Bochum. Ivaylo (10) ist Schüler eines Bochumer Gymnasiums und sitzt im Rollstuhl. Die Turnhalle ist nicht barrierefrei. Nun hilft eine kreative Lösung.
Seit Beginn des Schuljahres besucht Ivaylo das Heinrich-von-Kleist-Gymnasium in Bochum. Er geht in die Klasse 5d, hat sich gemeinsam mit seinen Mitschülern schon gut in der neuen Schule eingelebt. Der Zehnjährige sitzt im Rollstuhl, besucht deshalb die Schule in Gerthe, weil sie barrierefrei ist, anders als die Gymnasien in seiner Heimatstadt Castrop-Rauxel. Für Probleme hat im Alltag allerdings der Zugang zur Turnhalle gesorgt, zumindest bis Anfang dieser Woche.
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Sowohl am Eingang für die Sportlerinnen und Sportler als auch dort, wo es direkt zur Tribüne geht, befindet sich eine Stufe, die mit dem Rollstuhl nicht zu überwinden ist. „Bisher musste der Zugang über einen Notausgang auf Seiten der Feuerwehr erfolgen“, erklärt Schulleiter Michael Braß. Keine Dauerlösung. Die Stadt Bochum plane den möglichen Einbau einer Rampe, dann auch in Verbindung mit einer entsprechenden Toilettenanlage. „Aber so lange können wir natürlich nicht auf eine Fertigstellung warten“, sagt Braß.
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5d baut Lego-Rampe: Nun fährt Ivaylo selbst in die Turnhalle
Und so wuchs an der Schule eine Idee, die schnell umgesetzt wurde. Im Sportunterricht haben die Schülerinnen und Schüler am 16. September die Lego-Rampen gebaut, mit Hilfe des Bochumer Vereins „Bunte Steine“ und unterstützt durch Bochum-Fond und Förderverein. Vier Rampen sind dabei entstanden, zwei für jeden Eingang. Sie können bei Bedarf so platziert werden, dass Rollstühle unterschiedlicher Breite die Stufe überwinden können.
„Wir haben uns in Gruppen aufgeteilt und jede Gruppe hat eine Rampe gebaut. Dabei waren drei Experten, die uns erklärt haben, wie das geht“, berichtet Schülerin Elisa. „Man musste dabei zum Beispiel beachten, wie man den Kleber verteilt, damit keine Steine abfallen.“
So lief die erste Fahrt über die Lego-Rampe
Zu den Experten gehörte Christian Blum, Ehrenamtler bei den Bunten Steinen. Es sind die ersten Rampen, die der Verein gebaut hat. Er ergänzt: „Wichtig ist der Schaumstoff an der Unterseite, damit die Rampe nicht verrutschen kann und dass die Steine im Wechsel aufeinander liegen.“ Das sorge für Stabilität.
Rund zwei Wochen nach dem Bau, die 5d ist zurück von ihrer ersten Klassenfahrt und der Kleber getrocknet, kommen zwei der bunten, dreieckigen Rampen erstmalig zum Einsatz. „Ich fahre allein“, sagt Ivalyo und steuert ohne Scheu vorwärts auf die Stufe zu. Doch: Die Steigung scheint zu steil, so ist die Stufe für den Jungen im mehr als 200 Kilogramm schweren Rollstuhl nicht zu überwinden. Klappt es vielleicht rückwärts?
„Ich finde es sehr gut, dass es jetzt die Rampen geht. So können Schüler mit Behinderung auch ohne Barrieren in die Turnhalle.“
Erleichterung im Alltag – auch für Bochumer Sportverein
Ivalyo lenkt, dreht und gibt erneut Gas. Und tatsächlich, so kann er die Stufe überwinden – zur großen Freude von Mitschülern, Lehrkräften und den anderen Menschen, die zur Einweihung der Rampen gekommen sind. „Ich dachte, dass ich vorwärts reinfahre. Aber so ist es auch okay“, resümiert der Zehnjährige. Mitschüler Nevio sagt: „Ich finde es sehr gut, dass es jetzt die Rampen geht. So können Schüler mit Behinderung auch ohne Barrieren in die Turnhalle.“
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„Das wird eine Erleichterung im Alltag sein“, meint Sportlehrer Blagoja Liedtke. Und nicht nur die Schulen am Schulzentrum Gerthe profitieren von den Rampen, sondern auch der TV Gerthe 1911. Seit dieser Saison spielt die erste Herrenmannschaft in der zweiten Regionalliga, spätestens jetzt kommen viele Menschen zu den Spielen. „Rund 400 Zuschauer“, sagt Ulrich Boehner aus dem Vorstand.