Bottrop-Kirchhellen. In Kirchhellen blüht aktuell ein gelber Alles-Könner. Die Silphie hilft, die Nitratbelastung zu verbessern und ist Grundlage für Biogas.

Schon seit Jahren betreibt Johannes Miermann auf seinem Bauernhof am Scheideweg eine Biogasanlage. Mithilfe von Bakterien entsteht hier aus biologischen Stoffen Biogas, das wiederum zu Energie und Wärme umgewandelt wird. So wird hier direkt neben dem Schweinestall auf biologische und klimabewusste Art Wärme fürs ganze Dorf erzeugt.

Befüllt werden können diese biologischen Energieproduzenten mit den verschiedensten Biomassen. Von Schweinemist bis hin zu Roggen oder Mais dienen die unterschiedlichsten Stoffe als Grundlage. Doch besonders Letzteres ist nicht ganz unumstritten.

In der Aussat ist die Silphie deutlich teurer als Mais, dafür wächst sie jahrelang auf dem Feld

Mit einer der Gründe, warum Johannes Miermann in Sachen Biogas-Gewinnung nun auf eine ganz andere Füllgrundlage schwört. Der Landwirt setzt auf eine Pflanze namens Silphie. Denn was wohl nur den wenigsten ein Begriff ist, ist Miermanns Geheimtipp Nummer Eins. „Die Silphie hat für die Gewinnung von Biogas in unserer Anlage viele Vorteile gegenüber Mais“, sagt er. Schon im sechsten Jahr wächst die Staudenpflanze auf den Feldern der Miermanns und dient als Grundlage für die Biogasanlage. Statt mit Mais wird die Anlage bei Miermanns nun mit Silphie befüllt.

„In erster Linie habe ich nach einer besseren Alternative zum Mais gesucht und bin dann auf die Silphie aufmerksam geworden. Was mich überzeugt hat, waren vor allem praktische Gründe“, erzählt der Landwirt. Denn der große Vorteil der Pflanze: Sie ist eine mehrjährige Pflanze, die Jahr für Jahr wieder kommt, ohne neu angepflanzt zu werden. „Das spart eine Menge Zeit und bringt uns mehr Ruhe“, gesteht er.

Statt Mais jedes Jahr neu aus zusähen und hochzuziehen, kommt die pflegeleichte Pflanze nach der Aussaht für gut 20 Jahre wieder. „Dafür ist die Aussaat aber auch zehnmal so teuer wie beim Mais. Es rechnet sich also eigentlich frühestens nach fünf Jahren“, weiß er.

Mais ist als Masse-Quelle umstritten: „Ich finde diese Tank oder Teller Diskussion schwierig“

Auf rund drei Hektar Fläche wächst die Silphie nun auf den Feldern am Pinntal in Kirchhellen. „In Schermbeck haben wir außerdem noch mal ganze zwölf Hektar, auf denen wir Silphie anbauen“, erzählt Johannes Miermann. Trotz der großen Anbauflächen sei die letztendlich geerntete Biomasse jedoch geringer als bei der beliebten Masse-Quelle Mais. „Das ist eben der Nachteil an der Sache, dass die Menge an organischem Material geringer ist als beim Mais und wir, um die gleiche Menge an Energie zu erzeugen, mehr Pflanzen brauchen.“

„Ich bin sehr froh, dass wir es gemacht haben und uns für diese Methode entschieden haben“, sagt er. Denn in der Vergangenheit habe er mit anderen Mais-Alternativen eher katastrophale Erfahrungen gemacht. Die Silphie hingegen überzeuge mit ihren positiven Eigenschaften in Bezug auf Wirtschaftlichkeit, Umwelt- und Moralfragen. Denn dass Mais, der in den Augen einiger Kritiker eine wertvolle Nahrungsquelle für Mensch und Tier sein sollte, einzig für die Entstehung von Biogas genutzt wird, ist schon länger eine Debatte.

„Ich finde diese Tank-oder-Teller-Diskussion schwierig. Viele Leute wissen nicht, dass der Silomais, der für die Biogasanlagen genutzt wird, sowieso niemals auf dem Teller landen würde“, klärt er auf. Man müsse da die Sachlage in ihrer vollen Bandbreite betrachten, findet er. Und noch etwas gibt er zu dieser Diskussion zu bedenken: „In Europa landet so oder so eine riesige Menge des angebauten Mais im Tank. Wenn es nicht in Biogasanlagen ist, dann vor allem in der Produktion von Bioethanol.“

Die Biogasanlage auf Hof Miermann erzeugt Energie und Wärme. Statt auf Mais setzt Johannes Miermann hier auf Silphie für die Energie-Gewinnung.
Die Biogasanlage auf Hof Miermann erzeugt Energie und Wärme. Statt auf Mais setzt Johannes Miermann hier auf Silphie für die Energie-Gewinnung. © Heiko Kempken / FUNKE Foto Services | Heiko Kempken

Die Silphie speichert wichtige Nährstoffe im Boden und hilft in Sachen Nitratbelastung

Und auch in Sachen Umweltschutz hat die Silphie im Vergleich zum Mais viele positive Effekte. „Wir sind hier in einem Wasserschutzgebiet und die Böden in der Umgebung durch den vielen Ackerbau in Sachen Nitratwerte schon lange ein heikles Thema“, weiß er. Die Silphie speichert durch ihr langjähriges Bestehen auf den Feldern viele Nährstoffe im Boden und sei damit für die Nitratbilanz ein echter Gewinn.

Und auch auf Dünger kann Miermann hier verzichten. Kein Wunder also, dass das Wasserwerk das Projekt der Miermanns unterstützt. „Wir halten uns sowieso schon an freiwillige, strenge Regeln der Düngung und die Silphie hilft weiter, die leichten Böden hier in Bezug auf Nitrat zu verbessern.“

Die aktuell gut acht Wochen lang blühende Silphie ist außerdem auch für Bienen und Co. eine tolle Sache. „Bis wir Mitte August mit der Ernte starten, blüht das Feld hier so schön gelb. Darüber freuen sich die Imker natürlich auch“, sagt Johannes Miermann. Fazit des Landwirts: Die Silphie ist eine tolle Sache. „Die positiven Auswirkungen auf Umwelt und die allgemeine Mais-Diskussion sind natürlich sehr charmante Nebeneffekte, die uns auch wichtig sind. In erster Linie war aber die Wirtschaftlichkeit für uns ausschlaggebend.“