Bottrop. Anja und Meinolf Thies betreiben Multiplexkinos an sechs Standorten. Jetzt sind sie nach Bottrop gezogen und finden: Hier geht Kino.
Anja und Meinolf Thies sind ausgewiesene Kinoexperten. Gemeinsam sind sie Geschäftsführer von sechs Multiplexkinos, Meinolf Theis war zudem zehn Jahre lang Manager des Essener Cinemaxx und später auch des Cinemaxx im Rhein Ruhr-Zentrum. Im Juli haben sie ein neues Zuhause im Fuhlenbrock gefunden. Naheliegende Frage an die Neu-Bottroper: Würde in Bottrop ein Kino funktionieren? Die Antwort kommt nicht nur aus dem Bauch: Aber ja!
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Meinolf Thies übernahm 2003 im Auftrag von Cinemaxx-Gründer Hans-Joachim Flebbe die Leitung des Essener Multiplexkinos und gründete dafür seine Betriebs- und Beratungsgesellschaft. Im selben Jahr übernahm er gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Lutz Nennmann aus der Insolvenzmasse des Vorbesitzers das „Cineworld“ in Lünen (heute sechs Säle, 900 Sitzplätze).
2004 kam das Cinemaxx in Solingen dazu, das seit 2016 „Lumen“ heißt (sieben Säle plus die Lounge „My private Lumen“). 2013 folgte das „Lumen“ in Düren (acht Säle plus Lounge, 1300 Plätze).
Das Flaggschiff-Kino von Anja und Meinolf Thies ist seit 2019 das „Hall Of Fame“ in Kamp-Lintfort, sagt Anja Thies: „Hier waren wir schon an der Planung des Neubaus beteiligt.“ Herausgekommen ist ein Kino mit sieben Sälen und 750 Plätzen: „Technisch top ausgestattet, kompakt und gemütlich - so funktionieren heute Kinosäle“, sagt Meinolf Thies. Nach diesem Konzept haben Anja und Meinolf Thies im selben Jahr das 18 Jahre alte Kino in Osnabrück zum „Kino de Luxe“ umgebaut (sieben Säle, 1300 Plätze). Im Jahr 2020 haben sie zudem die alte „Filmpassage“ auf Rügen wiederbelebt (sechs Säle, 550 Plätze).
„Der Mittelstand in Kino hat eine Chance, weil er schneller ist als die großen Multiplexe.“
Das Paar hat sich schon vor Jahren mit den Kinoplänen fürs Hansa-Center befasst
„Der Mittelstand im Kino hat eine Chance, weil er schneller ist als die großen Multiplexe“, sagt Meinolf Thies über sein Geschäftsmodell „Wir sind noch so nah dran, dass wir noch wissen, wie wir alles haben wollen.“ Und was der Kinogänger haben will: Kompakt muss es sein, technisch auf Ballhöhe, trotzdem gemütlich und in bestem Zustand.
Ganz wichtig, sagt Meinolf Thies: „Bevor die Leute über eine abgeschabte Sessellehne reden, müssen wir sie schon ausgetauscht haben.“ Gute Vernetzung in der Branche sei ein weiteres Erfolgsgeheimnis: „Wir kennen die Hälfte der Multiplexe in Deutschland von innen und außen.“
Mit der Frage, ob und wie in Bottrop wieder Kino möglich wäre, hat sich das Ehepaar Thies schon vor Jahren beschäftigt. Weil die Welt klein ist, sind sie mit ihrer Gesellschaft 2013 in den Ruhrturm in Essen-Huttrop gezogen. Den hatte zwei Jahre zuvor Hubert Schulte-Kemper, Chef der Fakt AG, von Ruhrgas und später Eon übernommen und zum Konferenzzentrum ausgebaut. Im Wortsinn naheliegend, dass Anja und Meinolf Thies ihren Vermieter berieten, wenn der Fakt-Chef Immobilien mit eingebauten Kinos übernehmen wollte.
Das Warnsignal: Ratten im Ruhrturm
Kein Wunder also, dass Schulte-Kemper auch mit den Plänen für das Bottroper Hansa-Center bei Anja und Meinolf Thies vorsprach, das ja nach den Fakt-Plänen unter anderem durch ein Kino wieder mit Leben gefüllt werden sollte. „Wir haben zu dieser Zeit aber schon gemerkt, dass bei Fakt das Geld knapp wurde“, sagt Meinolf Thies.
Und zwar sehr drastisch, ergänzt seine Frau: Als im zwölften Stock des Ruhrturms die Ratten auftauchten, wurde es hohe Zeit für einen Umzug des Büros nach Essen-Rellinghausen. „Im Rückblick war das ein Glücksfall“, sagt Meinolf Thies mit Blick auf die Fakt-Pleiten Ende 2022 und das weitere Siechtum des ehemaligen Bottroper Einkaufszentrums.
Mit dem Bottroper Kinostandort hat sich das Paar damals dennoch beschäftigt. Die beiden kennen sich aus mit Standortanalysen: Das ist ihr Kerngeschäft bei der Beratung von Kino-Investoren. Der Markt wäre da in einer Stadt mit 117.000 Einwohnern, sagt Meinolf Thies. Nebenan in Gladbeck haben sie auch kein Kino, und aus dem Essener Norden ließen sich sicher auch Kinogänger nach Bottrop locken.
Eine „Hall of Fame“ mit sieben Kinos wie in Kamp-Lintfort, in der schon im zweiten Jahr 250.000 Besucher gezählt wurden, könnte in Bottrop sehr wohl funktionieren, sagt Meinolf Thies. Vielleicht besser sogar mit acht Sälen, sagt AnjaThies: „Du musst ja das ganze aktuelle Filmprogramm spielen, sonst fahren die Besucher doch wieder nach Essen.“
„Die Menschen tragen ihr Kino auf Händen“
Das Paar ist sich einig: „Man bräuchte 2500 Quadratmeter mit vielen Parkplätzen, entweder in der Innenstadt oder zum Beispiel an der B224 an der Stadtgrenze zu Gladbeck.“ Und dann muss jemand noch ordentlich Geld in die Hand nehmen. Nur mal so eine Hausnummer: In die Übernahme und die Sanierung des „Lumen“ in Düren haben Meinolf Thies und Partner Lutz Nennmann 2013 und 2014 zwei Millionen Euro gesteckt.
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So könnte das Konzept „Hall of Fame“ auch in Bottrop funktionieren. Einen ersten Interessenten dafür gibt es sogar schon. Meinolf Thies lädt Immobilienbesitzer, Investoren und Wirtschaftsförderer ein: „Kommt gern mal bei uns vorbei und schaut, wie stolz die Kamp-Lintforter auf ihr Kino sind.“ Wirklich wahr, sagt Anja Thies: „Die Menschen tragen ihr Kino auf Händen.“