Bochum. Tief in der Erde schlummert heißes Wasser, das zur Wärmeversorgung genutzt werden kann. Wie viel unter Bochum zu finden ist, ist noch unbekannt.
Vorreiter in Sachen Geothermie ist Bochum schon. Ein Großteil der Gebäude auf Mark 51/7, dem Gelände des früheren Opel-Werks, wird schon bald mit Grubenwasser gewärmt und gekühlt. 500 Millionen Liter Grubenwasser schlummern dort in einer Tiefe bis 800 Meter. Darunter könnte noch viel mehr heißes Wasser sein, das angezapft und über Tage für die Wärmeversorgung von Städten und für die Industrie genutzt werden kann.
Messung tief unter Bochum wird mit 330.000 Euro gefördert
Wie groß dieses Potenzial unter Bochum ist, das will die Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG herausfinden. Voraussichtlich von Februar 2025 an kartiert es ein etwa fünf Kilometer lange Stück des Untergrunds zwischen Mark 51/7 östlich vorbei an der Ruhr-Universität bis nach Witten. Dazu ermitteln mit hochsensibler Technik ausgestattete Messtrucks die Struktur des Bodens bis in die Tiefe von maximal 2000 Metern nach dem Echolot-Prinzip. „Vesta Contrast“ heißt das Projekt, das vom Bundeministerium für Wirtschaft und Klimaschutz mit 330.000 Euro unterstützt wird.
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Dank des Kohlebergbaus ist der Boden im Ruhrgebiet bis zu einer Tiefe von 1200 Metern bestens vermessen und bekannt. Darunter könnte es vielversprechend aussehen. Wissenschaftlich sind diese Regionen aber meistens noch weiße Flecken. „Auch die natürlichen Sandsteine sind komplex gefaltet und geklüftet und zeugen von einer ereignisreichen tektonischen Geschichte“, sagt Vesta-Projektleiter Florian Hahn. „Wenn wir die tiefen Strukturen verstanden haben, haben die lokalen Energieversorger und Unternehmen eine bessere Basis für die Nutzung in klimaneutralen Energiesystemen.“
Aus Sicht der Stadtwerke Bochum ist die Geothermie höchst vielversprechend
Das vermutete Potenzial ist immens. Hochrechnungen basieren auf schon bekannte Strukturen etwa in München, wo bereits Erdwärme für sieben Projekte genutzt wird, sowie auf Messungen, die einigen Regionen Deutschland schon vorgenommen wurden. In NRW hat die Fraunhofer IEG bereits in Hagen gemessen, der Geologische Dienst NRW hat u.a. Gebiete in Aachen, und Münster in anderen Regionen erforscht. „Alle Daten werden zusammengefasst“ erklärt Fraunhofer-Sprecher Kosta Schinarakis. Derzeit gehen Experten von einem gewaltigen Volumen aus: „Deutschlandweit hat Geothermie ein enormes Potenzial“, so der Sprecher. „Drei von vier Bestandsgebäuden in Deutschland könnten geothermisch beheizt werden. Gleichzeitig lässt sich jeweils ein Viertel der kommunalen Wärmenetze und des industriellen Prozesswärmebedarfs auf tiefe Geothermie umstellen.“
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Aus Sicht der Stadtwerke Bochum ist die Geothermie höchst vielversprechend. „Wenn die Bohrungen fündig werden, dann hat das ein extremes Potenzial. Mit einer Bohrung könnte 15 bis 20 Prozent des Wärmebedarfs für das Fernwärmenetz von Bochum abgedeckt werden. Das ist ungefähr das gleiche Potenzial, das wir uns aus einer Großwärmepumpe am Ölbachtal erhoffen“, sagt Stadtwerke-Sprecher Jascha Dröge. Das Problem aktuell sei, dass die Technik „nicht gerade risikoarm“ sei. Dröge: „Die Kartierung ist daher hilfreich für das weitere Vorgehen.“
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„Vesta-Contrast“ soll dafür sorgen, die geologische Situation, das tektonische Spannungsfeld und das hydraulische „Regimes“, wie es heißt, im Süden von Bochum zu verstehen. Es erkundet die gefalteten und geklüfteten Sandsteine des Erdzeitalters Karbon bis in 2000 Meter Tiefe. In 300 Millionen Jahren hat die Plattentektonik das Gestein stark gestaucht, sodass die Schichten ausgeprägte Sättel und Mulden bilden. Sollten natürliches Thermalwasser und geeignete saisonale Wärmespeicher vorliegen, wäre das „für die Wärmewende von besonderem Interesse“, wie es heißt.
Schallbild des Untergrunds
Untersucht wird der Boden tief unter Bochum mit dem sogenannten Seismik-Verfahren. Es ähnelt dem Echolot und schickt über große Rüttelplatten Vibrationen in die Tiefe, die an Erdschichten reflektiert werden. Spezielle Mikrofone nehmen die großflächigen Reflexionen wieder auf.
Die Analyse aller über mehrere Tage und auf einer Strecke von fünf Kilometern erhobenen Daten erschafft ein „Schallbild des Untergrundes“. Insgesamt sind für die Messung bis zu 600 Geophonpunkte im Abstand von bis zu zehn Meter entlang der Profillinie (Karte) geplant.
Die Linie verbindet grob das Gewerbegebiet Mark51/7 mit dem Stadtteil Witten-Heven und läuft durch die Hustadt in Querenburg, den Campus der Ruhr-Universität, der Hochschule Bochum und des Fraunhofer IEG sowie über den Oelbach am Kemnader See.
Die Rüttelplatten sind unter Lkws montiert, die in Schrittgeschwindigkeit die Strecke abfahren und alle 20 Meter ein Vibrationssignal in die Erde schicken.