Bottrop. Border Collie Raffy kennt die Namen von 67 Kuscheltieren. Er macht bei der „Genius Dog Challenge“ mit. Dafür werden noch mehr Hunde gesucht!

Wer das Wohnzimmer von Stefanie Lindemann in Bottrop betritt, der kommt sich vor, wie in einem dieser Greifautomaten, die man von der Kirmes kennt: Unzählige Kuscheltiere liegen auf einem großen Haufen in der Mitte des Zimmers. Sie sitzen auf Regalen und schauen einen aus verschiedenen Plastikkisten an. Teddybären, Plüschhunde, bunte Tintenfische… Fast jedes Tier ist vertreten.

„Die sind alle von Raffy“, lacht Stefanie Lindemann. Raffy ist ein Border Collie. Und wie das größte aller Kuscheltiere trohnt er mitten auf dem plüschigen Berg. Dass Raffy so viel Spielzeug hat, liegt aber nicht nur daran, dass der 7-jährige Collie ein Fan von Kuscheltieren ist. Raffy nutzt sein Spielzeug auch zu Forschungszwecken. Er ist ein sogenannter „Gifted Word Learner Dog“. Übersetzt bedeutet das: Raffy kennt die Namen fast aller seiner Kuscheltiere. Im Moment sind es 67 Stück.

Das seltene Talent der „Gifted Word Learner Dogs“

Dass Hunde sich die Namen von Gegenständen merken können, ist sehr selten. Selbst unter den meist sehr klugen Border Collies ist Raffy mit seinem Talent eine Seltenheit. Das macht ihn auch für die Forscherin Shany Dror interessant. Sie beschäftigt sich schon seit einigen Jahren mit Gifted Word Learner Dogs wie Raffy. Für ihr Forschungspojekt „Genius Dog Challenge“ ist sie seit Jahren weltweit auf der Suche nach besonders begabten Hunden.

Denn eins hat sie schon herausgefunden: Die meisten Hunde können keine Bezeichnungen für Gegenstände lernen. Shany Dror berichtet: „Am Anfang haben wir versucht, einigen ganz normalen Familienhunden die Namen von Kuscheltieren beizubringen. Das hat nicht sehr gut funktioniert. Gleichzeitig hatten wir aber auch Kontakt zu Hunden, die schon einige Namen auswendig konnten. Bei ihnen stellten wir fest: Sie lernten unglaublich schnell viele weitere Namen.“

In derselben Zeit, in der sie einem nicht begabten Hund mit Mühe vielleicht zwei Namen habe beibringen können, so berichtet die Forscherin, hätten die besonders begabten Hunde problemlos über 30 neue Begriffe gelernt.

Das Talent ist nicht von der Rasse abhängig

Also machten sich Shany Dror und ihr Team auf die Suche nach weiteren Hunden mit dieser besonderen Gabe. Und stellten unter anderem fest: Von der Rasse ist das Talent wohl nicht abhängig. Zwar sind in Drors Forschungsprojekt besonders viele Hunde der Rasse Border Collie vertreten, aber auch ein Deutscher Schäferhund, ein Yorkshire Terrier, ein Shitsu und andere Rassen sind dabei. Inzwischen machen etwa 40 Hunde aus mehr als zehn verschiedenen Ländern mit. Zwei leben in Deutschland. Einer von ihnen ist Raffy aus Bottrop.

Raffy mit seiner Besitzerin Stefanie Lindemann.
Raffy mit seiner Besitzerin Stefanie Lindemann. © FUNKE Foto Services | Bernd Thissen

Aber wie genau forscht man mit Hunden, die quer über den Globus verteilt sind? Stefanie Lindemann berichtet: „Wir bekommen von dem Forschungsteam per E-Mail immer wieder neue Aufgaben gestellt.“ Dann soll Raffy zum Beispiel die Namen einiger neuer Spielzeuge auswendig lernen. Per Video-Telefonat beobachten Shany Dror und ihr Team dann, wie viele Namen Raffy sich innerhalb eines bestimmten Zeitraumes merken konnte.

Raffy im Test: Lernt er den Namen von Waschbär Checky?

