Bottrop.



Ein Orgelneubau ist stets ein Jahrhundertwerk - auch wenn viele Instrumente dieses Alter nicht unbedingt erreichen. Als die damals noch selbstständige Herz Jesu Pfarre Mitte der 1980er Jahre daran ging, den damals größten Orgelneubau im Bistum Essen von den ehrgeizigen Plänen in die Tat umzusetzen, war nicht abzusehen, dass dieses Instrument zugleich Auslöser eines Festivals werden sollte, dass im Januar seine 25. Auflage erlebt: „Orgel Plus“.

Ende eines 60-jährigen Provisoriums

Wer in Archiven oder Festschriften stöbert, bekommt rasch den Eindruck, das ganz Bottrop dieses ehrgeizige Projekt zu seinem Anliegen machte. Institutionelle und unzählige private Geldgeber unterstützten diesen Neubau, der endlich ein über 60 Jahre währendes Provisorium beendete. So wechselten nicht nur Schecks, wie beispielsweise von der Alten Allgemeinen Bürgerschützengesellschaft den Besitzer. Auch originelle Aktionen, wie der Pfeifenverkauf des alten Instruments, dessen ächzende Reste noch auf die alte Orgel der wegen Bergschäden abgebrochenen alten Herz Jesu-Kirche zurückgingen, oder der Erlös, den die Komplettrasur des bis dahin vollbärtigen Kaplans erbrachte, trugen zum Gelingen bei.

Förderkreis, Orgelfonds oder der engagierte Einsatz der damaligen Chorsängerin Margret Siepmann und anderer Kirchenmusik-Aktivisten der einstmals größten Bottroper Pfarre sorgten auch dafür, dass der für die damalige Zeit als hoch erachtete Betrag am Ende doch zusammen kam. „Gemeinde investiert 650 000 Mark“ und „Königin der Instrumente findet in Fachwelt Anklang“, so titelte die WAZ schließlich zur Einweihung des 56-Register-Instruments am 4. Adventssonntag 1986.

Erfolg hält bis heute an

Dass dieses möglich wurde, verdankt die Gemeinde sicher nicht nur dem Rückhalt durch ihren damaligen Pfarrer Wilhelm Horstmann, dem es stets gelang, die sozialkritischen Untertöne angesichts der Kosten mit denen der künstlerisch-kulturellen Stimmen zu versöhnen. Auch der damals als Organist an Herz Jesu tätige Gerd-Heinz Stevens sorgte mit seiner Energie sowie eigenem und fremdem Sachverstand für die nötige Überzeugungsarbeit. Die Renovierung oder ein Teilneubau unter Einbeziehung alter Teile hätten nie zu einem befriedigenden Ergebnis geführt, die jahrzehntelange Flickschusterei wäre nur weitergegangen, sagt Stevens. Der Erfolg, der bis heute anhält, gibt den Orgel-Befürwortern von damals Recht.

Denn das aus der Bottroper Orgelwoche, die im Zuge der Einweihung seit 1986 stattfand, hervorgegangene Festival „Orgel Plus“ wurde zu einer Konstanten des Bottroper Kulturlebens - und zu einem eigenen in der Stadt entwickelten und von ihr unterstützten Markenzeichen. Die Verbindung der „Königin der Instrumente mit der Stimme, anderen Instrumenten und sogar anderen Medien - eben Orgel plus - fand seither zahlreiche Nachahmer - bis hin zu den Orgel-Zyklen in den seither an Rhein und Ruhr entstandenen Konzerthäusern.

In der Jubiläumsausgabe von „Orgel Plus“ steht die interessant disponierte Orgel der Firma Rensch aus Baden-Würtemberg etwas am Rande. Denn bis auf die Lasershow plus Orgel-Improvisationen und das abschließende Pontifikalamt mit dem Bischof von Essen, Franz-Josef Overbeck, und den Essener Domsingknaben finden alle Konzerte in anderen Bottroper Kirchen statt.