Bottrop. Früher war der Iraner Ali Kunde bei der Bottroper Tafel, heute arbeitet er dort. Wie sich der 41-Jährige ein Leben in Deutschland aufbauen will.
Es ist noch nicht lange her, da stand Seyed Ali Hashemi jede Woche in der Schlange vor der Bottroper Tafel. Heute macht der 41-Jährige aus dem Iran ein freiwilliges soziales Jahr in der Einrichtung. Er sagt: „Wenn Ihr Land mir so hilft, kann ich auch den Menschen hier helfen.“
Seyed Ali Hashemi, den alle hier noch Ali nennen, kam vor drei Jahren aus dem Iran nach Deutschland. „Ich hatte Probleme in meinem Land“, sagt er. Eines sei seine Religion gewesen: Ali ist katholisch, im Iran kann die Abkehr vom Islam mit dem Tode bestraft werden. Er habe für ein großes Öl- und Gas-Unternehmen im Iran gearbeitet, hat Chemie und Physik studiert und an der Universität gelehrt.
Tafel-Mitarbeiter Ali: Schwierige Zeit im Bottroper Flüchtlingsheim
Als es in seiner Heimat zu unsicher für ihn wird, flieht er über Dubai und Italien, lebt in Köln und in Ratingen, bevor er nach Bottrop geschickt wird. Eineinhalb Jahre sei er hier in einem Flüchtlingsheim untergebracht gewesen – keine leichte Zeit für ihn. Zum Glück habe er ein Zimmer für sich alleine gehabt, wenn auch ein sehr kleines. „98 Prozent der Menschen dort können kein Deutsch sprechen“, sagt Ali.
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Er aber will die deutsche Sprache lernen. Im Gespräch fragt er immer wieder: „Ist das so richtig?“, entschuldigt sich für sein „schlechtes Deutsch“, dabei kann der Iraner sich sehr gut verständigen. Er nimmt an Deutsch- und Integrationskursen teil. Im Januar will er seine B1-Prüfung absolvieren.
Während Ali als Kunde regelmäßig die Tafel die besucht, wird Jochen Klee auf ihn aufmerksam. „Er ist mir als sehr freundlicher Mensch aufgefallen“, sagt der Vorsitzende der Bottroper Tafel. Immer habe er anderen vor Ort geholfen, sei höflich gewesen. Jochen Klee spricht den 41-Jährigen an, fragt ihn, ob er sich auch vorstellen könne, auf die andere Seite zu wechseln, bei der Tafel zu arbeiten.
Freiwilliges soziales Jahr bei der Bottroper Tafel: Ali ist ein „Allrounder“
Seit Sommer macht Ali ein freiwilliges soziales Jahr bei der Tafel. Er ist ein „Allrounder“, sagt Jochen Klee, unterstützt bei der Anlieferung, bei der Ausgabe, bei allen Arbeiten, die anfallen. Klee hat dem Iraner geholfen, eine Wohnung zu finden. „Eine richtig schöne Wohnung“, sagt Ali und strahlt. Auch bei Behördengängen hilft ihm Jochen Klee. Kürzlich hat er ihm ein Fahrrad geschenkt, damit Ali sich gut in Bottrop fortbewegen kann. Die Dankbarkeit für die Chance ist dem 41-Jährigen deutlich anzumerken.
„Es macht Spaß, helfen zu können.“ Er könne hier andere Kulturen und Menschen kennenlernen, die deutsche Sprache noch intensiver lernen. Und ja, natürlich sieht ein freiwilliges soziales Jahr auch gut im Lebenslauf aus, könnte ihm dabei helfen, in Deutschland zu bleiben. Es ist ein Ehrenamt, mit einer kleinen Aufwandsentschädigung von rund 200 Euro im Monat.
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Ob er perspektivisch wieder in seinem alten Beruf arbeiten will? Ali ist da noch skeptisch, weil seine Deutschkenntnisse besser werden müssen, weil er die Arbeitserlaubnis noch nicht hat. „Wir werden Ali so gut wie wir können fördern“, sagt Jochen Klee. „Auch wenn es mir schon davor graut, wenn er weg ist.“