Bochum. In Dahlhausen sollten 64 Häuser gebaut werden. Wegen Überflutungsgefahr platzten die Pläne. Das kann Folgen für zukünftige Bauvorhaben haben.
Jetzt wissen auch die Bochumerinnen und Bochumer Bescheid: Die 64 geplanten Einfamilien-, Reihen- und Doppelhäuser in Bochum-Dahlhausen werden nicht gebaut. Kurz bevor die WAZ online berichtete, bat Bezirksbürgermeister Marc Gräf (SPD) die unmittelbaren Anwohner zu einer persönlichen Sprechstunde. „Ich hatte das Gefühl, dass sich große Erleichterung breit gemacht hat“, sagt Gräf.
Zum Hintergrund: Am Ruhrort sollte nördlich der Dr.-C.-Otto-Straße ein Neubaugebiet errichtet werden. Nach der Flut im Juli 2021 hat die Stadt die Pläne noch einmal überdacht und ist nach einem Gutachten davon abgerückt. Der Grund: „Wir bekommen vor Ort die Entwässerungssituation nicht in den Griff“, sagt Stadtbaurat Markus Bradtke. Zu groß sei das Risiko, dass eine Flut wie vor drei Jahren passiert.
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Im Juli 2021 ist alles zusammengekommen: Die Ruhr hatte Hochwasser wegen langanhaltenden Regens, hinzu kam Starkregen. Nur Hochwasser ohne Starkregen sei kein Problem, auch Starkregen allein hätten sie in den Griff bekommen, sagt Bradtke: „Erst die Kumulation der Ereignisse und die Analyse, was da ganz genau passiert ist und wieso, das hat bei uns zum Umdenken geführt.“
Sprechstunde mit Bochumer Bezirksbürgermeister: „Besondere Drucksituation“
Die persönliche Sprechstunde sei bei den Bürgern gut angekommen, sagt Gräf. Circa 55 Anwohner seien vor Ort gewesen. Gleichzeitig gibt er zu: „Das war nach dem Hochwasserereignis eine besondere Drucksituation für alle Beteiligten“. Viele hätten darauf gewartet Antworten zu bekommen, ob am Ruhrort gebaut werden kann oder nicht.
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Auch Stadtbaurat Markus Bradtke ist überzeugt, dass sie die richtige Entscheidung getroffen haben. „Wir haben es spät erkannt, aber wir haben es erkannt und die richtigen Schlüsse daraus gezogen“, sagt er: „Wir beharren nicht auf einem Konstrukt, das nicht durchsetzbar ist.“
Gekipptes Bauvorhaben aus Auswirkung auf zukünftige Neubauten
Gleichzeitig hätten sie Nebenerkenntnisse aus dem Vorgang gewinnen können. Die schwierige Entwässerungslage in Dahlhausen sei nicht unbekannt, sagt Bradtke: „Aus heutiger Sicht muss man sagen, dass wir vielleicht seit Generationen Grundstücke gebaut, bei denen man jetzt weiß, dass sie mit der heutigen Regensituation nicht zurechtkommen.“ Das könne auch Folgen für zukünftige Bauvorhaben haben.
Punktuell seien An- oder Neubauten sowie Abbrüche vermutlich kein Problem. „Es sei denn, wir können ganz konkret kausal sagen, an der Stelle ist derjenige dann der, der das Fass zum Überlaufen bringt“, so der Stadtbaurat. Er könne sich nicht vorstellen, dass in vergleichbaren Lagen große Neubaugebiete in Zukunft geplant werden, ohne die Entwässerung genau zu betrachten. „Ich sehe in Dahlhausen momentan kein Potenzial für größere Bauvorhaben.“
+++Was macht die WAZ Bochum eigentlich bei Instagram? Die Redakteurinnen Inga Bartsch und Carolin Muhlberg geben im Video einen Einblick.+++
Aber auch die Eigentümer selbst würden in der Verantwortung stehen, ihre Häuser zu schützen, meint Bradtke. Als Beispiele nennt er Rückstauklappen im Kanal, eine sogenannte weiße Wanne, der Verzicht auf einen Keller oder die Hochlegung von Stromleitungen. Für eine unabhängige Beratung der Bürger habe die Stadt fünf ausgebildete Starkregenberater. „Wir tun, was wir können, aber private Menschen müssen auch etwas tun“, sagt Bradtke.
Nutzer in sozialen Medien erleichtert
Schon vor der Flut haben die Anwohner gewarnt. Zunächst wegen der Zerstörung der Natur – sie hatten in Grabeland-Parzellen Obst und Gemüse angepflanzt. Sie mahnten allerdings auch schon früh die Überflutungsgefahr in dem Gebiet an. Sie dürften zufrieden sein, dass das Bauvorhaben gestoppt wurde.
Auf Instagram zeigten sich die Nutzerinnen und Nutzer erleichtert. „Zum Glück“, schreibt ein Nutzer auf die Frage, wie der Stopp der Neubaupläne empfunden wird. Eine weitere Nutzerin schreibt bei der Umfrage auf der Instagram-Seite der WAZ Bochum: „Vernünftig.“ Stadtbaurat Markus Bradtke fasst zusammen: „Es ist die Aufgabe für die Zukunft, die Modelle weiterzurechnen, dass wir in Dahlhausen an der einen oder anderen Stelle zu einer Verbesserung kommen.“