Kirchhellen. Der CDU-Vorstand geht den Bevölkerungszahlen auf den Grund: Kirchhellen hat 20 413 Einwohner. Das sind nur 165 mehr als 2007. Die jungen Familien ziehen vor allem nach Feldhausen. Grafenwald schrumpft.


Als Baudezernent Norbert Höving zu seinem Antrittsbesuch in die Bezirksvertretung Kirchhellens kam, gestand er dem einstigen Dorf seiner Jugendzeit eine gewisse Urbanität zu. Höving verstand das als Kompliment. Doch die heimatstolzen Bezirksvertreter riefen ihm im Chor zu: Wir sprechen immer noch vom Dorf. Über vier Jahre ist das her, und schon 2010 entbrannten hitzige Debatten darüber, dass Kirchhellen viel zu schnell wachse.

Richteten sich die Proteste da noch gegen Neubaugebiete, laufen mittlerweile Anwohner wie jene in der neuen Initiative „Kirchhellen bleibt Dorf“ sogar Sturm gegen einzelne Bauvorhaben: Der geplante Neubau mit Drogeriemarkt an der Hauptstraße gerät ihnen zu groß.

Doch wie entwickelt sich Kirchhellen eigentlich wirklich? Der örtliche CDU-Vorstand geht aktuell dieser Frage nach und legt gemessen am herrschenden Protestgefühl erstaunliche Zahlen auf den Tisch. Um 165 Bürger ist im viel beschworenen „Dorf“ danach die Bevölkerung in den letzten nicht ganz sieben Jahren angestiegen. Lebten zum Jahresende 2007 noch 20 248 Bürger in Kirchhellen, so waren es Ende Oktober dieses Jahres insgesamt 20 413.

„Ich kann die Proteste einiger Bürger nicht verstehen“, sagt daher auch der Kirchhellener CDU-Vorsitzende, Rainer Hürter, zur WAZ. „Wir haben hier viele Neubaugebiete. Es ist auch genug, aber bei 165 neuen Bürgern können wir uns nicht beklagen“, betont der CDU-Chef. Vielmehr sei es so, dass die Bewohner, die in die Neubaugebiete ziehen, zur Abschwächung der Alterspyramide führen.

„Erstaunlich ist doch die sehr stark angestiegene Zahl der Mitbürger über 75 Jahre“, sagt Hürter. 713 Anwohner über 75 Jahre mehr wohnen heute in Kirchhellen als noch vor gut sieben Jahren. Besonders stark sei diese Entwicklung in Kirchhellen-Mitte. Allein dort leben heute 1217 Anwohner über 75. Vor sieben Jahren waren es noch 741. „Viele von ihnen wissen offenbar die kurzen Wege zum Arzt, zur Bank, zum Bäcker oder Metzger im Zentrum zu schätzen“, meint der CDU-Vorsitzende.

Hürter rät dazu, sich die Entwicklung in den Ortsteilen genauer anzusehen. „Die jungen Familien wohnen in Feldhausen“, berichtet er. Sie müssten zwangsläufig sehr mobil sein. Denn Nahversorgungsangebote fehlen dort nahezu völlig. Um 194 Bürger wuchs die Bevölkerung Feldhausens seit 2007 an. Heute leben dort rund 2500 Einwohner, um auch für Einzelhändler und Supermärkte interessant zu werden, müssten es gut doppelt so viele sein. „Da müssen wir uns dann entscheiden, ob wir diese Entwicklung wollen“, sagt Hürter.

Grafenwald schrumpft dagegen. „Wir brauchen auch ein Neubaugebiet in Grafenwald“, fordert der CDU-Chef daher. 472 Einwohner verlor der südlichste Ortsteil Kirchhellens in den letzten Jahren.