Bottrop. Der Zustand der Bottroper Brücken ist relativ gut, trotzdem gibt es Sanierungsbedarf. Probleme bereiten die Autobahn- und Bundesstraßen-Bauwerke.
Über 40.000 Brücken führen deutsche Autobahnen und Bundesstraßen, hinzu kommen hunderttausende Überführungen in Kommunen. Etwa 140 von ihnen liegen auf Bottroper Stadtgebiet. Die bekannteste ist wohl das marode Bauwerk, das die A42 über den Rhein-Herne-Kanal führt. Seit Jahren in schlechtem Zustand ist die Brücke nun seit fast einem Jahr nur noch für Fahrzeuge bis zu einem Gewicht von 3,5 Tonnen befahrbar. Und die anderen?
Wir schauen uns mit Ingo Pretzsch die Brücke der Sterkrader Straße an, die von Stadtmitte aus in Richtung Fuhlenbrock und Oberhausen führt. Unter der Brücke verlaufen Hochspannungsleitungen, die früher genutzten Bahngleise sind mit Pflanzen überwuchert.
Durchschnittsnote der Bottroper Brücken liegt bei 2,26
Ingo Pretzsch ist der Mann der Brücken im Tiefbauamt. Von den rund 140 Brücken liegen nur gut 50 in der Verwaltung der Stadt Bottrop. Andere gehören der Autobahn GmbH, der Deutschen Bahn, der Emschergenossenschaft und anderen. Sie müssen alle sechs Jahre ausführlich gewartet werden, alle drei Jahre findet eine einfache Prüfung statt.
„Die Durchschnittsnote aller städtischen Brücken liegt bei 2,26“, sagt Ingo Pretzsch. Klingt eigentlich ganz gut. Aber: Das Notensystem bei der Brückenbewertung funktioniert etwas anders als das Schulsystem; 4,0 ist die schlechteste Bewertung. Eine 3,0 ist bei einer Brücke schon ein „nicht ausreichend“.
Zurück zum Bauwerk an der Sterkrader Straße. Bei der letzten Prüfung hat sie eine 2,4 bekommen; noch in diesem Jahr steht die nächste, umfangreiche Untersuchung an. Dann werden die Prüfer einiges zu bemängeln haben, auch wenn die Brücke grundsätzlich in einem passablen Zustand ist. Ingo Pretzsch zeigt auf eine Delle im Geländer, um die sich Rost gebildet hat. „Wäre das ganze Geländer verrostet, würde die Brücke sofort durchfallen“, erklärt er.
Am Rand der Fahrbahn ist zu sehen, wie die Abdichtungsmasse herausgedrückt wird. Dort entstehen Risse, Salzwasser kann im Winter eindringen und das Bauwerk beschädigen. Auch der Geh- und Radweg sieht nicht mehr gut aus: Die Schutzschicht ist weitestgehend abgetragen, Risse und Löcher ziehen sich durch die Oberfläche.
Schlechtestes Brückenbauwerk in Bottrop steht in Grafenwald
Die Brücke an der Sterkrader Straße ist mit ihren knapp 30 Jahren (Baujahr 1996) noch relativ jung. Das älteste Brückenbauwerk der Stadt stammt aus dem Jahr 1961 und liegt an der Ecke Aegidistraße/ Kirchschemmsbach. Wobei die meisten dort wohl kaum von einer Brücke sprechen würden.
Denn zu den Brückenbauwerken gehören per Definition auch solche, die nur wenige Meter lang sind, aber etwas überspannen. 3,78 Meter misst zum Beispiel die Überführung an der Aegidistraße. Außerdem fallen die Stützwand am Bahnhof Nord, die Lärmschutzwand an der Borbecker Straße sowie die Bedachung des ZOB unter die Brückenkategorie.
Die meisten Noten im Stadtgebiet bewegen sich zwischen 1,7 und 2,7. Nur ein Bauwerk sticht negativ hervor: Der Durchlass des Rotbachs an der Grafenmühle fällt mit 3,8 durch. Dort müssen demnächst Maßnahmen ergriffen, das Maximalgewicht auf 2,8 Tonnen gedrosselt werden. Außerdem gilt: Je schlechter die Note, desto häufiger muss geprüft werden. „Die Brücke an der Grafenmühle untersuchen wir einmal im Monat“, sagt Ingo Pretzsch.
Bottroper Brücken sind stark durch A42-Sperrung belastet
Was dem städtischen Tiefbauamt derzeit zu schaffen macht, ist die Sperrung der A42 für den Verkehr über 3,5 Tonnen. Der verlagert sich seitdem immer mehr in die Stadt. „Die Auswirkungen spüren wir deutlich auf unseren Straßen“, sagt Sachgebietsleiter Pretzsch.
Vor allem im Bereich des Schwerlastverkehrs. Ingo Pretzsch sagt, dass rund 20 solcher besonders schweren Fahrzeuge pro Monat durch das Bottroper Stadtgebiet fahren. Für sie gelten auf Brücken teils besondere Regeln: Sie sollen dort zum Beispiel nach Möglichkeit nicht beschleunigen und auch nicht bremsen. Wenngleich sie eine Bescheinigung mitführen müssen, gewogen worden zu sein, seien viele solcher Transporte überladen – Gift für Straßen und Brücken.
A42-Sperrung kostet die Stadt Bottrop rund 6,5 Millionen Euro
Die Stadt Bottrop hatte Land und Bund eine Rechnung vorgelegt, welche Kosten die A42-Sperrung der Stadt bereitet: 6.492.167,75 Euro kamen dabei zusammen, summiert aus Asphalt - und Verkehrssicherungsmaßnahmen sowie Personalkosten.
Mit Blick auf diese ständige und immer größer werdende Belastung sagt Tiefbauamtsleiter Steffen Jonek: „Es ist wichtig, dass wir die Brücken regelmäßig sanieren, um den Kollaps zu vermeiden.“
Denn viele Bauwerke stammen, wie auch die A42-Brücke, aus den 1970er Jahren. Grundsätzlich kein Problem, sagt Ingo Pretzsch, so eine Brücke könne auch 100 Jahre alt werden. „Beton härtet immer weiter nach.“ Aber Herstellungs- und Konstruktionsfehler sorgen immer wieder für Probleme. So ist es auch bei der A42-Brücke. Die markanten roten Bögen sind eigentlich zu flach, was zu einer erhöhten Beanspruchung führe, hatte die Autobahn GmbH zum Zustand des Bauwerks erklärt.
Viele Autobahn- und Bundestraßen-Brücken in schlechtem Zustand
Ohnehin bereitet der Blick auf die Autobahn- und Bundestraßen-Brücken in Bottrop mehr Sorge als der auf die städtischen Bauwerke. Spiegel-Online hatte kürzlich Daten aller Autobahnen und Bundesstraßen in Deutschland ausgewertet. Das erschreckende Ergebnis: Mehr als 2300 Brücken und Teilbrücken auf den Fernstraßen bekommen die Note „nicht ausreichend“ oder „ungenügend“.
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Die Problem-Brücken in Bottrop sind laut den Daten der Bundesanstalt für Straßenwesen neben der A42, die Brücke über die Boye auf der B224 (Zustandsnote 3,0) sowie auch zwei Kirchhellener Bauwerke über die A31 (Zustandsnote 3,0). In nur ausreichendem Zustand ist zudem die Brücke am Dreieck Bottrop, die die A2 und die A31 miteinander verbindet. Sie stammt aus dem Jahr 1986 und könnte nach der A42-Brücke das nächste Bauwerk sein, das den Bottroper Verkehr perspektivisch belastet.