Bochum-Wattenscheid. Seit Jahren wird der Bau einer neuen Grundschule für Wattenscheid gefordert. Politiker haken nach. Jetzt ist ein möglicher Standort im Gespräch.

Die Einigkeit war groß: Einstimmig hatte die Bezirksvertretung Wattenscheid im März 2018 die Bochumer Stadtverwaltung aufgefordert, eine weitere Grundschule im Stadtbezirk einzurichten. Sechseinhalb Jahre sind seitdem vergangen, die Zahl der Grundschulen in Wattenscheid ist unverändert und eine neue Schule – nicht in Sicht.

Ginge es nach dem Willen der Bezirkspolitiker, dann gäbe es einen Neubau in möglichst zentraler Lage in Wattenscheid-Mitte. „Uns wurde immer gesagt, wir haben für eine Grundschule kein passendes Grundstück“, sagt Hans-Josef Winkler, Bezirksfraktionsvorsitzender der Unabhängigen Wählergemeinschaft (UWG)/Freie Bürger. Dass die Stadtverwaltung in der aktuellen Schulentwicklungsplanung für die weiterführenden Schulen ein Areal an der Berliner Straße für den Neubau einer Gesamtschule vorschlägt, nimmt Winkler zum Anlass, nachzubohren. Es geht um die Fläche am Hotel „Beckmannshof“, einen ehemaligen Sportplatz. „Warum zieht man dieses Grundstück nicht für den Neubau einer Grundschule in Erwägung?“, fragt Winkler.

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Neue Debatte: Passt neben die neue Gesamtschule noch eine Grundschule?

In einer offiziellen Anfrage an die Verwaltung will der Bezirkspolitiker auch wissen, welche Schritte die Verwaltung seit 2018 unternommen habe, um eine weitere Grundschule in Wattenscheid zu realisieren, welche Grundstücke in Wattenscheid auf ihre Eignung für den Bau einer Grundschule geprüft worden seien. Und: Ob die Möglichkeit bestehe, auf dem Areal sowohl Gesamt- als auch Grundschule zu realisieren.

Das Gelände des ehemaligen Sportplatzes am Hotel „Beckmannshof“ ist für den Neubau einer Gesamtschule in Wattenscheid im Gespräch. Die Fraktion UWG/Freie Bürger will wissen, ob dort nicht auch noch eine Grundschule entstehen könnte.
Das Gelände des ehemaligen Sportplatzes am Hotel „Beckmannshof“ ist für den Neubau einer Gesamtschule in Wattenscheid im Gespräch. Die Fraktion UWG/Freie Bürger will wissen, ob dort nicht auch noch eine Grundschule entstehen könnte. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Service | Hans Blossey

Die Stadt will auf Nachfrage der Redaktion zu diesen Details keine Stellung nehmen und verweist darauf, dass zunächst die Politik ihre Anfrage beantwortet bekommen müsse. Auch die anderen Fraktionen dürften gespannt auf die Antworten schauen. „Das Thema treibt uns seit Jahren um“, sagt Bezirksbürgermeister Marc Westerhoff (CDU). „Keine Statistik ist so katastrophal an der Realität vorbei wie die Schulentwicklungsplanung“, sagt er. Wattenscheid sei davon in den vergangenen Jahren besonders getroffen gewesen. „Da muss dringend Abhilfe geschaffen werden.“

Zweifel am möglichen Standort an Hauptverkehrsstraße

Ob der Standort an der großen, viel befahrenen Berliner Straße für eine Grundschule geeignet sei, daran habe er allerdings Zweifel, sagt Westerhoff. „Ich halt‘ das nicht für ganz optimal.“

Wolfgang Rohmann (SPD), stellvertretender Bezirksbürgermeister, sieht das anders: „Die Gesamtschule an der Stelle ist hervorragend und wichtig“, stellt er klar. Aber wenn es die Möglichkeit gäbe, auch noch eine Grundschule dort anzusiedeln, „fänd‘ ich das charmant.“

Die Grundschule Leithe an der Schulstraße ist die größte Grundschule in Wattenscheid: Mehr als 400 Kinder lernen hier.
Die Grundschule Leithe an der Schulstraße ist die größte Grundschule in Wattenscheid: Mehr als 400 Kinder lernen hier. © FUNKE Foto Services | Sebastian Sternemann

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Grüne mahnen in der Grundschulfrage zur Geduld

Einig sind sich die Bezirkspolitiker nach wie vor in einem Punkt: „Wir brauchen dringend eine weitere Grundschule in Innenstadtnähe“, sagt Oliver Buschmann von den Grünen, ebenfalls stellvertretender Bezirksbürgermeister. Er ist sich sicher: „Die wird auch kommen.“ Wohin nur und wann: das ist eben unklar.

