Bochum. Der Ansturm auf „Bosy goes Pop“ im Musikforum ist riesig, die Konzerte sind seit Monaten ausverkauft. Was bieten sie? Unsere Konzertkritik.
Die 80er Jahre: Da denken viele an Leggins, Stirnbänder, Videorekorder, Helmut Kohl und an eine irgendwie unbeschwerte Zeit. Die Sehnsucht nach jener bonbonbunten Dekade ist in unseren trüben Tagen offenbar so groß, dass sich viele zurück in die 80er sehnen – und zumindest an diesem Wochenende steht die Zeitmaschine bereit: Bei „Bosy goes Pop – The 80s Symphony“ beschwören die Bochumer Symphoniker gemeinsam mit dem Classic-Night-Chor und vier starken Sängerinnen und Sängern so unverblümt wie unterhaltsam den Zauber eines unvergessenen Jahrzehnts. Das Publikum ist hingerissen.
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Drei Konzerte in 20 Minuten ausverkauft
20 Minuten, so erzählt der Leiter und Moderator Torsten Sickert stolz, habe es gedauert, bis kurz nach Vorverkaufsstart sämtliche Tickets für die drei Konzerte vergriffen waren. Voll besetzte Zuschauerreihen und ein dichtes Gedränge im Foyer sind im Musikforum längst kein alltägliches Bild. Merke: Mit Pop-Klassikern von Foreigner und Simple Minds verkaufen die Bosy mehr Tickets als mit den größten Symphonien von Brahms und Schostakowitsch. Deswegen braucht man nicht die Nase zu rümpfen, schließlich ist das Musikforum einst mit dem ehrenwerten Ziel gebaut worden, ein Haus für alle Bochumer sein zu wollen, egal welche Musikrichtung sie bevorzugen.
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Am Erfolgsrezept wird nicht gerüttelt: Erneut stellt Sickert, ehemaliger Chef der „Zeche“, ein Programm mit Rock- und Popsongs zusammen, das dann in orchestralem Gewand und unter wundervoller Mithilfe eines 80-köpfigen Chors beinahe majestätische Größe annimmt. Unter Leitung des Dirigenten Svetloslav Borisov beginnt die Reise durch die 80er zunächst nachdenklich: Mit „Russians“, dem fast 40 Jahre alten Song von Sting, setzt der Abend ein politisches Signal gegen den Krieg, ehe er dann mit Hits wie „I want to know what love is“, „La Isla Bonita“ und „Send me an angel“ in sicherem 80er-Jahre-Fahrwasser gleitet.
Nur einmal wirkt der Pop-Tanker reichlich neben der Spur: Sänger Andreas Paweletz knöpft sich den Riesenhit „Hier kommt Alex“ von den Toten Hosen vor, doch an dessen dreckigen Witz, Härte und Aggressivität kommen selbst 150 gestandene Musiker auf der Bühne nicht annähernd heran. Eine kleine Pleite, die schnell verziehen ist.
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Melodien offenbaren sich erst langsam
Die musikalischen Arrangements sind erstklassig: Immer wieder überraschen die Symphoniker ihr Publikum mit kleinen Einspielungen. Die Melodien offenbaren sich erst langsam, sodass genügend Zeit zum Mitraten bleibt, welcher 80er-Hit wohl als Nächstes erklingt. Das funktioniert besonders gut bei „Running up that hill“: Dem Kate-Bush-Klassiker stellt sich Sängerin Esther Brouns unerschrocken. Auch die Symphoniker sind mit sichtlichem Spaß dabei. Sieht man sie sonst oft recht ernst und konzentriert über ihren Noten brüten, gehen ihnen die Kompositionen aus den 80ern offenbar leicht von der Hand.
„Bosy goes Pop“ wird im nächsten Jahr fortgesetzt, kündigt Torsten Sickert am Ende an: dann mit den größten Hits von Billy Joel, Bryan Adams und Bon Jovi. Stehende Ovationen.