren finanziert. Wir haben angefangen mit 600 000 Euro und liegen jetzt bei circa 1,6 Millionen.

Der Mix aus Stars und Neuem bringt bisher Erfolg. Soll Esa-Pekka Salonen als Residenzkünstler mehr Experimente liefern?

Wir wollen uns programmatisch weiterentwickeln. Die Basis ist das klassische Konzert und es gibt noch genug zu tun, die Menschen dafür zu begeistern. Trotzdem muss man überlegen, was danach kommt. Wir fangen jetzt an, unser Programm weiterzuentwickeln, stoßen vor in Neue Musik, bringen neue Konzertformen, orientieren uns daran, was in Europa en vogue ist. Mit Esa-Pekka sind wir ein Stück weit Avantgarde.

Das Konzerthaus produziert auch in der neuen Saison mit Herzog Blaubart ein eigenes Projekt: Konkurrenz für die Oper?

Künstlerische Eigenproduktionen schaffen Identität und locken Zuschauer von weiter her. Oper als rein akustisches Erlebnis ist eine Ergänzung zum Musiktheater. Wir zeigen drei Opern pro Jahr, das steht in keiner Konkurrenz zum Theater.

Also kein Zusammenhang zwischen den schlechten Besucherzahlen der Oper und Ihrem Erfolg?

Das glaube ich nicht. Ich prophezeie, dass die Oper mit Jens-Daniel Herzog eine Renaissance erlebt. Und ich bin froh darüber. Es gibt genügend Potenzial in der Gegend. Der Spielplan ist ambitioniert und bringt frischen Wind.

Wollen Sie mit Herzog enger kooperieren?

Wir haben beide klar gesagt, dass man nichts über das Knie brechen muss. Wir sind offen für Gespräche. Aber der Erfolg der Oper muss aus ihr heraus kommen; Kooperation ist kein Allheilmittel.

Ihr Vertrag läuft bis 2013 mit Option auf Verlängerung bis 2015. Wollen Sie davon Gebrauch machen?

Wahrscheinlich schon. Es macht wahnsinnig Spaß. Wir sind eine junge Institution, die Menschen für Musik begeistert und zeigt, was im Ruhrgebiet möglich ist. Mein Vorbild ist weniger die Staatsoper München als das Schauspielhaus Bochum: Das hat es auch aus dem Ruhrgebiet zu einer der bedeutendsten Schauspielstätten Europas geschafft.