Bochum-Innenstadt. Bochum war einmal der Nabel der Punk-Welt. In den 80er und 90er Jahren waren viele Stars hier. Tom Roter fotografierte im Bühnengraben.

Es gab mal eine Zeit, da war Bochum der Nabel der Punk-Welt. The Fall, Chelsea, Einstürzende Neubauten und die ganz jungen Toten Hosen: In den 80er und 90er Jahren waren sie alle hier. Clubs wie die Zeche und der Zwischenfall in Langendreer waren für Rock- und Punk-Fans aus dem ganzen Ruhrgebiet heißbegehrte Szene-Läden. Ganz vorn mit dabei: der Bochumer Fotograf Tom Roter.

Mit der Nikon F4 vorn im Bühnengraben

Mit seiner Nikon F4 stand er damals meist im Graben vor der Bühne oder im ohrenbetäubenden Krach direkt vor den Lautsprechern und fotografierte die angesagten Bands aus nächster Nähe. Die Fotos, die dabei entstanden sind, erzählen von wilden Nächten in einer völlig losgelösten Zeit. Unter dem Titel „Memories“ sind sie ab Freitag, 4. Oktober, um 19 Uhr gemeinsam mit Schwarz-Weiß-Aufnahmen von Peter Hartinger und Armin Wonner in der Sold-Out-Gallery an der Königsallee 16 zu sehen.

„Das waren schon coole Jahre damals“, erinnert sich Tom Roter. „Wir waren jung, das Benzin war günstig, also sind wir zu den Konzerten einfach hingefahren.“ Zwischen Bochum, Essen, Düsseldorf, Köln und Kassel war Roter unentwegt bei Auftritten von Bands dabei, die heute längst Kultstatus genießen. Etwa die Ramones, die Roter dreimal sah, Monster Magnet und Fishbone.

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Als Iggy Pop den Mikroständer über die Bühne warf

Sein Vorteil: Tom Roter arbeitete schon früh für Magazine wie Marabo und Coolibri und Musikzeitschriften wie Spex. Auch für die WAZ war er zwei Jahre lang als freier Mitarbeiter im Einsatz. „Wenn ich dann mit der Kamera zu den Konzerten kam, haben sie mich meistens schon einfach so reingelassen, ganz ohne Presseakkreditierung“, erzählt er.

„Mein Ohrenarzt hat mich für verrückt erklärt.“

Fotograf Peter Hartinger über seinen ungewöhnlichen Job: Er fotografierte Punkkonzerte.

Im Bühnengraben direkt vor der ersten Zuschauerreihe hatte der heute 60-Jährige dann die Chance, den Helden dort oben mit seiner Kamera ganz nah zu kommen. „Der technische Aufwand war minimal“, sagt er. „Ich habe nie Blitzlicht verwendet. Alles sollte so rau und ungeschminkt wie möglich wirken.“ Oft war sein Platz auch seitlich direkt vor den Boxen: „Danach hatte ich tagelang ein Fiepen in den Ohren.“

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Nicht immer war dieser Job die reine Freude. Lebhaft erinnert er sich an ein Konzert von Iggy Pop im Kölner Tanzbrunnen. „Als Iggy über die Bühne tobte, warf er plötzlich den Mikroständer in meine Richtung. Meine Kamera konnte ich gerade noch retten.“

Konzertfotos etwa von den Ramones sind in der Bochumer Ausstellung zu sehen..
Konzertfotos etwa von den Ramones sind in der Bochumer Ausstellung zu sehen.. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Die meisten Aufnahmen, die er dabei schoss, landeten als Diafilme gut verstaut in großen Kisten. Für die Ausstellung in der Sold-Out-Gallery kramte er sie wieder hervor: „Das hat schon Spaß gemacht, in Erinnerungen zu schwelgen“, so Roter. Nach seiner Karriere als Popfotograf leitete er über viele Jahre einen Verlag für Gruß- und Ansichtskarten und widmete sich später der Malerei. Natürlich sind es meistens Rockstars wie David Bowie und Amy Winehouse, die er dabei malt.

Herausgeber einer kleinen Musikzeitschrift

Daneben zeigt die Ausstellung etwa 20 Schwarz-Weiß-Aufnahmen des Duisburger Fotografen Peter Hartinger, die zwischen 1983 und 1986 vornehmlich in Bochum entstanden sind. Hartinger war damals Mitherausgeber einer kleinen Musikzeitschrift namens Pop-Noise und war ebenso wie Tom Roter ganz begeistert von den Stars der Punk-Szene jener Dekade.

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Die Technik war abenteuerlich: „Ich hatte eine kleine Minox, die man auseinander klappen konnte wie eine Zigarettenschachtel.“ Von Sonic Youth bis zu Siouxsie and the Banshees: Hartinger drückte fleißig auf den Auslöser. Oft mit unangenehmen Folgen: „Nach einem Konzert der australischen Punk-Band The Celibate Rifles in Köln habe ich drei Tage nur noch ein Rauschen gehört“, erzählt er. „Mein Ohrenarzt hat mich für verrückt erklärt.“

Ausstellung bis Ende Oktober zu sehen

Die Ausstellung „Memories“ wird am Freitag, 4. Oktober, von 19 bis 22 Uhr in der Sold-Out-Gallery, Königsallee 16, eröffnet. Zu sehen bis Ende Oktober: Montag bis Donnerstag von 14 bis 19 Uhr, Freitag von 13.30 bis 19 Uhr, Samstag von 11.30 bis 16 Uhr. Eintritt frei.

Unter dem Titel „Der Lärm der Nacht“ haben Peter Hartinger und Armin Wonner ein Buch mit zahlreichen Abbildungen aus der Post-Punk-Ära veröffentlicht, das in der Ausstellung erhältlich ist (136 Seiten, 22 Euro).

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