Bottrop. Hier stellen bekanntere und unbekanntere Menschen aus Bottrop ihren Lieblingsort vor. Heute: Stadtführerin und Heimatforscherin Antje Herbst.

Nein, einen typischen Liebesroman hat Antje Herbst noch nie ausgeliehen, auch wenn es in vielen Büchern natürlich um Liebe geht. Die Frage nach dem Lieblingsort der Ur-Bottroperin, die 1954 hier geboren wurde und bis auf Zeiten der Ausbildung oder des Berufslebens die Stadt höchstens zum Urlaub, für Ausflüge oder Besuche verlässt, beantwortet die vielseitig interessierte Stadtführerin und Heimatforscherin schnell: „Die Stadtbibliothek!“.

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Es muss vor 60 Jahren gewesen sein, als Antje Herbst mit ihrer Mutter in die alte Stadtbibliothek geht und ihren ersten Büchereiausweis beantragt. „Ich konnte jedenfalls gerade schon lesen und war stolz, dass niemand mir mehr vorlesen musste“, erinnert sich Antje Herbst. „Damals hatten wir zunächst nur einen Ausweis für die Kinderabteilung, für den Zugang zum gesamten Bibliotheksbereich bekamen wir dann mit zwölf Jahren einen neuen Ausweis“, erinnert sich die fleißige Leserin.

„Mein Vater war eine echte Leseratte, er hatte zuhause fast immer ein Buch in der Hand“

„Ich hatte mir wer weiß was darunter vorgestellt und war zunächst vom ,Erwachsenenbereich’ etwas enttäuscht“, erzählt sie heute. Aber das habe sich schnell geändert. Übrigens: Der Leser in ihrer Kindheit zuhause sei der Vater gewesen. „Er hatte entweder ein Buch in der Hand und las oder hantierte mit dem Rechenschieber, das dann aber beruflich, als Techniker.“

Am Lieblingsort, der Stadtbibliothek, trifft Antje Herbst (r.) auch regelmäßig ihre Lieblingsbibliothekarin. Susanne Lützel hat immer einen Tipp für die regelmäßige, fleißige Leserin parat.
Am Lieblingsort, der Stadtbibliothek, trifft Antje Herbst (r.) auch regelmäßig ihre Lieblingsbibliothekarin. Susanne Lützel hat immer einen Tipp für die regelmäßige, fleißige Leserin parat. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Beim Schlendern durch die kürzlich erneuerte „Lebendige Bibliothek“ (so heißt die Institution seit vielen Jahren offiziell) ertönt auf einmal ein „Halloo“. Gedämpft natürlich, wie sich das in Orten der Lektüre und des Studierens gehört. Eigentlich keine Überraschung: Antje Herbst hat am Lieblingsort auch eine Lieblingsbibliothekarin. Susanne Lützel nimmt sich, wie immer, einen Moment Zeit. Beide kennen sich seit Jahren.

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„Ich bekomme Tipps, kann vorbestellen, die Bibliothek ist heutzutage sehr gut vernetzt, aber was ich gerade sage, gilt ja nicht nur für Susanne Lützel, ich finde das ganze Team hier kompetent und total nett “, sagt Antje Herbst. Sie hält sich gerne ich der Bibliothek auf. Es gibt viele verschiedene Sitzecken, eine große Auswahl an Zeitungen und Zeitschriften. „Die könnte man selbst ja gar nicht alle abonnieren.“ Das gab es früher auch. Aber die neue Technik heute macht vieles schneller und noch einfacher. Mit Susanne Lützel erinnert sie sich noch an die alten Ausleihstempel, auf Zettelchen, die in den Büchern klebten. „Die mussten immer ausgewechselt werden, wenn sie voll waren“, erinnert sich die Bibliothekarin. Aber auch die Zeit der Zettelkataloge hat sie noch lebhaft vor Augen.

Ein Buch muss man in die Hand nehmen, den Geruch von Papier erleben

„Von wegen eintippen und Sekunden später siehst du das gesuchte Medium, weißt, ob es hier ist oder auswärts bestellt werden muss, das ist schon toll verglichen mit früher.“ Bibliothekarin und fleißige Leserin sind sich einig. Klar, Antje Herbst liest auch E-Books, vor allem im Urlaub. „Ich hab einen Tolino, sonst wäre das Gepäck einfach zu schwer.“ Aber am liebsten hält sie das Buch, das sie gerade liest, in der Hand. „Das Blättern, etwas fühlen, das ist schon wichtig und in der Bibliothek liebe ich allein schon den Geruch von Papier, der gehört einfach zum Leseerlebnis dazu.“ Also: „Ohne die Bibliothek würde mir in der Stadt auf jeden Fall etwas Wichtiges fehlen.“

Eine Lieblingsabteilung gibt es auch: Die Regionalia, also alles, was mit Bottrop (und der näheren Umgebung) zu tun hat. Als Stadtführerin und Heimatforscherin ist das natürlich ein „Muss“. „Die Bottrop-Abteilung ist schon gut und wenn es etwas sehr Spezielles hier nicht gibt, gehe ich eben rüber ins Stadtarchiv.“ An ihr erstes eigenes Buch kann Antje Herbst sich noch gut erinnern: eine dicke Ausgabe der Grimm’schen Märchen mit vielen, teils farbigen, Illustrationen. „Das Buch habe ich heute noch.“