Bochum-Süd. Eine Verbindung im Bochumer Süden soll zur Fahrradstraße werden. Das sorgt für Kritik: Die 45.000 Euro dafür seien anderswo besser angelegt.

Fahrradstraßen werden in Bochum derzeit sehr kontrovers diskutiert. Selbst passionierte Radfahrer halten sie an vielen Stellen für wenig sinnvoll. Und so verwundert es kaum, dass auch die Idee der Stadt, die Untere Heintzmannstraße im Bochumer Süden umzuwidmen, polarisiert. Trotz aller Kritik wird auch sie zur Fahrradstraße.

„Verpulvern Geld“: Wieder Kritik an Fahrradstraße in Bochum

In einer ersten Auswahl von Straßen, die aus Sicht der Stadt eine besondere Bedeutung für das Radwegenetz haben, war die Untere Heintzmannstraße zunächst nicht gelistet. Sie sei dann nachträglich „als eine ruhige Umfahrung der Markstraße erachtet und hinzugefügt“ worden, heißt es in einer Verwaltungsmitteilung an die Bezirksvertretung Bochum-Süd, die über die Fahrradstraße abzustimmen hatte. 

Schon an der Einmündung Am Erlenkamp in Bochum-Süd soll die Fahrradstraße Untere Heintzmannstraße beginnen.
Schon an der Einmündung Am Erlenkamp in Bochum-Süd soll die Fahrradstraße Untere Heintzmannstraße beginnen. © Gernot Noelle

Nach Plänen der Stadt soll die gesamte Untere Heintzmannstraße umgewidmet werden, also zwischen Am Erlenkamp und Höfestraße, wo vor wenigen Wochen das Restaurant „Blauer Engel“ geschlossen hat. Am Zustand der Straße werde sich nicht viel ändern, so die Stadt. „Es werden lediglich Beschilderungen aufgestellt und Markierungen aufgebracht.“ Der Zusatz „Anlieger frei“ erlaube es den Anwohnern, die Straße zu befahren. Der Durchgangsverkehr werde dadurch ausgeschlossen. „Dies trägt zum einen zur Sicherheit der Radfahrenden bei und zum anderen zur Verkehrsberuhigung für die Anwohner“, heißt es in der Mitteilung weiter.

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„Das ist eine reine Schaufenstermaßnahme. Wir verpulvern hier Geld, das anderswo notwendiger wäre.“

Christian Haardt, CDU-Ratsmitglied

Noch in diesem Jahr will die Stadt die neue Fahrradstraße entsprechend eingerichtet haben. Die Kosten dafür belaufen sich auf ca. 45.000 Euro.

Viel zu viel, meint Christian Haardt von der CDU. „Als passionierter Radfahrer finde ich, dass es wichtigere Stellen gibt als die Untere Heintzmannstraße.“ Verkehr und Straße dort seien in einem guten Zustand und ausreichend sicher für Radfahrer. Die Umwidmung zur Fahrradstraße bringe daher keinen Gewinn für den Radverkehr. „Das ist eine reine Schaufenstermaßnahme. Wir verpulvern hier Geld, das anderswo notwendiger wäre.“

Die Brockhauser Straße in Bochum-Stiepel ist schon seit einigen Jahren eine Fahrradstraße.
Die Brockhauser Straße in Bochum-Stiepel ist schon seit einigen Jahren eine Fahrradstraße. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

Durch die Fahrradstraße habe sich an der Brockhauser Straße in Stiepel auch nicht viel verändert, sagt das Ratsmitglied. „Tempo 30 war da schon vorher und ein Lkw-Verbot auch.“ Aber gut, dort verlaufe immerhin der Ruhrtalradweg. So eine Bedeutung habe die Untere Heintzmannstraße aber nicht.

Das Geld solle man lieber an anderen Stellen investieren, findet Haardt und nennt auch Beispiele: „Die Verbindung von der Springorum-Trasse zur Königallee etwa ist unbeleuchtet, das ist eine blöde Situation. Eine Laterne würde da schon ausreichen. Und am Waldring ist die Markierung, die den Gehweg teilt, nicht mehr zu erkennen. Das wäre auch schnell gemacht.“

Christian Haardt von der CDU in Bochum spricht sich gegen die Umwidmung der Unteren Heintzmannstraße zur Fahrradstraße aus.
Christian Haardt von der CDU in Bochum spricht sich gegen die Umwidmung der Unteren Heintzmannstraße zur Fahrradstraße aus. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

Damit stößt Christian Haardt ins selbe Horn wie die Radwende, die Fahrradstraßen unlängst als unsinnig bezeichnete. „Das viele Geld, das die Stadt Bochum für Fahrradstraßen ausgibt, sollte besser für mehr Sicherheit genutzt werden“, sagte Christoph Bast von der Radwende.

„Solche Routen sind nicht geeignet, um mehr Leute aufs Rad zu bekommen.“

Christoph Bast, Radwende Bochum

Fahrradstraßen würden vorrangig in Straßen geplant, die ohnehin kaum befahren werden oder bereits Tempo-30-Zonen seien – wie zum Beispiel die Untere Heintzmannstraße. „Solche Routen sind nicht geeignet, um mehr Leute aufs Rad zu bekommen“, so Bast. Weitere Kritik: Die Radfahrerinnen und Radfahrer wären durch die Fahrradstraßen und Velorouten genötigt, Umwege zu fahren, um ans Ziel zu kommen. Dabei wolle jeder doch auf direktem Wege von A nach B kommen, „genauso wie Autofahrer“.

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Allerdings: Trotz Ablehnung durch CDU und FDP wird die Untere Heintzmannstraße zur Fahrradstraße umgewidmet. SPD, Grüne und Linke stimmten mehrheitlich dafür.

Neu: Rote Linie und Erklärschild

Im Jahr 2007 hat die Bezirksvertretung Bochum-Süd eine „Anlieger frei“-Regelung für die Untere Heintzmannstraße abgelehnt, so die Stadt Bochum. Jetzt jedoch entstehe mit der geplanten Fahrradstraße eine neue Situation. Fahrradstraßen dienten in erster Linie Radfahrenden und sollten nur in Ausnahmefällen für andere Verkehrsteilnehmer freigegeben werden. Die Untere Heintzmannstraße sei zudem eine Wohnstraße, von der keine weiteren Straßen abzweigen. Daher ist hier aus Sicht der Stadt der Zusatz „Anlieger frei“ geeignet.

Auf einen Trennstreifen und Parkmarkierungen will die Stadt beim Anlegen der Fahrradstraße verzichten. Die Straße sei dafür zu eng. In den Einmündungsbereichen werde eine rote Markierung aufgebracht, die auf die Besonderheit „Fahrradstraße“ aufmerksam macht. Zusätzlich würden Rad-Piktogramme auf der Fahrbahn aufgebracht, die im Abstand von ca. 50 Meter alle Verkehrsteilnehmer daran erinnerten, dass Radfahrer diese Straße in beide Richtungen nutzen.

Es gibt auch Neuerungen: So soll eine durchgehende rote Markierung auf gesamter Länge die Besonderheit „Fahrradstraße“ hervorheben. „Zukünftig wird dieses Gestaltungsmerkmal auf allen Fahrradstraßen in Bochum zum Einsatz kommen“, kündigt die Stadt an. Auch ein mobiles Erklärschild mit dem Inhalt „Was gilt in einer Fahrradstraße?“ wird an den neuen Fahrradstraßen aufgestellt.