Bottrop. In Bottrop-Eigen wurde der Geldautomat einer Volksbankfiliale gesprengt. Was macht das mit dem Viertel? Wir haben Anwohner und Händler gefragt.

Die Rentnerin Hildegard Feller konnte in jener Nacht nicht schlafen. So war sie noch wach, als es in der Nacht von Sonntag auf Montag, 14. Oktober, gegen drei Uhr ein erstes und kurz darauf ein zweites Mal laut knallte. Ihr Mann Hans-Jürgen wurde abrupt aus dem Schlaf gerissen, vom Fenster konnte er noch beobachten, wie die drei Täter hektisch Richtung Kreisverkehr davonrasten. Einer sei dabei fast aus dem Auto gefallen.

Vorgeworfen wird den Männern die Sprengung eines Geldautomaten. Statistisch passiert das in NRW alle zwei bis drei Tage; im letzten Jahr kam es landesweit zu 153 Geldautomatensprengungen. Entsprechend häufig liest oder hört man, auch in dieser Zeitung, dass es wieder irgendwo geknallt hat. Doch was macht es mit einem, wenn die abstrakte Gefahr plötzlich die eigene Nachbarschaft erschüttert?

Geldautomat in Bottrop gesprengt: „Sowas Idiotisches, an einem Sonntag zuzuschlagen“

„Ich habe gezittert und mir erst Mal eine geraucht“, sagt Hildegard Feller. Unten versammelte sich kurze Zeit später die ganze Nachbarschaft, so laut war die Explosion. „Der Schaden war schon enorm“, erinnert sich Hans-Jürgen Feller. Dennoch saß der Schock ihnen nicht allzu lange in den Knochen. „Die nächste Nacht konnten wir schon wieder ganz gut schlafen“, so Feller weiter.

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„Wir quatschen da drüber, das hilft“, sagt seine Frau. Was außerdem hilft: Humor. „Sowas Idiotisches“, amüsiert sich die Rentnerin, „an einem Sonntag zuzuschlagen“. Das sei doch wohl der ungünstigste Tag, den man sich aussuchen kann: nach dem Wochenende und vor der nächsten Bargeldlieferung.

Die stark in Mitleidenschaft gezogene Geschäftsstelle der Gothaer Versicherung wurde mir einer Sperrholzplatte verriegelt. 
Die stark in Mitleidenschaft gezogene Geschäftsstelle der Gothaer Versicherung wurde mir einer Sperrholzplatte verriegelt.  © Niklas Schlottmann

„Wie nach einem Bombenangriff“, so beschreibt die Inhaberin des benachbarten Blumengeschäfts das Bild, das sich ihr bot: Ein Meer von Scherben auf den Parkplätzen, bis runter auf die Straße, Teile des Fensterrahmens flogen bis vor ihre Ladentür. Was passiert war, erfuhr sie noch zu Hause, ein Bekannter hatte es bei Facebook gelesen und sie direkt kontaktiert. Ihre „Blumen Boutique“ blieb glücklicherweise unbeschädigt. „Ich weiß, dass es Leute gibt, die jetzt verunsichert sind“, sagt die Floristin. „Ich bin es aber nicht.“

Glück im Unglück hatte auch Inge Schmidt-Mayr. Ihr „Shop in Shop“ befindet sich im Nachbarhaus der Bankfiliale. Weil die Gebäude nicht verbunden seien, habe die Druckwelle keine bleibenden Schäden hinterlassen. „Sicher verunsichert einen sowas“, sagt Schmidt-Mayr. Vom Angebot einer psychologischen Betreuung, das die Polizei allen Anliegern unterbreitete, will sie zwar nicht Gebrauch machen. „Aber letztes Jahr im Mai, da hätten wir sie gut gebrauchen können.“

Zwei Einbruchsversuche, ein Überfall binnen viereinhalb Jahren

Vor viereinhalb Jahren ist sie mit ihrem Laden in Eigen gestartet. Zwei Mal hat man seither versucht, bei ihr einzubrechen, ein Mal leider mit Erfolg, sagt Schmidt-Mayr. Im Mai 2023 wurde sie dann Opfer eines Überfalls. Infolge all dessen habe sie nach und nach aufgerüstet. Die Decke im Laden ist verspiegelt, so hat sie Langfinger von der Theke immer gut im Blick. Zudem wurden mehrere Überwachungskameras installiert.

Wie viele genau, verrät Schmidt-Mayr nicht. „Genug“, sagt sie nur und schmunzelt. Eine zeichnete auch das Geschehen am 14. Oktober auf. Dass das nötig ist, bewiesen ihr immer wieder dubiose junge Männer, die sich augenscheinlich wenig für die Ware in ihrem Laden interessierten. „Es gibt Leute, die kommen rein und gucken nur nach Kameras, dann sind sie wieder weg.“

Die Chancen, dass die Täter gefasst werden, wird von allen Befragten eher gering eingeschätzt. Dass es sie nun auf dem Eigen getroffen hat, erklären sich viele mir der Nähe zur Autobahn. Die Täter stammten wahrscheinlich aus den Niederlanden oder Belgien. In der polizeilichen Landesstatistik stehen den 153 Geldautomatensprengungen im vergangenen Jahr 26 Festnahmen gegenüber.