Bottrop. Klimafreundliches Bauen wird in Bottrop Pflicht. Die SPD will, dass die Stadt in Neubaugebieten feste Klimastandards beim Häuserbau vorschreibt.

Bauherren dürfen auf Drängen der SPD in Bottroper Neubaugebieten bald ausschließlich klimafreundliche Gebäude bauen. Dabei wird ihnen die Stadt Klimastandards vorschreiben, die eingehalten werden müssen.

Noch sind diese Standards nicht exakt festgelegt, doch die SPD fordert von der Verwaltung ein Konzept dafür ein, mit dem sie möglichst schnell die klimafreundlichen Maßstäbe ausarbeiten lassen soll. „Das wird immer dann gelten, wenn es neue Bebauungspläne gibt“, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Göddertz in einer Gesprächsrunde. Eine sechsstellige Summe stellt der Rat auf SPD-Initiative für dieses Gutachten zur Verfügung.

Ob das dann Effizienzhäuser der Stufe 55 oder gar 40 und 40 plus sein müssen, wie sie etwa die KfW-Bank fördert, sei nicht ausgemacht. „Da brauchen wir erst noch Support, vielleicht von der Innovation-City-Managementgesellschaft, aber auch von externen Fachleuten“, räumt SPD-Wirtschaftssprecher Frank Beicht ein. Bauherren könnten klimafreundlich bauen, indem sie erneuerbare Energien verwenden und viel Klimaschutztechnik ins Haus stecken. „Man kann das aber auch mit klimafreundlichen Baustoffen schaffen“, sagt der Bottroper. Die Verwaltung habe deshalb auch ausdrücklich einen Prüfauftrag erhalten.

Als Innovation-City-Modellstadt genießt Bottrop einen guten Ruf

Dennoch sieht die SPD das klimafreundliche Bauen als längst fällige Pflichtaufgabe an. „Bottrop will eine klimaneutrale Stadt werden. Wir sind Innovation City-Modellstadt und haben uns einen guten Ruf beim klimafreundlichen Umbauen erarbeitet“, unterstreicht SPD-Fraktionsgeschäftsführer Frank Beicht. Um den Ruf als Klimaschutzvorbild nicht zu verspielen, müsse die Stadt aber neue Anstrengungen unternehmen. Dabei komme ihr sicherlich auch die neue Linie der künftigen Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP beim Bauen entgegen. „Photovoltaik zum Beispiel wird ja sowieso Pflicht“, sagte Beicht.

Auch ein Zukunftshaus: Die schwarze Photovoltaik-Wand des Mehrfamilienhauses des Wohnungsunternehmens Vivawest am Ostring in Bottrop fängt Sonnenlicht ein. Den Sonnenstrom nutzen die Mieter.
Auch ein Zukunftshaus: Die schwarze Photovoltaik-Wand des Mehrfamilienhauses des Wohnungsunternehmens Vivawest am Ostring in Bottrop fängt Sonnenlicht ein. Den Sonnenstrom nutzen die Mieter. © Handout | Handout

Der Vorsitzende des Bottroper Ratsausschusses für Stadtplanung und Umwelt kennt die Kritik nur zu gut, dass bei strengen Klimaschutzauflagen niemand mehr bauen werde. Beicht hält das jedoch für ein Totschlagargument. „Dann bauen eben andere“, betont der SPD-Ratsherr. Es gebe bundesweit viele Architekten und Agenturen, die nicht nur energieeffiziente Hausbauten entwerfen, sondern auch komplette klimagerechte Wohnsiedlungen. Vorbilder für klimafreundliches Bauen oder Sanieren gebe es vor allem dank Innovation City schließlich ja auch in Bottrop selbst.

Für die Bottroper SPD müssen städtische Gebäude Vorbilder werden

Die Förderstufen

Bei der KfW-Förderbank gibt es für energiesparende Gebäude einen Orientierungs­maßstab: die Effizienz­haus-Stufen. Je kleiner die Kenn­zahl einer Effizienz­haus-Stufe ist, desto weniger Energie verbraucht die Immobilie und umso höher ist der Wert des Hauses. Dabei sind zwei Kriterien maßgebend: Wie hoch ist der Gesamt­energie­bedarf der Immobilie? Und wie gut ist die Wärme­dämmung der Gebäude­hülle?

Wer eine Effizienz­haus-Stufe 40 Plus, 40 oder 55 erreicht, kann dafür Fördergelder erhalten. Die Zahlen­ geben an, wie energie­effizient ein Gebäude ist. Je niedriger die Zahl, desto höher die Energie­effizienz und umso höher die Förderung.

Die Stadt sieht Beicht ohnehin in einer Vorbildrolle. „Es darf kein öffentliches Gebäude mehr geben, das nur ein Standardhaus alter Prägung ist. Das muss klimaneutral sein“, betonte der SPD-Vertreter. Für die SPD gilt dieses Prinzip zum Beispiel auch für den schon länger geplanten Verwaltungsneubau auf dem Saalbau-Gelände neben dem historischen Rathaus. Auch die stadteigene Gesellschaft für Bauen (GBB) könne mehr klimaneutral bauen. Allerdings müsse die Stadttochter dazu dann womöglich finanziell wie personell aufgewertet werden.

Dass Klimastandards beim Bauen das Wohnen verteuern würden, lässt der SPD-Wirtschaftssprecher so einfach nicht gelten. „So zu bauen, wird erst einmal teurer, aber es gibt ja Förderprogramme, die das kompensieren“, betont Frank Beicht. Außerdem können die Bewohner energieeffizienter Häuser später ihre Nebenkosten verringern, indem sie zum Beispiel beim Heizen sparen. Mit Hilfe von Energieberatern etwa könnten Hauskäufer errechnen, ob und wie sehr sich der Einsatz energiesparender Techniken und auch klimagerechter Baustoffe für sie lohne.