Bochum. Bald haben Frauen in Bochum die Möglichkeit, ihr Kind in einem Geburtshaus zur Welt zu bringen. Eine Hebamme erklärt Konzept und Besonderheiten.

„Wir wünschen uns, dass sich unser Geburtshaus wie ein Zuhause für die Mütter anfühlt. Die Familien sollen sich hier wohlfühlen und entspannen können.“ Das sagt Hebamme Jana Lammert, die mit fünf Kolleginnen die Isis-Hebammen-Praxis in der Bochumer Innenstadt betreibt. Seit mehr als 30 Jahren gibt es die Praxis, erst im April ist sie nach vier Monaten Kernsanierung umgezogen und hat sich vergrößert. Jetzt geht ein lang gehegter Wunsch der Frauen in Erfüllung: Für November ist die Eröffnung von Bochums erstem Geburtshaus geplant. Dann sollen vorerst bis zu fünf Geburten im Monat in den neuen Räumlichkeiten stattfinden.

Wie sich die Entbindung von Klinik-Geburten unterscheidet

„Viele Frauen möchten ihr Kind nicht zu Hause bekommen, wegen Nachbarn oder Geschwisterkindern. Andere empfinden die Geburt in einer Klinik als besonders stressig. Deshalb möchten wir einen Rückzugsort für Familien bieten, bei dem die Mutter 1:1 begleitet wird“, erklärt Jana Lammert.

Sie begleiten Frauen durch die Schwangerschaft und Entbindung: Die Hebammen Jana Lammert Sonja Kleinrath vor dem Eingang von Bochums ersten Geburtshaus.
Sie begleiten Frauen durch die Schwangerschaft und Entbindung: Die Hebammen Jana Lammert Sonja Kleinrath vor dem Eingang von Bochums ersten Geburtshaus. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Die Geburt in einem Geburtshaus werde ausschließlich von ein oder zwei Hebammen und meist mit dem Partner oder der Partnerin betreut, ein Arzt sei nicht dabei. Deshalb gebe es zuvor ausführliche Gespräche über die Risikofaktoren. Dabei werde besprochen, ob eine Geburt im Geburtshaus infrage kommt.

Auf medizinische Zwischenfälle seien sie vorbereitet, versichern die Hebammen. Durch Kooperationen mit Augusta-Klinik und Elisabeth-Hospital steht die Praxis im direkten Kontakt zu Ärzten. „Dass eine Frau aus eiligen Gründen ins Krankenhaus muss, ist eher selten“, erklärt Jana Lammert und verweist auf eine Statistik der Gesellschaft QUAG (Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe). Dort müssten alle außerklinischen Geburten von Hebammen eingetragen werden. „Die Statistik zeigt, dass im Schnitt nur eine von 100 Frauen aus eiligen Gründen ins Krankenhaus muss. Neun weitere kommen ins Krankenhaus, weil sie mehr Schmerzmittel benötigen oder sich die Geburt verzögert.“

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Ein Geburtshaus für Bochum: Hebammen wollen Vertrauen und Geborgenheit schaffen

Es gebe viele Frauen, für die eine Geburt im Geburtshaus deutlich entspannter und schmerzfreier verlaufe. Einige nähmen die Geburt dort weniger hektisch wahr. Dadurch müsse die Mutter oftmals auch weniger Schmerzmittel nehmen. Durch die Begleitung während Schwangerschaft baue sich eine starke Verbindung und Vertrauen zwischen Familie und Hebamme auf.

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„Wir wissen, was sich die Mütter wünschen und kennen sie bis zur Geburt sehr gut“, sagt Lammert. „Ich erinnere mich an jede Familie und die Geburt der Kinder.“ Sie verbringe so viel Zeit mit den Familien, das bleibe im Gedächtnis. Und: Keine Geburt sei wie die andere.

Geburtshaus in Bochu
Hebamme Sonja Kleinrath sitzt mit Maßband und Hörrohr in der Hebammenpraxis. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

„Es ist schön zu sehen, wie dankbar die Familien für die Begleitung sind“, sagt die Hebamme. „Das Vertrauen aufzubauen und eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich die Familien wohlfühlen, ist ganz, ganz wichtig.“ Nach persönlichen Gesprächen wüssten die Hebammen um die jeweiligen Wünsche und Bedürfnisse der Mutter und könnten individuell auf diese eingehen. Diese Gewissheit schenke vielen Müttern ein beruhigendes Gefühl, sodass die Angst vor der Geburt ein Stück weniger werde.

Das Geburtshaus umfasst verschiedene Räume, die der schwangeren Frau bei der Geburt helfen sollen. Der Geburtsraum ist mit einem Bett und verschiedenen Gegenständen, die die Geburt erleichtern sollen, ausgestattet. „Es gibt zum Beispiel einen Gymnastikball, um das Becken zu kreisen, oder eine Sprossenwand, an der sich die Frau reinhängen kann. Außerdem haben wir auch einen Gebärhocker und Matten“, erklärt Jana Lammert.

Auch eine Spielecke für Geschwisterkinder gibt‘s im Geburtshaus in Bochum.
Auch eine Spielecke für Geschwisterkinder gibt‘s im Geburtshaus in Bochum. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

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Neben dem Geburtsraum gibt es ein Geburtsbad. „Hier können sich die Frauen in die Wanne begeben und entspannen. Das warme Wasser hilft häufig, dass sich die Muskeln entspannen und sich die Frauen wohlfühlen können. Das kann die Geburtsprozesse beschleunigen“, erklärt die 32-Jährige.

Jana Lammert

„Das Vertrauen aufzubauen und eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich die Familien wohlfühlen, ist ganz, ganz wichtig“

Hebamme Jana Lammert

Eine Besonderheit für die Bochumerinnen: Vom Geburtsraum aus ist das Fördergerüst des Deutschen Bergbau-Museums zu sehen. „Damit haben wir hier Geburten mit Pott-Charme“, sagt Jana Lammert und lacht. In einem Nebenraum können sich außerdem Partner oder Partnerin zurückziehen und sich ausruhen.

Das bietet die Hebammenpraxis

Neben den Geburtsvorbereitungskursen für Schwangere und Paare bietet die Praxis Stillvorbereitungs- und Rückbildungskurse an. Darüber hinaus gibt es geburtsvorbereitende Akupunktur, PEKiP, Achtsamkeitskurse oder Yoga. „Vor allem die Yoga-Kurse sind ständig ausgebucht. Das ist eine gute Art für Schwangere, in Bewegung zu bleiben“, sagt Jana Lammert. Seit August bietet die Praxis außerdem dienstags und freitags eine offene Sprechstunde an.

Von Beginn der Schwangerschaft an kann die Schwangerenvorsorge bei der Hebamme allein oder im Wechsel mit der ärztlichen Vorsorge in Anspruch genommen werden. Weitere Infos und Kontakt: isis-hebammen.de