Bochum-Langendreer. Die Stadt Bochum startet den Bau eines neuen Kindergartens. Das wird viele Eltern von Kleinkindern freuen. Doch im Umfeld gibt es auch Kritik.
Seit ein paar Tagen steht ein dicker Bagger auf dem Grünstreifen an der Straße Hohe Eiche in Bochum-Langendreer, direkt gegenüber vom Sportplatz vom BV Langendreer 07. Mit Holzpinnen wurde ein Rasenstück abgesteckt. Für die Anwohner ist damit klar: Bald geht es hier los. In ihrer Nachbarschaft wird eine neue Kita gebaut. Was viele Eltern mit Kleinkindern erfreut, stößt bei den Anliegern auf Kritik.
„Was denn noch?“ Kita-Neubau in Bochum macht nicht alle froh
Dabei geht es gar nicht um den geplanten Kindergarten. Dagegen habe man je generell nichts. Doch ausgerechnet an dieser Stelle? Die Anwohner Beata Galijasevic, Alina Superson, Ingrid Wegner sowie Katrin und Julian Minkus haben am Standort so ihre Zweifel. „Wir haben schon eine Grundschule, den Sportplatz, die S-Bahn-Strecke, das Figurentheater-Kolleg, jetzt bald die Kita – was denn noch? Fehlt nur noch ein Flughafen, dann haben wir hier alles.“
„Wie soll das erst werden, wenn auch die Rasenfläche bebaut wird?“
Aus Sicht der Anwohner sei die Straße jetzt schon verkehrlich überlastet. „Gerade an den Wochenenden und zu Trainingszeiten der Fußballer ist hier alles zugeparkt. Und künftig kommen dann noch die Eltern hinzu, die ihre Kinder bringen und abholen“, meint Katrin Minkus. „Von der zusätzlichen Geräuschkulisse ganz zu schweigen.“
Aber auch Umweltaspekte werden vorgebracht. „Der Grünstreifen ist eine wichtige Versickerungsfläche bei Starkregen, die jetzt schon nicht ausreicht“, sagen die Anwohner und zeigen Fotos von überfluteten Garagenhöfen und Kellern. „Wie soll das erst werden, wenn auch die Rasenfläche bebaut wird?“ Zudem habe man gehört, dass die Baufläche kontaminiert sei.
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Von Stadt und Politik fühle man sich „nicht gehört“. Die „ganze Straße“ habe 2019 unterschrieben, um dieses „Kleinstbiotop“ vor dem Bagger zu retten. Vergeblich. Im Rat der Stadt Bochum wurde der Kita-Neubau am 26. August 2021 beschlossen. In zwei Schritten (Dezember 2023 und Juli 2024) sei dann die Baugenehmigung erteilt worden, heißt es auf WAZ-Anfrage aus dem Rathaus.
Stadt Bochum: Machbarkeitsstudie gab Ausschlag für Kita-Standort
Im Vorfeld war laut Stadt für den Standort an der Hohe Eiche 41 eine Machbarkeitsstudie und darauf aufbauend eine Bauvoranfrage erstellt worden. Beides habe den Ausschlag für den Standort gegeben. Es sei u.a. geprüft worden, „ob das gewünschte Raumprogramm, die vorgesehene Lösung und die zugehörigen Freiflächen verträglich zu Standort und Baugrundstück sind“. Es seien auch andere Standorte für Kitas untersucht worden. An der Hohen Eiche gebe es aber einen hohen Bedarf, weil im Umfeld viele Familien mit Kindern leben, so van Dyk. „Im September 2021 wurde ein positiver Bauvorbescheid erteilt“, erklärt Stadtsprecher Peter van Dyk.
75 neue Kita-Plätze in Bochum-Langendreer – auch für U3-Kinder
Die Kita soll zweigeschossig sein, ein begrüntes Flachdach haben und Platz für vier Gruppen bieten. Auch 16 Kinder unter drei Jahren werden hier betreut. Insgesamt sollen 75 neue Kita-Plätze geschaffen werden.
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Bauherr ist das Jugendamt, die Projektsteuerung übernehmen die Zentralen Dienste der Stadt Bochum. Mit dem Bau wurde ein Totalübernehmer beauftragt. Betreiber der Kita wird der Jugendhilfeträger Plan B Ruhr e. V. aus Bochum. Die Vergabe erfolgte laut Stadt durch ein Interessenbekundungsverfahren. In einem Jahr, zum 1. August 2025, will Plan B an den Start gehen.
