Bochum. Die Deutschkenntnisse vieler i-Dötzchen in Bochum sind zu schlecht. Kinderärztin Susanne Schmiegel-Gowin hat eine Erklärung – und Lösungsansätze.
Jedes sechste Kind, das in diesem Jahr in Bochum eingeschult worden ist, spricht kein oder zu schlechtes Deutsch. Das geht aus Zahlen hervor, die die Stadt auf Anfrage der WAZ genannt hat. Es handelt sich um ein Problem, das auch die Kinderärztinnen und -ärzte in Bochum tagtäglich beschäftigt.
Darauf macht Susanne Schmiegel-Gowin (67) aufmerksam. Sie arbeitet seit über 30 Jahren als Kinderärztin in Bochum und schildert: „Durch zunehmende Bildschirmzeit werden die Deutschkenntnisse schlechter.“ Denn wenn Menschen vor dem Bildschirm sitzen, dann würden sie verstummen – egal ob es vor dem Laptop, dem Handy, der Spielekonsole oder dem Fernseher ist. „Die Kinder sind alle stumm, wenn sie davor sitzen und nicht ins Gespräch kommen.“ Es sei wichtig, mit dem Kindern zu sprechen oder mit ihnen zu singen – und das Handy wegzulegen.
Kinder sprechen schlechteres Deutsch – Muttersprachler und die mit Migrationshintergrund
Immer mehr Kinder, deren Muttersprache Deutsch ist, sprechen zum einen schlechtes Deutsch. Zum anderen seien aber gerade Kinder mit Migrationshintergrund betroffen. Das nehme Schmiegel-Gowin wahr, genauso wie Kolleginnen und Kollegen, mit denen sie sich zu dem Thema ausgetauscht hat.
„Viele dieser Kinder sind mit vier oder fünf Jahren noch nicht im Kindergarten“, schildert sie. Man müsse sich dafür einsetzen, dass das viel früher passiert. „Daran wäre uns Kinderärzten sehr gelegen. Das Problem ist hausgemacht“, sagt die Ärztin. Klappe es mit dem Kindergartenplatz nicht, müssten die Kinder, die bisher kein Deutsch sprechen, die Sprache zumindest in Kursen lernen. Hinzu komme, dass in Einrichtungen, in die viele Kinder mit arabischen Wurzeln gehen, häufig auch im Alltag deren Muttersprache gesprochen wird. Das sei problematisch im Hinblick auf das Erlernen der deutschen Sprache.
+++Was macht die WAZ Bochum eigentlich bei Instagram? Die Redakteurinnen Inga Bartsch und Carolin Muhlberg geben im Video einen Einblick.+++
Kinder können Rückstände in der Schule aufholen
Deutlich macht die Kinderärztin: „Ein Kind wegen eines sprachlichen Defizits von der Schule zurückzustellen, ist nicht der geeignete Weg.“ Das mache die Situation in den Kitas, wo es ohnehin zu wenige Plätze gibt, einerseits prekärer. Andererseits würde dem Kind so auch verwehrt, die Sprachrückstände so wieder aufzuholen.