Das lange Warten, das sei „schwierig, wirklich schwierig“, sagt Buschmann. „Vor allem für die Kinder!“, betont er, denn die Grundschüler seien es, die zum Teil mit mehr als 30 anderen in den Klassenräumen säßen. Für die Lehrerinnen und Lehrer sei es eine Herausforderung, „unter diesen Bedingungen einen Unterricht anzubieten, der die Kinder mitnimmt und in die Lage versetzt, später an einer weiterführenden Schule einen Abschluss zu machen.“

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18 Millionen Euro zum Beispiel fließen in den Ausbau der Gertrudisschule

Warum aber dauert es so lange? „Die Verwaltung“, sagt Marc Westerhoff, „guckt gesamtstädtisch.“ Und der Mangel sei auch gesamtstädtisch gegeben. UWG-Mann Hans-Josef Winkler urteilt harsch: „Die Verwaltung nimmt das Thema Grundschule in Wattenscheid nicht ernst“, sagt er. „Das stimmt nicht“, hält der Grüne Oliver Buschmann dagegen. Er habe das Gefühl, dass die Verwaltung das Thema durchaus ernst nehme. „Aber diese Dinge brauchen ihre Zeit.“

SPD-Politiker Wolfgang Rohmann sieht es ähnlich: Aus Wattenscheider Sicht sei die Situation traurig, keine Frage. Aber gesamtstädtisch gebe es nun einmal nur begrenzte Ressourcen. Davon „fließt einiges nach Wattenscheid. Nicht so viel wie fließen müsste, aber soviel wie fließen kann“.

18 Millionen Euro zum Beispiel fließen in den Ausbau der Gertrudisschule: Seit Jahren voll am Limit, soll die Schule in der Vorstadtstraße in Wattenscheid-Mitte erweitert werden, die Stadt konnte dafür ein benachbartes Grundstück kaufen. Nach Ansicht von Wolfgang Rohmann „ein erster Schritt, unser Grundschulproblem in Wattenscheid zu lösen“. Was den Standort angehe, seien die Möglichkeiten dann aber auch erschöpft. An einer neuen Grundschule führe kein Weg vorbei. „Sonst bleibt‘s nur Flickwerk.“

Die Gertrudisschule an der Vorstadtstraße in Wattenscheid-Mitte platzt seit Jahren aus allen Nähten. Die Stadt hat ein benachbartes Grundstück gekauft, bis 2029 soll die Schule erweitert werden.
Die Gertrudisschule an der Vorstadtstraße in Wattenscheid-Mitte platzt seit Jahren aus allen Nähten. Die Stadt hat ein benachbartes Grundstück gekauft, bis 2029 soll die Schule erweitert werden. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Acht Grundschulen im Stadtbezirk

Acht Grundschulen gibt es im Stadtbezirk Wattenscheid: die Grundschule Günnigfeld, die Dietrich-Bonhoeffer-Schule in Eppendorf, die Grundschule Westenfeld, die Gertrudisschule und die Glückaufschule in Wattenscheid-Mitte, die Grundschule Leithe sowie die Kirchschule und Regenbogenschule in Höntrop.

In den vergangenen Jahren sind in Wattenscheid vier Grundschulstandorte aufgegeben worden, namentlich die Swidbertschule an der Elisabethstraße, die Grundschule Eppendorf (Ruhrstraße 30), der Standort Bertramstraße in Leithe sowie der Standort Roonstraße in der Südfeldmark, damals Teilstandort der Glückaufschule.

Die empfohlene und angestrebte maximale Klassengröße von 23 Schülerinnen und Schülern überschreiten die WAT-Grundschulen meist. Im Schnitt lernten dort zuletzt mehr als 25 Kinder pro Klasse.

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