Beim Test mit Waschbär Checky, dem Maskottchen unserer Kinderzeitung, stellt sich heraus: Es klappt überraschend schnell. Stefanie Lindemann beginnt damit, dass sie Raffy den kleinen Waschbären genau zeigt. „Schau mal, das ist der Checky“, sagt sie. Im nächsten Schritt wirft sie Checky ans andere Ende des Wohnzimmers und sagt: „Raffy, hol den Checky!“ Das funktioniert gleich beim ersten Versuch. Klar, dass es dafür ein Leckerli als Belohnung gibt!

Raffy hat Waschbär Checky, das Maskottchen unserer Kinderzeitung, gleich ins Herz geschlossen.
Raffy hat Waschbär Checky, das Maskottchen unserer Kinderzeitung, gleich ins Herz geschlossen. © FUNKE Foto Services | Bernd Thissen

„Das würde ich jetzt noch ein paar Mal so machen“, erklärt Stefanie Lindemann. „Irgendwann lege ich dann noch ein paar andere Kuscheltiere dazu und schaue, ob Raffy Checky auch dann noch findet.“ Ab dann sei es eigentlich nur noch eine Frage der Übung, so die Hundebesitzerin. Meist könne Raffy den Namen eines neuen Spielzeugs nach etwa zwei Tagen sicher zuordnen. Beeindruckend!

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Dass Raffy ein außergewöhnliches Talent hat, war Stefanie Lindemann allerdings am Anfang gar nicht klar. Für sie und ihren Collie begann alles als Spiel. „Raffys erstes Kuscheltier war ein Hund namens Wuff“, erzählt sie. „Mit dem haben wir immer gespielt und wenn ich gesagt habe, hol den Wuff, dann hat Raffy das gemacht.“

Irgendwann klappte das auch mit anderen Spielzeugen und so wurden es nach und nach immer mehr. Nach einiger Zeit fiel Stefanie Lindemann dann auch der Hund Rico wieder ein, der Ende der neunziger Jahre mit demselben Talent wie Raffy das Publikum von „Wetten, dass…“ begeisterte. Da ahnte Stefanie so langsam, dass Raffy etwas besonderes kann. Als sie dann in einem Hundemagazin einen Artikel über die „Genius Dog Challenge“ von Shany Dror las, wusste sie: Da muss Raffy mitmachen!

Für Raffy ist es ein schönes Spiel - so soll es bleiben

Wichtig ist Stefanie Lindemann aber auch, dass das Ganze weiterhin ein Spiel für Raffy bleibt. Sie sagt: „Im Moment ist es so, dass Raffy unbedingt mitmachen möchte. Er fordert das auch wirklich ein. Ich glaube, nur spazieren gehen, lastet ihn vom Kopf her einfach nicht aus.“ Aber was, wenn Raffy irgendwann keinen Spaß mehr an seinen Kuscheltieren hat? „Dann hören wir halt auf“, sagt Stefanie Lindemann ohne zu zögern.

Danach sieht es im Moment aber definitiv nicht aus. Denn Raffy bringt seiner Besitzerin gerade schon wieder Checky vorbei. Sieht ganz so aus, als würde der kleine Kinderzeitungs-Waschbär Nummer 68 auf Raffys Liste werden. Und vielleicht sein neues Lieblingskuscheltier?

Das ist die „Genius Dog Challenge“

Die neuesten Ergebnisse von Shany Drors Forschungsprojekt haben gezeigt, dass die Merkfähigkeit der Hunde auch über einen langen Zeitraum funktioniert. Für ein Experiment wurden einige Spielsachen der Hunde zwei Jahre lang weggepackt. Dann wurde getestet: Wissen die Hunde noch, welches Spielzeug welchen Namen hat? 

„Nach zwei Jahren fiel es uns allen schwer, uns an die Namen der Spielzeuge zu erinnern, sagt Shany Dror. „Aber nicht den Hunden.“ Vier von fünf konnten sich noch an über die Hälfte der Namen erinnern. Das Ziel der Genius Dog Challenge ist aber nicht nur, mehr über das Gedächtnis von Hunden herauszufinden, sondern vor allem, den Ursprung von menschlicher Sprache und Spracherwerb zu erforschen.

Shany Dror und ihr Team suchen übrigens weiterhin nach Hunden, die sich Namen merken können. Hundebesitzer und Besitzerinnen, die diese Gabe bei ihrem Vierbeiner vermuten, können sich per Mail melden: info@geniusdogchallenge.com