Bottrop.
Es war ein Programm der starken Kontraste. Volkslied auf Rock-Nummer, Klezmer auf Beethovensche Klassik mit der Klavier-Sonate „Pathetique“, Udo-Jürgens-Hit auf Opernchor, Klatschmarsch auf Pop-Ballade – so wechselhaft verlief das wieder einmal stark besuchte Frühjahrskonzert vom „Männer Quartett 1881“ im Lichthof.
Der traditionsreiche Bottroper Chor, der immer noch rund 60 Sänger auf das Podium bringt, hatte sich willkommene und qualitativ hoch stehende Gäste eingeladen: den Pianisten Dirk Wedmann (Folkwang-Hochschule) und das Revier-Trio „Wildes Holz“ mit Tobias Reisige (Flöten), Anton Karaula (Gitarre) und Markus Conrads (Kontrabass), der sich auch als pfiffiger und kompetenter Komponist für diese seltene Instrumentalkombination vorstellte. Die Gesamtleitung hatte Chordirektor Axel Quast.
Mit dem Quartett-Ensemble durchwanderte er die musikalischen Kulturwelten – es ging u.a. nach Griechenland und nach New York, nach Italien, Kroatien und Spanien. Man trotzte mit dem Liedgut vor allem der mediterranen Atmosphäre dem hiesigen kalten und regnerischen Frühling. Als Motto hatte Quast das Repertoire überschrieben mit „Süß´ Liebe liebt den Mai“ – eine Zeile aus dem Eingangssatz von Friedrich Silcher, den der Männerchor ohne Orchester- oder Klavierunterstützung „a cappella“ meisterte. Überhaupt stellte der Chor einmal mehr seine Lebensfähigkeit, seine Sangesfreude und seine Vielseitigkeit unter Beweis. Denn auch den Ausflug ins schwierige Opern- und Operettenterrain (Wagners „Holländer“, Offenbachs „Hoffmanns Erzählungen“, Millöckers „Bettelstudent“) bestanden die Tenöre, Baritons und Bässe mit viel Schwung und opernhafter Geste. Das Publikum nahm alle Beiträge begeistert auf. Quast hatte gute Vorarbeit geleistet.
Der junge Pianist Dirk Wedmann, der auch schon beim Klavierfestival Ruhr auftrat, überraschte mit seinem Beethoven-Verständnis. Nicht der Tiefgrübler und Klanggigant war bei der wenig glücklichen Aufteilung (vor der Pause der erste Satz, nach der Pause die Sätze zwei und drei) der berühmten Sonate zu hören, sondern Wedmann entschied sich für ein filigranes, feinsinniges und in der Struktur durchhörbares Konzept. Auch bei seinen Chorbegleitungen blieb er dezent und immer streng notentreu. Man würde diesen Solisten gern bei einem Recital erleben.
Der Programmcoup gelang der Gruppe „Wilde Holz“. Die seit über zehn Jahren gemeinsam auftretenden Musiker sind nicht nur jeweils Virtuosen auf ihren Instrumenten. Sie treten schnell mit dem Auditorium in einen kommunikativen Dialog (Klatschrhythmen), bauen Showelemente und ironischen Witz (Moderation) in ihren Auftritt ein. Ihr Crossover-Repertoire reicht von „Lady Gaga“ bis AC/DC, von bulgarischer Folklore bis zum verfremdeten Barocktanz. Karaula/Conrads schrieben unterhaltsame und poppige Stücke genau für dieses Zusammenspiel von Flöten (Reisige beherrscht sogar das Blasen zweier Flöten gleichzeitig), Gitarre und Bass. Ohne Zugabe wurden die durchaus zahmen „Wilden“, die sich als Spaßmusikmacher entlarvten, nicht entlassen.
Nach italienischem Chianti, griechischem Wein und den Trinkappellen aus der Oper/ette - per Lied verabreicht – hatten alle Mitwirkenden und Besucher nach dem Zweieinhalbstunden-Konzert Lust auf Flüssiges.