Bottrop.
Aus dem Alltag der Schule am Tetraeder sind Zivildienstleistende nicht wegzudenken, sagt Sonderschullehrerin Christine Helbing. Das Auslaufen des Zivildienstes stellt die Förderschule mit Schwerpunkt geistige Entwicklung vor große Probleme, und die Zeit wird knapp.
Im Durchschnitt der letzten Jahre waren dort acht Zivildienstleistende im Einsatz, zurzeit sind es noch vier. Drei von ihnen beenden ihre Dienstzeit Ende Mai, und „ab Mai bis Ende Juli haben wir noch einen“, rechnet Christine Helbing vor.
Die Aufgaben der „Zivis“ beginnen bereits auf dem Schulweg. Sie begleiten die Schulbusse, mit denen die geistig und / oder körperlich behinderten Kinder an Haltestellen in den Stadtteilen abgeholt werden, helfen beim Einsteigen und achten während der Fahrt darauf, dass kein Kind über die Stränge schlägt. Die Rollstuhlfahrer werden mit einem speziell ausgerüsteten Bus abgeholt: „Das ist ein ausgeklügeltes System. Ohne Zivildienstleistende wüssten wir nicht, wie wir das organisieren sollten“, stellt Krankenschwester Antonia Ingendoh fest. Oft geben Eltern den Zivis auch Nachrichten über Krankheiten oder spezielle Bedürfnisse ihrer Kinder mit.
In der Schule sind die jungen Männer Klassen oder Stufen zugeordnet. Sie helfen den 40 schwerst mehrfach Behinderten, darunter 12 Rollstuhl-Fahrern, bei Toilettengängen und gehen ihnen beim Essen zur Hand.
In den 12 kleinen Klassen unterstützen die Zivis die Kinder im Unterricht, der weitgehend individuell auf die Fähigkeiten der Schüler zugeschnitten ist. Christine Helbing nennt Beispiele: Kinder, die ihre Hand nicht selbstständig bewegen können, unterstützt der Zivildienstleistende in der Bewegung und vollendet sie, damit der Schüler für seine Mühe mit einem Erfolgserlebnis belohnt wird und sieht, dass auch unter seinen Händen eine Figur entstehen kann. Zivildienstleistende motivieren und betreuen die Schüler im praktischen Unterricht und können, wenn ein Kind dringend eine Auszeit braucht, mit ihm kurzfristig die Schule verlassen, wenn der Bewegungsdrang groß ist.
Zivildienstleistende seien vereinzelt auch an anderen Schulen wie der Willy-Brandt-Gesamtschule im Einsatz, stellt Schulleiterin Irmgard Bohrer fest, aber mit der größten Zahl habe stets die Schule am Tetraeder mit ihren 115 Schülern gearbeitet. Vor 26 Jahren wurde der Zivildienst eingeführt, und seit einigen Jahren beobachtete auch Irmgard Bohrer, dass die Dienstzeit - parallel zum Wehrdienst - allmählich immer kürzer wurde. Dennoch habe man sich nicht auf die neue Situation einstellen können, denn die Alternativen zum Ersatzdienst seien lange Zeit zu ungewiss gewesen. Nun wird sich zeigen, ob - wie vorgesehen - Bundesfreiwilligendienst und Freiwilliges soziales Jahr den Zivildienst ersetzen können.