Bottrop. In einer „15-Minuten-Stadt“ sollten Bewohner in einer Viertelstunde alles Wichtige erreichen. Welche Stadtteile in Bottrop abgehängt sind.

Die sogenannte „15-Minuten-Stadt“ ist ein Konzept in der Städteplanung, bei der der wichtigste Bedarf der Bewohner innerhalb einer Viertelstunde zu Fuß zu erreichen ist. Will man etwas wohlwollender auf die Städte schauen, kann man die 15-Minuten-Stadt auch auf die Fahrzeit mit dem Fahrrad beziehen. Eine italienisch-brasilianische Studie hat rund 10.000 Städte auf der ganzen Welt untersucht. Die Ergebnisse weichen stark voneinander ab. Allgemein lässt sich sagen: Verglichen mit dem Rest der Welt ist die Versorgung in Europa schon mal deutlich besser. Und tatsächlich ist sogar Deutschland ein hellblauer Fleck auf der Karte, während in den Nachbarländern wesentlich mehr rote und lachsfarbene Punkte liegen.

15-Minuten-Stadt / Ergebnisse global / Europa / Ruhr / Bottrop
Bei einem Blick auf die globalen Ergebnisse zeigt sich bereits, dass Europa dem Ideal einer 15-Minuten-Stadt wesentlich näher kommt als viele andere Teile der Welt. © Sony Computer Science Laboratories & Centro Ricerche Enrico Fermi | OpenStreetMap

Die 15-Minuten-Stadt: Was gehört zum alltäglichen Bedarf? Welche Vorteile hat das Konzept?

Natürlich geht es bei der Idee, für die Bewohner einer Stadt alles gut erreichbar zu machen, darum, die Lebensqualität der Menschen zu verbessern. Allerdings soll das Konzept auch den CO₂-Ausstoß verringern, indem Alltägliches ohne Auto gut erreichbar ist. Für viele Menschen könnte das den Zweitwagen überflüssig machen. Was zählt zum täglichen Bedarf? Die Forscher haben neun alltägliche Bedürfnisse auf ihre Erreichbarkeit untersucht.

  • Aktivitäten im Freien: Parks, Spazierwege, Grünanlagen ...
  • Bildung: Schulen, Universitäten ...
  • Einkaufsmöglichkeiten: Supermärkte, Geschäfte …
  • Gastronomie: Restaurants, Imbisse, Cafés ...
  • Verkehrsmittel: Bushaltestellen, Bahnhöfe, Taxen ...
  • Kulturangebot: Museen, Theater, Kinos ...
  • Sport: Fitness-Studios, Sportplätze ...
  • Dienstleistungen: Büros, Banken, Postfilialen, Rathaus ...
  • Gesundheitswesen: Krankenhäuser, Ärzte, Apotheken ...

Ist Bottrop eine 15-Minuten-Stadt? Wie die Karte funktioniert

So erklären sich die Farben auf der Karte: Der Ton errechnet sich aus der durchschnittlichen Erreichbarkeit zu Fuß. Je dunkler das Blau, desto besser sind die Bürger mit dem alltäglichen Bedarf versorgt. Ein sattes Tintenblau verheißt sogar, dass das Wichtigste im Schnitt keine zwei Minuten entfernt liegt. Weiße Flecken zeigen, dass sich der Fußweg bei ziemlich genau einer Viertelstunde einpendelt, und in roten Waben ist der Weg zu wichtigen Angeboten bis zu einer halben Stunde lang. Werte über 30 Minuten erfasst die Studie nicht weiter. User können bei der Karte die durchschnittliche Erreichbarkeit, die Befriedigung der einzelnen Bedürfnisse und die Bevölkerungsdichte ansehen.

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Ein Blick auf das Ruhrgebiet: Die gefleckte Karte zeigt die blauen Versorgungszentren sowie rote, schlechter versorgte Ränder und andere Stellen. © Sony Computer Science Laboratories & Centro Ricerche Enrico Fermi | OpenStreetMap

Bottrop ist Teil der „City Ruhr“: Das Ruhrgebiet fällt für das Forscherteam in eine Metropolregion zusammen. Die Ränder der Karte sind rot – das heißt, vielerorts braucht man dort sowohl zu Fuß als auch mit dem Rad über eine halbe Stunde. Die Musterung deutet auf ein starkes Gefälle in der Region hin.

15-Minuten-Stadt: Bottrops Ergebnisse variieren stark

Es zeichnet sich deutlich ab, dass Fußgänger im Bottroper Norden im Vergleich wesentlich schlechter versorgt sind als der Rest der Stadt. Einzig Kirchhellen-Mitte erhebt sich in einem hellen Blau aus dem tiefroten Norden, der auch Radfahrern bei ihren Besorgungen viel Zeit abverlangt. In der Mitte von Feldhausen blitzt noch ein zartes Beige auf. Im Süden Bottrops sieht es schon wesentlich besser aus. Im südlichen Teil Vonderorts verschlechtert sich die Anbindung wieder.

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Bottrop hat deutliche Versorgungszentren. An den nördlichen Rändern ist die Versorgung zu Fuß schwierig. © Sony Computer Science Laboratories & Centro Ricerche Enrico Fermi | OpenStreetMap

Der Bereich „Gastronomie“ ist sogar im Norden Bottrops erstaunlich blau, während dort die Versorgung mit Einkaufsmöglichkeiten Lebensmitteln jedoch schlecht ist. Bis auf den Westen von Hardinghausen und Holthausen sowie das Gebiet der Halden Haniel und Schöttelheide soll der Zugang zu medizinischen Diensten so gut sein, dass man innerhalb weniger Gehminuten von überall aus zu einem Arzt oder einer Apotheke kommt.

Auch kurios: Weil die vielen Grünflächen in Kirchhellen nicht als Park ausgewiesen sind, sollen Anwohner keinen Zugang zu Aktivitäten im Freien haben. So beißt sich die Studie die Zähne an dem teils urbanen, teils ländlichen Bottrop aus.

Zeigt Bottrop Schwächen des Tools? Was heißt das für die 15-Minuten-Stadt?

Das Fazit: Für einen groben Überblick ist das Tool ganz interessant. Ob alle Daten im Detail so stimmen können, bleibt fraglich. Von der Studie heißt es nur, die Quelle sei Open Data, also frei zugänglich und verwendbar.

Die laut Studie schlecht versorgten Gebiete (vor allem in Kirchhellen) sind außerdem viel dünner besiedelt, als dass sie dem Maßstab einer Stadt gerecht werden könnten: In Wäldern, auf Feldern und Halden braucht es keine Supermärkte, Lokale und Ärzte im Radius von zwei Gehminuten. Die Studie funktioniert für die ländlichen Gebiete Bottrops einfach nicht.

Sie wollen sich selbst ein Bild machen? Einen genaueren Blick auf die Karte können Sie hier werfen: Die Waben sind so kleinteilig, dass sich sogar Straßenabschnitte und Nachbarschaften in den oben genannten Kategorien miteinander vergleichen lassen.