Bottrop. Gut gemeint, aber lieblos umgesetzt: Das neue Tourismuskonzept ist ein Wirrwarr aus vielen Ideen. Ein Kommentar von Nolin Wischermann.

Das neue Tourismuskonzept wirkt enttäuschend – genau wie erwartet. Leider. Denn in den Tourismus in Bottrop zu investieren ist wichtig und richtig, auch bei einer prekären Finanzlage. Bottrop hat tolle Ankerpunkte, die auf Besucher von außerhalb wie Magnete wirken. Nimmt man nur die Highlight-Orte, so könnte man ganze Zeitungsseiten mit Tipps füllen.

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Das Quadrat lockt beispielsweise derzeit mit einer einzigartigen Sheila-Hicks-Ausstellung. Die US-amerikanische Künstlerin hat unter Bottrops bekanntestem Sohn, Josef Albers, persönlich gelernt. Die 90-Jährige lebt in Paris und kam trotz ihres Alters nach Bottrop zur Vernissage der Ausstellung im tollen neuen Anbau des Museumszentrums, dessen Mammut wohl jedes Kind dieser Stadt schon bestaunt hat.

Movie Park, Alpincenter, Quadrat - Das lockt Touristen nach Bottrop

Der Movie Park lockt Hunderttausende mit seinem deutschlandweit bekannten Horrorfestival, das Alpincenter mit einer der längsten Indoor-Skipisten weltweit, die Eloria Erlebnisfabrik ist laut eigener Aussage Europas größter Escaperoom. Besucherinnen und Besucher können in Bottrop sogar fliegen – mit dem Sport- oder Segelflugzeug vom Flugplatz Schwarze Heide aus oder im Windkanal von Indoor Skydiving Bottrop.

Wer Realist ist, wird schnell merken: In Bottrop kann man schon den ein oder anderen Touristen erwarten. Gerade deshalb muss auch eine Sache wirklich angepackt werden: die Sicht von uns Bottropern auf die Stadt. Ja, ein bisschen weniger Müll und ein paar mehr Läden würden der Innenstadt guttun, aber manchmal sollte man sich auch einfach mal auf das Positive besinnen, das sonst gerne mal vergessen wird. Das alles ändert aber nichts am Tourismuskonzept, das nun entwickelt wurde.

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Wer sich durch das 33 Seiten starke Konzept wühlt, der wird schnell feststellen: Es gibt jede Menge Ideen, aber kaum konkrete Ausarbeitungen. Es könne eine neue Fahrradroute in Kirchhellen geben, mehr Schilder mit QR-Codes für Touristen. Außerdem bräuchte es mehr Hotels und mehr Orte, an denen man spürt, wie Bottrop sich wandelt. Viele Ideen, wenig Pläne. Immerhin: Es soll ein Gastgebernetzwerk aufgebaut werden – Website inklusive.

Viele Ideen für Bottrop, aber wenig Beteiligung der Bevölkerung

Unklar bleibt indes aber, ob das 30.000 Euro-teure Konzept wie gewünscht umgesetzt werden kann. Denn die Fördergelder aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung liegen nicht schon in der Schatulle. Man muss sich zunächst mit dem Konzept bewerben, wie viele andere auch. Man ist zwar zuversichtlich, aber das waren Vertreter der Stadtverwaltung ja auch schon beim Merhaba Center. Dort gab es ähnlich viele Ideen.

Hervorgehoben wird immer wieder auch die Beteiligung von Bottroper Bürgerinnen und Bürger, die bei diesem „umfangreichen partizipativen Prozess“ ein „wesentlicher Bestandteil“ war, wie es im Konzept heißt. Das Problem dabei? Die Beteiligung war vielleicht intensiv, aber keineswegs gut angenommen. Oder haben Sie sich aktiv beteiligt?

Insgesamt 120 Leute, so teilt die Stadt es auf Nachfrage mit, waren involviert. Beim ersten, dem größten Treffen zum Tourismuskonzept im Mai 2024 waren es rund 50. Davon, so ehrlich muss man sein, einige Vertreterinnen der Stadtverwaltung, die dafür schlichtweg bezahlt wurden. Außerdem waren viele Menschen aus der Politik, einige Unternehmensvertreter, Ehrenamtliche und wenige Bürgerinnen und Bürger vor Ort. Und ich. Beim letzten Treffen, bei dem Ergebnisse präsentiert werden sollten, waren gerade einmal 36 Menschen vor Ort. Zumindest zu Beginn der Präsentation. 54 Minuten später war der ein oder andere bereits gegangen.

Das Ergebnis ist enttäuscht. Die Idee, auch die Meinungen aus der Bevölkerung mit einfließen zu lassen, ist klasse, wirklich. Das sollte viel häufiger so laufen. Zum Beispiel, wenn es um Ovalverkehre oder Brunnen im Stadtgebiet geht. Aber die Leute müssten viel besser über diese Möglichkeit informiert werden, wenn sich etwas ändern soll.

Wer Beteiligung will, muss das kommunizieren

Beim letzten Treffen waren kaum Menschen vor Ort, die nicht irgendwie von dem Konzept und dem Fokus auf den Tourismus profitieren würden. Es waren kaum junge Menschen da, die ihre Meinung in den Prozess einbringen konnten. Menschen zu einem solchen Event zu bewegen, ist schwer. Das wird mit Sicherheit nicht mit allen gelingen. Aber in Zeiten, in denen eine Marktverlegung großflächig auf Bannern in Bottrop und in den digitalen Medien angekündigt wird, sollte hier auch beim Tourismus angesetzt werden.

Was aber macht die Stadt? Ende Januar soll es weitergehen. Mit einem Tourismustag. Für Menschen, die etwas anzubieten haben. Bürgerinnen und Bürger sind dabei nicht angesprochen.