Bottrop. Drei famose Kabarettistinnen mischten die Bottroper Ladys Night auf. Grölendes Gelächter beim Comedy-Abend unter freiem Himmel im Kulturhof.

Vorne nur Pärchen-Plätzchen bei der „Ladys Night“ von Benjamin Eisenberg, außerdem auch Kännchen (Stauder, um genau zu sein), weil draußen. Fand doch „Comedy im Saal“ erstmals unter freiem Himmel im ansprechend neugestalteten Hof des August Everding-Kulturzentrums statt. Und zwar auf großer Bühne, die es bei ihrer Bewährungsprobe in Sachen Live-Entertainment freilich an erhellenden Momenten fehlen ließ.

Keine Chance für den Herrn des Abends, seine „Gästinnen“ - um Gerburg Jahnke zu zitieren - mit einem rasanten „Licht aus, Spot an!“ zu empfangen; denn im Gegensatz zur professionellen Beschallung spottet die magere Lichttechnik nämlich (noch, hoffen wir) jeder Beschreibung. Aber wer eine so famose Show-Band hat wie Benjamin Eisenberg mit seinen „Pott Boys“, der lässt die Kolleginnen zu druckvoller Klangpracht einfach antanzen – ganz ohne Spot.

Böse Bilderpaare mit ziemlich verspätetem Gelächter

Zunächst übernahm der heimische Kabarettist höchstselbst das Warm-up seines Publikums mit einem kleinen Rückblick auf seine letzte „Ladys Night“, die in der JAG Aula in der ersten Dreiviertelstunde „gänzlich ladyfrei“ gewesen sei. Weil laut dieser Zeitung sich Benjamin Eisenberg opulent über Corona-Schutzmaßnahmen ausließ, bevor er zu eigener Bespaßung schritt.

Die Kabarettistin Jacqueline Feldmannn gab fürs Kabarett gab sie ihren sicheren Job beim Finanzamt auf. Bei der Comedy im Saal-Ladys Night in Bottrop löst sie grölendes Gelächter im Publikum aus.
Die Kabarettistin Jacqueline Feldmannn gab fürs Kabarett gab sie ihren sicheren Job beim Finanzamt auf. Bei der Comedy im Saal-Ladys Night in Bottrop löst sie grölendes Gelächter im Publikum aus. © Sven Thielmann, Essen | Sven Thielmann, Essen

Nun, diesmal hielt er sich an den alten Rat „Man darf über alles reden, nur nicht länger als 15 Minuten“. Konnte man den Wecker nach stellen. Und genoss folglich auf den Punkt gebrachte Conferencen etwa zu Franziska Giffeys Plagiatsaffäre: „promoviert, degradiert, rehabilitiert.“ Oder böse Bilderpaare wie „Hornochse – Dobrindt“ mit arg verspätetem Gelächter. Wirklich komisch seine Fantasie eines frauenfreundlichen Horror-Movies, bebildert von einigen wahrlich fiesen Wampen: „Der weiße Hai auf Bierbauchjagd“ samt grandiosem Finale. Explodiert das gefräßige Vieh doch an Reiner Calmunds im Dutzend eingeworfenen Sättigungspillen.

Onkels Feinkostgewölbe dient anderen als Bierbauch

Daran musste man doch glatt später denken, als der Plettenberger Jungstar Jacqueline Feldmann über ihren Onkel mit seiner Vorliebe für markante T-Shirt-Sprüche räsonierte: „Das ist kein Bierbauch, das ist ein Feinkostgewölbe.“ Kombiniere, dachte sich da der Kenner: Eisenbergs weißer Hai ist ein Gourmet. Die quirlige Sauerländerin dagegen Veganerin, was ihre vielzitierte Mama trocken so kommentierte: „Konntest Du nicht einfach Lesbierin werden?“

Mutig, dass die junge Kabarettistin vor einigen Jahren ihren sicheren Job im Finanzamt aufgab: „Mit 21 schon verbeamtet, da hätte ich nie mehr arbeiten müssen.“ Wunderbar ihre Erlebnisse mit der dortigen Kundschaft: „Fragt ein Mann, ob er seine Frau als Sonderausgabe absetzen könne. Meine Antwort: Keinesfalls, das ist eine außergewöhnliche Belastung.“ Grölendes Gelächter und die Erkenntnis: Dieses Themenfeld sollte Jacqueline Feldmann weiter beackern, da geht noch mehr.

Eisenbergs Band „Pott-Boys“ macht musikalisch Komplimente

Einen ganz anderen Zungenschlag brachte dagegen die Potsdamerin Alice Köfer in die unterhaltsame „Ladys Night“. Zugegebenermaßen dachte ich ja erst an einen alten „Smokie“-Heuler, genauer an die berühmte, 1995 von der holländischen Band „Gompie“ hinzugedichtete Frage „Alice, Who the Fuck Is Alice?“ Nun, die studierte Jazzsängerin erwies sich als begnadete Quasselstrippe mit musikalischem Sex-Appeal. Ihr virtuos eingesungenes Isländisch klang rückwärts nämlich so: „Alle meine Entchen …“ Rauschender Applaus und zum Abgang von den drei „Pott Boys“ Roland Miosga, Jens Otto und Many Miketta passgenau „Isn’t she lovely“ – jau ey, aber so was von.

Die von Benjamin Eisenberg als „Grand Dame des deutschen Kabaretts“ annoncierte Martina Brandl machte sich dagegen erst über diese Bezeichnung und dann über ihr Bäuchlein lustig – wir erinnern uns an den weißen Hai. Später trug sie einen Petticoat („da kannst Du die Wampe einfach hängen lassen, sieht keiner“) und fabulierte fabelhaft über ihre gen Südpol neigende Oberweite als „unbehate Brust“, die man ungeniert selbst im Bäckerladen auslegen könne, ohne das sie irgendwer zwischen den Zimtschnecken bemerke.

Rappende Ukulele-Spielerin begeistert das Publikum

Neujahrskabarett im September

Bei der nächste Ausgabe von „Comedy im Saal“ präsentiert Benjamin Eisenberg am 26. September dann „Zauberkunst & Comedy“ mit Erasmus Stein sowie den amerikanischen Stand-up-Comedian John Doyle – natürlich samt „Pott Boys“. Tickets für die Veranstaltung gibt es an der Theaterkasse.Vom 5. bis 7. September findet das Corona-bedingt verschobene „Neujahrskabarett Eisenberg & Gäste“ in der Kulturkirche Heilig Kreuz statt. Die bereits verkauften Tickets behalten ihre Gültigkeit; Restkarten gibt es im Musikforum Matschey, der Humboldt-Buchhandlung sowie im Online-Shop der Vereinten Volksbank.

Als es dann um die Passform männlicher Hosen ging, reagierte Madame mit spontaner Sprachgewalt auf äußerst merkwürdige Geräusche einiger Krakeler in der Nachbarschaft: „Bislang kannte ich ja nur die heilige Zugteilung in Hamm, aber es gibt wohl auch die Bottroper Hodenteilung.“ Autsch, das saß. Dass die 51-Jährige obendrein als rappende Ukulele-Spielerin für Begeisterung sorgte, sei da nur der Vollständigkeit halber erwähnt. Ebenso wie die Nordsee-Lyrik ihres Gastgebers – „Hude ohne Buxte, da guckste“–, der überrascht registrierte, dass die Stimmung bei seiner „Ladys Night“ nach der Pause deutlich an Schwung aufgenommen hatte. Benjamin Eisenbergs trockenes Fazit: „Beim nächsten Mal gilt 4 G – getestet, geimpft, genesen, getrunken.“