Bochum-Wattenscheid. Klassische Bestattungen werden seltener, anonyme Beerdigungen nehmen zu. Was Bestatterin Carmen Treige aus Bochum Angehörigen zu bedenken gibt.

„Pflegefrei ist der Trend“, sagt die Wattenscheider Bestattungsunternehmerin Carmen Treige. Immer weniger Menschen entscheiden sich für eine klassische Erdbestattung im Sarg, sondern für die Feuerbestattung – nicht nur, weil die Friedhofsgebühren deutlich weniger sind, sondern weil die Pflege von Urnengräbern über die 25 Jahre der Ruhezeit wegen der kleineren Fläche viel einfacher ist oder komplett wegfällt.

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„Die Urne ist günstiger“, sagt die Bestatterin, die zwei Geschäfte in Günnigfeld und Leithe betreibt. Man braucht nur einen Einäscherungssarg, keinen hochwertigen Sarg. Keine sechs Träger und das Grab selbst ist auch günstiger, weil es weniger Fläche hat.“

Die Bestattungszahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Auf den kommunalen Friedhöfen in Bochum gab es im Jahr 2023 insgesamt 673 Erdbestattungen und 1948 Feuerbestattungen. Vor 30 Jahren war das Verhältnis noch völlig umgekehrt.

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Keine religiösen Bedenken mehr gegen Einäscherungen

Carmen Treige erklärt, dass es längst keine religiösen Bedenken mehr gegen eine Einäscherung gebe. Das sei früher anders gewesen. Erdbestattungen im Sarg seien „gesetzt“ gewesen.

Ein weiterer Grund für den Trend hin zur Urne sei die zeitliche und finanzielle Entlastung der Angehörigen. Viele würden auch nicht mehr in der Nähe des jeweiligen Grabes wohnen und sich deshalb nicht selbst um die regelmäßige Pflege kümmern können. Auch Frauen seien heute beruflich stark eingebunden und hätten weniger Zeit als früher.

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Ein Kolumbarium ist eine pflegefreie Grabstätte und gibt Angehörigen immer noch die Chance des Gedenkens auf dem Friedhof. © WAZ | Uwe Ernst

Das Angebot an Bestattungsarten ist heute deutlich breiter als früher. Allein die Stadt als größter Anbieter stellt rund 20 verschiedene Angebote zur Auswahl. Das teuerste ist das Begräbnis in einer Urne auf einer Familiengrabstätte unter einem Apfelbaum. 5631 Euro verlangt die Stadt dafür, darin sind aber auch 3300 Euro für 25 Jahre Pflege mit jahreszeitlicher Wechselbepflanzung enthalten.

Auch in den Fällen, in denen unverändert auf eine traditionelle Sargbestattung Wert gelegt wird, hat die Frage der Grabpflege und die damit verbundene Belastung der Hinterbliebenen an Bedeutung gewonnen, erklärt die Stadt. „Pflegefreies Rasengrab“ mit und ohne Gestaltungsoption werden zum Beispiel angeboten.

Kosten spielen bei der Bestattungsart eine immer größere Rolle

Das günstigte Angebot sind die anonymen Urnen-Sammelbeisetzungen. 438 Euro kostet diese Variante inklusive der amtsärztlichen Untersuchung, die klärt, ob ein natürlicher Tod und kein Verbrechen vorliegt. Diese Bestattungsart war mit 1087 Fällen die meistgewählte im vorigen Jahr. Hier brauchen sich Hinterbliebene um gar nichts mehr zu kümmern. Die Stadt erklärt die hohe Anzahl solcher Beerdigungen mit einer „geänderten Einstellung zu den Bestattungen und der Grabpflege“. „Insbesondere finanzielle Kriterien treten mehr in den Vordergrund.“

Kosten für eine Beerdigung sind sehr unterschiedlich

Der genaue Endpreis für eine Bestattung ist nicht ohne weiteres spontan zu berechnen. „Viele Kunden fragen, was kostet das?“, sagt Bestatterin Carmen Treige. „Das kann man aber pauschal nicht sagen, weil Wünsche ganz unterschiedlich sind: Grabart, wieviel Personal, Größe der Trauerfeier, Blumenschmuck...“

Wer ein Grab von einem privaten Friedhofsgärtner pflegen lässt, sollte genau durchrechnen, auf welche Summe er nach 25 Jahren Liegezeit kommt im Vergleich zu einem Bestattungsangebot des Trägers des Friedhofes inklusive Dauerpflege.

Beim anonymen Begräbnis bleibt kein Ort zum Trauern

Carmen Treige gibt Hinterbliebenen aber zu bedenken: „Man hat weder eine Trauerfeier noch ein Grab.“ Die Urne wird auf einem Gräberfeld beigesetzt, über deren Lage die Angehörigen nicht informiert werden. „Das bereuen viele, weil sie später keinen Ort zum Trauern haben. Ich sage das immer ausführlich: Es wird keinen Abschied auf dem Friedhof geben.“

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Als nicht anonyme relativ günstige und pflegefreie Alternative nennt sie zum Beispiel die Kolumbarien: Urnengrabstätten in Urnenwänden (2540 Euro). Zwei Urnen je Kammer haben dort Platz. Dort könne man den Namen und die Geburts- und Sterbedaten anbringen. „Und man kann unten vor den Stelen Blumen und Kerzen abstellen. Eigentlich eine schöne Sache.“