Bochum. Dirk Kamperhoff führt den Bochumer Familienbetrieb in vierter Generation. Ein Knochenjob. Doch zum 125. Jubiläum scheint die Nachfolge gesichert.
Für Dirk Kamperhoff aus Bochum-Wiemelhausen waren die vergangenen Tage ganz besondere. Ziemlich genau vor 125 Jahren wurde die gleichnamige Fleischerei gegründet, die er in vierter Generation weiterführt. Ein Knochenjob, der viele Entbehrungen mit sich bringt. Und doch übt Kamperhoff ihn mit Leidenschaft und Hingabe aus. „Für mich gab es von Anfang an nur diesen Weg“, sagt der 56-Jährige, der sich in jüngster Zeit einen Namen mit der Kreation von Mett-Berlinern gemacht hat.
Fleischer aus Bochum seit 20 Jahren ohne Urlaub: „Aber ich liebe den Job“
Hatten seine Vorgänger mit den Auswirkungen von zwei Weltkriegen und der Weltwirtschaftskrise zu kämpfen, steht Dirk Kamperhoff in seiner Zeit als Chef vor ganz anderen Problemen. 2004 schloss er den einzigen Laden am Firmensitz Universitätsstraße 87 in Wiemelhausen, seither ist die dort auf einem Hinterhof beheimatete Fleischerei ausschließlich auf den Märkten in Bochum und Umgebung präsent. „Früher gab es hier in der Nachbarschaft vier Metzgereien, drei Bäcker und viel mehr Wohnraum gegenüber.“ Im Wandel der Zeit sei der Umsatz zu stark zurückgegangen. Daher die Neuausrichtung gen Wochenmarkt.
Auch dort erkennt Kamperhoff eine Änderung des Kaufverhaltens. Es sei schon spürbar, dass immer mehr Menschen auf Fleisch verzichten – ob aus ideologischen, gesundheitlichen oder finanziellen Gründen. Zu 80 Prozent habe er Stammkundschaft. „Und die achtet schon auf Qualität und zahlt auch gerne etwas mehr für ein gutes Stück Fleisch.“ Die Älteren wählten eher Blutwurst und Panhas, die Jüngeren seien mehr die Griller und würden viel ausprobieren.
„Wir essen natürlich auch Salat, aber eben zum Steak.“
Viele blieben halt auch ganz weg, weil sie jetzt Veganer oder Vegetarier sind. „Der Trend ist schon bemerkbar“, sagt Kamperhoff, in seiner Familie allerdings nicht. „Wir essen natürlich auch Salat, aber eben zum Steak.“
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Die Arbeit als Fleischer habe sich im Laufe der Jahrzehnte sehr verändert. „Sie ist schon leichter geworden und nicht mehr so körperlich durch den Einsatz von Maschinen. Aber es ist bleibt ein harter Job. Das Fleisch müssen wir immer noch selbst vom Knochen lösen.“ Im Sommer seien es schon mal 40 Grad in der Fleischerei, im Winter schlauche die Kälte. „Ich habe auch schon bei minus 20 Grad in Weitmar auf dem Markt gestanden. Da konnte man keine Wurst mehr schneiden.“
Auch um seine Arbeitszeiten ist Kamperhoff nicht zu beneiden. „Ich stehe von montags bis samstags um 2 Uhr auf, belade die Anhänger, fahre zu den Märkten und baue auf. Von 6 bis mittags geht es dann an die Produktion, ehe ich die Anhänger wieder einsammle. Und anschließend muss ich ins Büro, Bestellungen annehmen und auf den Weg bringen.“ Spätestens um 20.30 Uhr gehe es dann ins Bett.
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Auch an Urlaub sei kaum zu denken. „Dann steht ja die ganze Produktion still, doch die Kosten laufen weiter.“ 20 Jahre hat Kamperhoff deshalb auf Urlaub verzichtet. Erst in diesem Jahr war er mit seiner Frau Lara-Joy, die im Familienbetrieb mitarbeitet, für eine Woche auf Mallorca. Der Tod seines Vaters vor zwei Jahren habe ihm ein wenig die Augen geöffnet. „Da denkt man dann schon mal darüber nach, dass man sein ganzes Leben lang nur Bochum und Umgebung sieht...“
Doch Dirk Kamperhoff nimmt all die Strapazen gerne auf sich. „Ich liebe den Job halt, sonst würde ich das nicht machen.“ Ein Bürojob sei nichts für ihn. „Ich wollte immer etwas selbst erschaffen und muss am Ende eines Arbeitstages den Erfolg sehen.“ Glücklich macht ihn, dass eines seiner fünf Kinder vielleicht in die Fußstapfen des Papas treten wird. Sohn Joel, „Kind Nummer vier“, wie Kamperhoff sagt, hat am 1. August seine Lehre im Familienbetrieb begonnen. Gut möglich also, dass die Fleischerei Kamperhoff 2049 in fünfter Generation das 150-jährige Bestehen feiern wird.
Erster Firmensitz war in Witten
Die Fleischerei Kamperhoff wurde am 29. September 1899 von Wilhelm Kamperhoff gegründet. Bis zum Ersten Weltkrieg befand sich der Firmensitz in Witten. Nachdem der Betrieb ausgebombt wurde, zog es den Gründer nach Bochum an die Wiemelhauser Straße (heute Universitätsstraße). Dort überstand man zunächst die Weltwirtschaftskrise. Nach dem Zweiten Weltkrieg stand aber erneut der Wiederaufbau an.
Seit Mitte der 70er Jahre steht die Fleischerei Kamperhoff auch auf Wochenmärkten, inzwischen auf zwei bis drei an jedem Wochentag in Bochum, Hattingen und Herne. Dirk Kamperhoff übernahm den Familienbetrieb 1990 in vierter Generation.