Bochum. In vielen Ruhrgebietsstädten sinkt die Schuldnerquote. Nicht in Bochum. In einigen Postleitzahlbereichen steigt sie sogar stark. Die Details.

Seit 2020 ist die Zahl der verschuldeten Bochumerinnen und Bochumer gesunken – zuletzt auf 33.898 (2023). Nun wächst sie wieder. 34.103 Menschen in Bochum sind überschuldet, d.h. sie können dauerhaft ihre laufenden Rechnungen nicht bezahlen. Die Schuldnerquote ist von 10,97 auf 11,34 Prozent gestiegen. Als Hauptursachen gelten Arbeitslosigkeit, längere Krankheit, Scheidung und Trennung.

In Bochum steigt die Schuldnerquote am stärksten

Im gesamten Ruhrgebiet sind 12,43 Prozent aller Erwachsenen überschuldet. Das geht aus Daten der Wirtschaftsauskunftei und Gläubigerschutzorganisation Creditreform Ruhrgebiet hervor.

Bochum gehört neben Essen, Herne und dem Ennepe-Ruhr-Kreis nicht nur zu den wenigen Regionen im Ruhrgebiet, in denen die Schuldnerquote steigt; sie weist auch den höchsten Zuwachs überhaupt aus. Auch bundesweit sackt die Stadt in der Statistik weiter ab: von Platz 360 auf 367 unter insgesamt 400 Kreisen und kreisfreien Städten. Insgesamt bleibt das Ruhrgebiet Experten zufolge das „Sorgenkind“ der Entwicklung. 

Bochum sackt beim verfügbaren Einkommen weiter ab

Ähnlich sieht es beim verfügbaren Einkommen aus, das Privathaushalte für ihren Konsum und zum Sparen verwenden können. Im aktuellen Ranking fällt die Stadt von Platz 355 auf 365 unter 391 Städten und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen zurück. Das verfügbare Einkommen ist nach Angaben der Landesstatistik ein Merkmal für die finanziellen Verhältnisse der Einwohner einer Stadt und ihrer lokalen Kaufkraft. Bochum kommt aktuell auf ein durchschnittliches verfügbares Einkommen je Einwohner von 22.419 Euro. Zum Vergleich: Beim Spitzenreiter Herdecke sind es 37.387 Euro, beim Schlusslicht Gelsenkirchen (396) 18.522 Euro.

In vier Bochumer Postleitzahlbereichen ist die Schuldnerquote besonders stark gestiegen (Grafik): in Günnigfeld, Sevinghausen, Wattenscheid, Westenfeld (44866) um 0,95 auf 19,78 Prozentpunkte. Dort sind 106 Menschen mehr als im Vorjahr und mittlerweile nahezu jeder fünfte Erwachsene überschuldet. Nirgendwo sonst in Bochum ist die Quote höher. Waren es 2023 noch 5762 Betroffene, sind es nun bereits 5868.

Postleitzahlbereich 44866 ist besonders betroffen

Das alleine indes hat nicht zu einem so starken Anstieg der Schuldnerquote geführt. Auch der deutliche Rückgang der erwachsenen Einwohner hat diese Entwicklung forciert. Nach Angaben der Bochumer Creditrefom, die den Schuldneratlas Ruhrgebiet seit vielen Jahren ermittelt, hat allein der Postleitzahlbereich 44866 im Untersuchungszeitraum beinahe 1000 erwachsene Einwohner verloren. Ihre Zahl ist von 30.603 auf 29.666 gesunken. In der gesamten Stadt sei die Zahl der Erwachsenen um 8000 gefallen. Auch das habe zum Anstieg der Schuldnerquote beigetragen.

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Deutlich zugenommen hat die Quote auch in Hamme, Hordel, Mitte, Weitmar, Wiemelhausen (44793: um 0,87 auf 17,35 Prozent), in Grumme, Hamme, Hofstede, Mitte, Riemke (44809: um 0,76 auf 17,86 Prozent) und in Bergen, Grumme, Riemke, Hofstede (44807: um 0,67 auf 10,98 Prozent). Insgesamt ist die Quote in 14 Postleitzahlbereichen angestiegen, in dreien ist sie gesunken und in einem gleich geblieben.

Sozialbericht Bochum 2024

Die Verschuldung von Personen und Familien ist ein Aspekt, der auch im Sozialbericht der Stadt Bochum untersucht wird. Ihren aktuellen Sozialbericht hat die Stadt dieser Tage veröffentlicht. Er kann im Internet unter folgender Adresse eingesehen werden: www.bochum.de/Sozialberichterstattung-Sozialplanung

Darin heißt es, das die „unwirtschaftliche Haushaltsführung“ im Laufe der Jahre als Ursache für Überschuldung deutlich zugenommen habe. „Dies wird auf die zunehmende einfache Verfügbarkeit von Verbraucherkrediten, z.B. Ratenzahlung bei Käufen im Internet, zurückgeführt.“

Die wenigsten überschuldeten Bochumerinnen und Bochum gibt es weiterhin im Bezirk 44797 (Stiepel, Linden, Weitmar, Wiemelhausen). 399 Personen sind betroffen. Die Schuldnerquote dort von 3,63 Prozent ist weiterhin die zweitniedrigste im gesamten Ruhrgebiet. Nur in Essen-Heisingen (3,48) ist sie noch kleiner.

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