Bottrop. Ein Insolvenzverwalter verklagt die Mutter eines wegen Millionenbetrugs verurteilten Apothekers. Es geht um Geldflüsse nach dessen Verhaftung.
Der Millionenbetrug eines Bottroper Apothekers mit gestreckten Krebsmedikamenten bekommt ein weiteres juristisches Nachspiel. Das Landgericht Essen bestätigt den Eingang einer Millionenklage, mit dem der eingesetzte Insolvenzverwalter Gelder aus dem Vermögen des Verurteilten von dessen Mutter zurück holen will. Der Bundesgerichtshof hat 21 Revisionen von Nebenklägern gegen das Urteil gegen den Apotheker verworfen.
Der Bottroper Apotheker wat Ende 2016 wegen des Vorwurfs verhaftet worden, er habe mit unterdosierten Krebsmedikamenten die Krankenkassen um Millionen betrogen. Die Staatsanwaltschaft hatte die Schadenshöhe auf mehr als 50 Millionen Euro beziffert. Das Landgericht Essen, das den Apotheker im Juli 2018 zu zwölf Jahren Haft und einem lebenslangen Berufsverbot verurteilte, hatte den nachweisbaren Schaden auf 17 Millionen Euro festgestellt.
Klage im Insolvenzverfahren
Bereits kurz nach der Verhaftung des Apothekers hatte die Staatsanwaltschaft rund 2,5 Millionen Euro aus dem Vermögen des Apothekers beschlagnahmt. Weitaus größere Summen habe die Mutter des Apothekers mit Vollstreckungsbescheiden erhalten, sagt der Düsseldorfer Insolvenzverwalter Klaus Siemon. Er betreibt das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Apothekers, das das Amtsgericht Essen im Juni 2019 auf Betreiben eines Gläubigers und der Staatsanwaltschaft Essen eröffnet hat. „Zeit online“ zitierte am Freitag aus der Klageschrift, die Mutter haben „Vollstreckungsbescheide über zusammen rund 30.000.000 Euro“ erwirkt. Dadurch sei es ihr gelungen, „teilweise noch vor der Staatsanwaltschaft auf erhebliche Vermögenswerte des Schuldners zuzugreifen“.
Bis zur Verhandlung wird es dauern
„Die Klage des Insolvenzverwalters ist eingegangen“, bestätigt Tim Holthaus, Sprecher des Landgerichtes Essen. Die Anwälte der Gegenseite in diesem Zivilverfahren bekommen jetzt die Gelegenheit zur Klageerwiderung. Angesichts der komplizierten Materie rechnet er nicht mit einer schnellen Terminierung: „Ein halbes Jahr wird es bestimmt noch dauern bis zu einer mündlichen Verhandlung.“ Angesichts des Streitwertes von neun Millionen Euro werde die Klage vor einer Zivilkammer des Landgerichtes verhandelt.
Vom Ausgang dieses Verfahrens hängt nicht nur der weitere Verlauf des Insolvenzverfahrens ab, in dem Gläubiger inzwischen Ansprüche in einer Größenordnung von 120 Millionen Euro angemeldet haben sollen. Wegen des Insolvenzverfahrens ruhen mehrere Zivilverfahren von Patienten des Apothekers oder deren Angehörigen, die Schadensersatz oder Schmerzensgeld geltend machen.
21 Revisionen verworfen, zwei zurückgenommen
Der Bundesgerichtshof hat inzwischen die Revisionen vieler Nebenkläger gegen das Urteil des Landgerichts Essen abgelehnt. „Der 4. Strafsenat hat mit Beschlüssen vom 7. April 2020 die Revisionen von 21 Nebenklägern als unzulässig verworfen“, sagt Dietlind Weinland, Sprecherin des Bundesgerichtshofes. Zwei weitere Revisionen von Nebenklägern seien zurückgenommen worden. Die Nebenkläger hatten mit ihren Revisionen erreichen wollen, dass der Apotheker sich auch wegen Körperverletzung oder eines Tötungsdeliktes verantworten muss. Dafür hätten sie nachweisen müssen, dass sie selbst oder ihre Angehörigen geschädigt worden seien. Am Fehlen dieser Nachweise war auch die Verurteilung vor dem Landgericht wegen eines Tötungsdeliktes gescheitert.
Die Staatsanwaltschaft hatte bereits im September 2019 ihre Revision gegen das Urteil des Landgerichtes zurück genommen. „Strafmaß und Höhe der Einziehung von Vermögen erscheinen im Ergebnis nicht erfolgreich anfechtbar“, teilte die Generalstaatsanwaltschaft Hamm mit. „Außerdem wäre eine tatsächlich höhere Abschöpfung von Vermögen mit Blick auf die Vermögenswerte, die von der Staatsanwaltschaft gesichert werden konnten, nicht zu erwarten.“