Das Thema Starkregen haben man beleuchtet, versichert die Verwaltung, alle Vorgaben seien eingehalten worden. Auf dem Kita-Grundstück werde das Regenwasser in einer Rückhaltung gesammelt und gedrosselt in den Kanal geleitet – wie vorgeschrieben. Laut Starkregengefahrenkarte lägen aber keine Überflutungsprobleme vor.
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Für viel Lärm werde die neue Kita nicht sorgen, so die Stadt. Der Außenbereich des Kindergartens sei bewusst entgegengesetzt zu den Wohnhäusern angelegt worden. Geräuschkulisse von Kitas sei im Regelfall allerdings auch „keine schädliche Umwelteinwirkung“.
Gift im Untergrund des Kita-Grundstücks: Stadt Bochum lässt Boden austauschen
Das sieht beim Boden anders aus. „Im Vorfeld der Ausschreibung zur Baumaßnahme wurden Bodenproben entnommen und chemisch analysiert“, erklärt Stadtsprecher van Dyk. Es seien „geringfügig erhöhte Stoffkonzentrationen“ gefunden worden, bei denen es sich „um organische Schadstoffe in Form von polyzyklisch aromatischen Kohlenwasserstoffen“. Diese gelten als krebserregend und in der Natur nur schwer abgebaut. Deshalb „erfolgt auf dem Kita-Grundstück ein oberflächennaher Bodenaustausch“, so van Dyk.
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Dieser Bodenaustausch werde von externen Sachverständigen überwacht und dokumentiert. „Im Zuge der Baumaßnahme werden die Böden in Stärken bis zu 60 Zentimeter unter Geländeoberkante abgetragen und mit unbelasteten Böden ersetzt, um den Vorgaben der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung hinsichtlich der Nutzung des Standortes als Kita gerecht zu werden.“
Parkplätze würden auf dem Kita-Grundstück errichtet: sieben für Pkw und acht für Fahrräder.
Bezirksbürgermeister zu Kita-Neubau in Bochum: „Situation darf sich nicht verschlechtern“
In der Bezirksvertretung habe man auch über den Kita-Anbau gesprochen, nachdem die Anwohner das Gremium im Januar 2022 angeschrieben hätten, sagt Bezirksbürgermeister Dirk Meyer (SPD). Allerdings nur intern, „denn Bauanträge werden bei uns nicht politisch beraten, sondern nach Recht und Gesetz beschieden“. Man habe die Anwohner gebeten, eine offizielle Eingabe zu machen, um das Thema so auf die Tagesordnung zu bekommen. „Da kam dann aber nichts mehr“, so Meyer, für den die Angelegenheit damit aber nicht vom Tisch ist. „Wir werden uns die aktuelle Planung nochmal vorlegen lassen und auch ein weiteres Mal das Gespräch mit den Anwohnern suchen.“ Wichtig sei aus seiner Sicht, dass man vor Ort „nichts verschlechtert“.
Mehr als zehn Jahre Erfahrung
Plan B hat nach eigenen Angaben mehr als zehn Jahre Erfahrung im Betrieb von Kitas. „Aktuell betreiben wir drei in Herne, dazu eine Brückeneinrichtung für Kinder aus Flüchtlingsfamilien und in besonderen Lebenslagen, die noch keinen Kitaplatz haben, in Essen“, sagt Sprecher Georg Stankiewicz auf WAZ-Anfrage. In Langendreer, dem Gründungsort des Vereins, habe Plan B bis Ende 2023 „ebenfalls eine solche Brückeneinrichtung an der Wittenbergstraße betrieben, bis sie wegen wegfallender Finanzierung aufgelöst werden musste, sodass wir den Sozialraum in Langendreer und die Familien dort kennen“.
Neben Kitas gehören interkulturelle ambulante und stationäre Erziehungshilfen für Kinder, Jugendliche und minderjährige Geflüchtete, Migrations- und Integrationsarbeit, Pflegefamilien sowie Trainings und Seminare im Bereich Bildung und Prävention zu den Angeboten von Plan B. „In Bochum sind wir mit einer Wohngruppe und dem sozialpädagogisch betreuten Wohnen präsent, außerdem mit den ambulanten Erziehungshilfen und übergreifenden Angeboten“, so Stankiewicz.
Die neue Kita an der Hohen Eiche werde in einem teiloffenen Konzept betrieben, das heißt, die Kinder nehmen auch an gruppenübergreifenden Angeboten teil.