Bottrop. Das Marienhospital in Bottrop wird keine extremen Frühchen mehr behandeln. Möglich sind aber Entbindungen ab der 32. Schwangerschaftswoche.

Gerade erst war Welt-Frühgeborenen-Tag. Aus diesem Anlass trafen sich ehemalige Frühchen, also Babys, die besonders früh und zart auf die Welt gekommen sind, im Marienhospital, wo sie in der Neonatologie in der Kinderklinik ihre ersten Schritte ins Leben gemacht haben. Nun steht fest: Diese Station wird zum Jahresende nicht so weitergeführt wie bisher. Behandelt werden am MHB dann nur noch Kinder ab einem Geburtsgewicht von mehr als 1500 Gramm und ab der 32. Schwangerschaftswoche. 

Zu den noch kleineren und jüngeren Frühchen, die auf der spezialisierten Station in der Kinderklinik zuvor behandelt worden sind, gehört zum Beispiel Jonas. Der heute Vierjährige kam mit einem Gewicht von 590 Gramm auf die Welt, in der 24. Schwangerschaftswoche. Oder Tom, heute 17 Jahre alt, der mit 1030 Gramm in der 28. Schwangerschaftswoche geboren wurde.

Oder die Zwillinge Lotta und Frida, bei der Geburt 650 und 730 Gramm schwer, die ebenso wie ihre große Schwester Mia drei Jahre zuvor mit ihrer Mutter Wochen auf der Neonatologie verbrachten – und heute gesund durchs Leben gehen.

Bottroper Marienhospital kann keine Frühgeborenen mehr entbinden und behandeln

Diese extremen Frühgeburten vor der 32. Schwangerschaftwoche wird das Marienhospital künftig nicht mehr behandeln können. Grund sind die gesetzlich vorgegebenen Neuerungen des Gemeinsamen Bundesausschusses, des höchsten Gremiums der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen, und die angehobenen Mindestmengenvorgaben für Perinatalzentren. Diese erfüllt das Marienhospital nicht.

„Wir müssten mindestens 25 Kinder unter 1200 Gramm jährlich behandeln“, sagt Dr. Ulrike Ellebrecht, Geschäftsführerin des Marienhospitals. Dieses Ziel erreicht das Bottroper Krankenhaus, das einzige in der Stadt mit einer Geburtenstation, nicht. Die Entscheidung habe nichts mit der Qualität der Behandlung im Marienhospital zu tun, lediglich mit der Quantität. Die Ergebnisse sowohl von Überleben als auch von Komplikationen im Perinatalzentrum des Marienhospitals lägen über dem landesweiten Durchschnitt aller Perinatalzentren.

Hintergrund der Maßnahme ist die Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), nach der drei Krankenhaus-Level definieren sollen, ob eine Einrichtung der Grundversorgung (Level I), der Regel- oder Schwerpunktversorgung (Level II) oder der Maximalversorgung (Level III) dient. Im Zuge der Krankenhausplanung NRW ist für das Marienhospital eine Rückstufung des „Neonatologielevels“ erfolgt.

Schwangere können erst ab der 32. Schwangerschaftswoche im Marienhospital entbinden

„Die Geschäftsführung und die ärztliche Führungsebene des Marienhospital haben sich daher entschlossen, dass diese Entwicklung aktiv gestaltet werden soll und daher ab sofort Leistungen des Geburtshilflichen Schwerpunktes (Level III), nicht aber eines Perinatalzentrums, angeboten werden“, so Dr. Ulrike Ellebrecht.

Es werde weiterhin auf „pädiatrisch unverändertem Qualitätsniveau eine Neonatologie mit Intensivstation und Beatmungsplätzen geben und in der Geburtshilfe wird natürlich auch weiterhin Risikogeburtshilfe gelebt“. Konkret bedeutet die Entscheidung aber, dass Frauen erst ab der 32. Schwangerschaftswoche im Marienhospital versorgt werden können.

Dr. Ulrike Ellebrecht ist Geschäftsführerin des Marienhospitals. „Natürlich tut es schon weh“, sagt sie zur Schließung der Frühchen-Station. (Archivbild)
Dr. Ulrike Ellebrecht ist Geschäftsführerin des Marienhospitals. „Natürlich tut es schon weh“, sagt sie zur Schließung der Frühchen-Station. (Archivbild) © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

„Schwangere mit Schwangerschaftszucker können weiterhin in Bottrop entbinden, wenn keine akute Gefährdung für das Kind besteht“, stellt das Krankenhaus klar. Der Chefarzt der Frauenklinik, Dr. Hans-Christian Kolberg, empfiehlt bei Unklarheiten, Rücksprache mit dem Kreißsaalteam in Bottrop zu halten.

Personell werde die Schließung keine Konsequenzen haben, so Dr. Ellebrecht. Die Entscheidung tue „natürlich schon weh“, sagt sie. „Das ist einer unserer Schwerpunkte, alle sind persönlich betroffen.“