Bochum. Viele Besucherinnen und Besucher des Schauspielhauses Bochum kommen mit dem Auto angereist. Damit sich das ändert, werden nun die Tickets teurer.
Wer zum Heimspiel des VfL ins Ruhrstadion möchte, nimmt dafür gern die Bahn. Das spart die nervige Parkplatzsuche, schont die Umwelt – und der Fahrpreis ist im Ticketpreis praktischerweise bereits enthalten. Ganz anders sieht das im Schauspielhaus und bei den Symphonikern aus: Hier reisen weiterhin viele mit dem Auto an, die Fahrt mit dem ÖPNV kostet extra. Doch warum?
Schauspielhaus Bochum: SPD und Grüne wollen Kulturticket einführen
Das dachten sich wohl auch die Fraktionen von SPD und Grüne und wollen jetzt einer schon etwas älteren Idee neuen Antrieb geben. Mit dem Kulturticket soll es bald möglich sein, die Aufführungen im Schauspielhaus, Musikforum und Planetarium zu besuchen, ohne dafür ein eigenes Bus- und Bahnticket lösen zu müssen. Die Eintrittskarte gilt gleichzeitig als Fahrkarte der Bogestra (Preisstufe B).
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Das Ziel dahinter liegt auf der Hand: „Im Sinne der Nachhaltigkeit ist das ein großer Schritt“, sagt Sonja Gräf, kulturpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion. „So bietet sich eine niederschwellige Möglichkeit, auf dem Weg ins Theater oder ins Konzert das Auto mal stehen zu lassen.“ Andere Städte in der Umgebung hätten damit gute Erfahrungen gemacht: „Als Kulturstadt Bochum müssen wir das leisten können.“
Kulturticket ist nicht umsonst: Kleiner Betrag wird fällig
Ganz umsonst ist das Kulturticket allerdings nicht: 60 Cent sollen dafür künftig pro Karte auf den Eintrittspreis im Schauspielhaus, bei den Symphonikern und im Planetarium aufgeschlagen werden – ganz egal, ob man sein Ticket nun als Fahrkarte nutzt oder nicht. Dies hat die Stadtverwaltung errechnet.
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Bei rund 518.000 Zuschauern, die die drei großen Kultureinrichtungen in der letzten Spielzeit besuchten, seien dies Kosten von 305.588 Euro, die pro Jahr an die Bogestra zu entrichten sind. „Die Institutionen werden die Kosten nicht selbst aus ihren Etats stemmen können“, so die Verwaltung. „Die Mittel müssen daher auf die Eintrittspreise umgelegt werden.“
Vieles ist allerdings noch unklar: etwa, wann das Kulturticket eingeführt werden könnte. Nachdem sich der Kulturausschuss in seiner letzten Sitzung mit großer Mehrheit (die CDU nahm an der Abstimmung nicht teil) für eine Einführung ausgesprochen hatte, entscheidet am 10. Oktober der Rat. „Bekommt der Vorschlag eine Mehrheit, könnte es schon im nächsten Jahr losgehen“, hofft Sonja Gräf.
Lohnt sich das Kulturticket dauerhaft? Testphase soll Klarheit schaffen
Unklar ist auch, wie viele Menschen das Kulturticket überhaupt nutzen wollen. Innerhalb eines Jahres, so die Verwaltung, solle herausgefunden werden, wie erfolgreich das Ticket ist und ob sich eine dauerhafte Einführung lohnen könnte. Mit Preisstufe B wäre es auch möglich, aus Nachbarstädten mit Bus und Bahn in Bochum ins Theater oder ins Konzert zu fahren.
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Allerdings besitzen viele Menschen bereits ähnliche Monats- oder Jahreskarten wie das Deutschlandticket, Bärenticket oder ein Studententicket, mit denen sie jetzt schon freie Fahrt zu kulturellen Einrichtungen haben. Fürs Kulturticket zahlen sie also drauf. „Hier gilt das Solidaritätsprinzip“, meint Sonja Gräf. „Der Fahrpreis wird auf alle Tickets aufgeschlagen. Daher liegt der Aufpreis bei lediglich 60 Cent.“
„Gerade bei Vorstellungen, die bis in die späten Abendstunden dauern, steigen viele danach nur ungern in die Bahn.“
Ob die Einführung des Kulturtickets funktionieren könnte, zeigt ein Blick in die Nachbarstadt. Im Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen gibt es ein ähnliches Kombiticket bereits seit vielen Jahren. Hier bezahlen die Besucher mit ihrer Eintrittskarte stets den ÖPNV, die Garderobe und das Programmheft.
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„Es gibt viele, die das im Sinne der Nachhaltigkeit sehr gut finden“, sagt Sprecher Honke Rambow. Signifikant geleert habe sich der Parkplatz neben dem Musiktheater deswegen aber nicht: „Gerade bei Vorstellungen, die bis in die späten Abendstunden dauern, steigen viele danach nur ungern in die Bahn. Dies betrifft vor allem die älteren Zuschauer.“ Bei Matineen im Mittags- und Nachmittagsbereich funktioniere das Kombiticket hingegen deutlich besser.
Stimmen zum Kulturticket
Die mögliche Einführung des Kulturtickets beschäftigt auch die großen Bochumer Kultureinrichtungen: „Das Thema Nachhaltigkeit spielt für das Schauspielhaus Bochum eine übergeordnete Rolle, und das Kulturticket kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten“, sagt Verwaltungsdirektor Stephan Wasenauer. „Wir sind gespannt auf die Resonanz des Publikums und hoffen, dass unsere Besucherinnen und Besucher dadurch tatsächlich häufiger auf Bus und Bahn umsteigen.“
„Es wird spannend sein, im Laufe der Testphase zu sehen, ob und wie häufig unsere Gäste das Angebot nutzen“, sagt Christiane Peters, Sprecherin der Bochumer Symphoniker. „In jedem Fall werden wir bei den notwendigen Preiserhöhungen durch das Kulturticket darauf achten, dass ermäßigte und preisbewusste Karten preisstabil bleiben können.“