Essen/Dortmund.. Bis zu 12.600 Euro muss Dortmund jeden Monat für Kampfhunde im Tierheim zahlen. Auch andere Städte bleiben oft auf den Kosten für die Unterbringung gefährlicher Hunde sitzen. In Zeiten knapper Kassen ein Ärgernis. Doch rütteln lässt sich daran nicht.
Rocky ist ein Sorgenfall. Mit Kleinkindern kommt er nicht zurecht und auch gegenüber Fremden reagiert er reserviert. Das steht neben dem Bild seines braunen, kompakten Körpers auf der Internetseite des Tierheims. Aber er verträgt sich offenbar mit Katzen. Und geht gehorsam an der Leine. Doch überzeugt hat das bislang niemanden. Rocky ist ein Stafford-Terrier-Mix. Damit steht er in NRW auf der Liste der gefährlichen Hunde. Seit mehr als sieben Jahren lebt er schon im Tierheim Dortmund.
21 sogenannte Kampfhunde sind dort derzeit untergebracht. Oft werden sie ihren Besitzern weggenommen. Wenn diese nicht zahlen können, bleibt die Stadt auf den Kosten sitzen. Zudem gelten Pittbull Terrier und Co. als schwer vermittelbar, manche Tiere bleiben für den Rest ihres Lebens im Heim. Bis zu 20 Euro muss Dortmund täglich für die Unterbringung der Hunde zahlen. Dabei sei die Stadt froh über jeden Cent, den sie sparen könne, sagt Pressereferent Michael Meinders.
12.800 Euro für Hunde von Sexual-Straftäter
Besonders hart hat es Nümbrecht im Oberbergischen Kreis getroffen. Normalerweise plant die Gemeinde mit ihren rund 17.000 Einwohnern für sogenannte ordnungsbehördliche Maßnahmen 10.000 Euro jährlich ein. Auf den Batzen, den Nümbrecht jetzt schultern muss, war niemand vorbereitet. Die Gemeinde zahlt derzeit rund 12.800 Euro im Jahr für zwei Kampfhunde, die in Tierpensionen versorgt werden müssen. Ihr Besitzer, ein Sexual-Straftäter, sitzt wegen Vergewaltigung ein. Fünf Jahre Haft hat er bekommen, mit anschließender Sicherungsverwahrung. Die Chance, dass er seine Hunde je wieder selbst unterhalten kann, ist äußerst gering.
Tiere dürfen nicht getötet werden
„Für uns war das empörend, da wir einen Nothaushalt haben und deshalb nicht beim Schul-Projekt ‚Kein Kind ohne Mahlzeit’ mitmachen durften“, klagt Kämmerer Reiner Mast. Die Gemeinde Nümbrecht ging Ende des Jahres auf die Barrikaden und machte die Sache öffentlich. Schließlich bekam sie von der Bezirksregierung doch grünes Licht für das Schulessen. Jetzt gibt es Geld für die Kampfhunde – und für die Kinder.
Doch die Städte müssen die Kosten weiter tragen. Daran ist nicht zu rütteln. Auch schreibt das Tierschutzgesetz in Deutschland vor, dass kein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund, etwa Nahrungsgewinn, getötet werden darf. „Tiere im Heim dürfen nur bei unheilbarer Krankheit oder bei großer Gefahr für den Menschen eingeschläfert werden“, sagt Karen Alwardt vom Landestierschutzverband NRW. Ob ein Tier zu gefährlich sei, entscheide der zuständige Amtstierarzt. Das sei etwa der Fall, wenn ein Hund einen Menschen schwer verletzt habe. „Eine lange Verweilzeit des Tieres im Heim ist dagegen kein hinreichender Grund, es zu töten.“
Kampfhunde-Steuer im Schnitt siebenmal so hoch
In Tierheimen ist man dagegen überzeugt, dass das Hundegesetz in NRW das Problem verschärft. „Die Rasse-Liste ist völliger Schwachsinn“, sagt Heike Bihsa vom Tierheim Gelsenkirchen. „Jeder Hund kann gefährlich werden, wenn er an den falschen Halter gerät.“ Die Tiere würden stigmatisiert und damit erst zu Sorgenfällen der Heime gemacht. „Die Vorurteile gegenüber diesen Rassen halten sich hartnäckig“, bestätigt auch Vanessa Heidt vom Tierheim Duisburg. Hier sind derzeit rund 30 Kampfhunde untergebracht. Auch die Tierpflegerin berichtet von positiven Erfahrungen mit den vermeintlich gefährlichen Hunderassen. „Jeder, der einmal einen American Staffordshire Terrier oder einen Bullterrier hatte, will immer wieder einen“, versichert Heidt.
Abschreckend sind neben dem Negativ-Image und hohen Auflagen für die Haltung der Tiere vielerorts auch die höheren Kosten für Kampfhunde-Rassen. In 208 Kommunen in NRW müssen Kampfhunde-Besitzer mittlerweile deutlich höhere Steuern für ihre Tiere zahlen. Laut Städte- und Gemeindebund beträgt die Kampfhunde-Steuer im Schnitt 431 Euro im Jahr, das ist das Siebenfache des gängigen Hundesteuer-Satzes.
Sorge bereitet Heike Bihsa vom Tierheim Gelsenkirchen momentan jedoch eine ganz andere Rasse, die ihrer Beobachtung nach auch bei jenen gefragt ist, die sich früher aus Status-Gründen einen Pittbull Terrier hielten: der Kangal. Der türkische Hirtenhund ist ein Koloss Er wiegt nicht selten mehr als 60 Kilogramm. „Diese Tiere sind schwer zu erziehen und nur für erfahrene Hunde-Halter geeignet“, sagt Bihsa. „Doch für sie gibt es in NRW keine Auflagen.“