Bochum. Zu 86 Prozent erreichen Rettungswagen ihr Ziel in spätestens acht Minuten. Das ist in NRW ein guter Wert. Die Zeit soll aber noch besser werden.

In Bochum sind die Feuerwehr und der Rettungsdienst im Vergleich zu vielen anderen Städten relativ schnell unterwegs. Wie Feuerwehrchef Simon Heußen auf WAZ-Anfrage sagte, würden die Einsatzfahrzeuge in 86 Prozent aller Fälle spätestens acht Minuten nach dem Notruf am Ziel sein. Dieses zeitliche Schutzziel ist im Rettungsdienstbedarfsplan definiert.

Überlebenschance bei Herz-Kreislauf-Stillstand in den ersten acht Minuten deutlich besser

Diese hohe Prozentzahl können Rettungsdienste in vielen anderen Kommunen nicht vorweisen. Laut einer Datenabfrage des Südwestrundfunks (SWR) unter allen Rettungsbereichen in Deutschland werden in NRW die acht Minuten häufig überschritten. Nur elf von 54 Rettungsbereichen gaben demnach an, dass in mehr als 80 Prozent der Fälle das erste Rettungsmittel innerhalb der vorgegebenen Zeit am Einsatzort sein konnte. In fünf Rettungsdienstbereichen lag der Wert immerhin zwischen 70 und 79 Prozent, zwölf lagen darunter. 26 Rettungsdienstbereiche haben laut SWR nicht geantwortet. Experten zufolge ist das schnelle Eintreffen innerhalb von acht Minuten entscheidend, um die Überlebenschancen nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand signifikant zu verbessern. 

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Bis auf einige ganz wenige Außenbereiche seien in Bochum „alle Stadtgebiete planerisch in acht Minuten erreichbar“, sagt Heußen. Die Erreichung mit Rettungsdienstfahrzeugen sei durch einen Gutachter begleitend zum Rettungsdienstbedarfsplan simuliert worden. Trotzdem soll durch weitere Standorte im Rettungsdienst die Eintreffzeit in den nächsten Jahren noch weiter verbessert werden. „Weitere Strukturverbesserungen sind im Bedarfsplan vorgesehen und zum Teil bereits in der Umsetzung bzw. Planung“, so Heußen.

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Die zusätzlichen Standorte sind bereits im vom Rat der Stadt beschlossenen Rettungsdienstbedarfsplan 2023 – 2027 beschrieben. So entsteht noch in diesem Jahr eine zusätzliche Station für einen Rettungswagen im Südwesten, untergebracht im Neubau des Feuerwehrgerätehauses Linden. Ein weiterer Standort für den Norden sowie perspektivisch für den Südosten sind ebenfalls vorgesehen, berichtet der Leiter der Feuerwehr.

Notruf wird viel zu häufig durch Bagatellfälle blockiert

Dass einige wenige Einsatzfahrten die Acht-Minuten-Hürde reißen, hat mehrere Gründe: „Insbesondere die hohe Auslastung der Rettungsdienstfahrzeuge führt dazu, dass oft Fahrzeuge einer anderen Wache alarmiert werden müssen und sich somit die Eintreffzeiten verzögern. Auch eine hohe Verkehrsdichte insbesondere in Baustellenbereichen kann zu Verzögerungen führen.“ Außerdem werde der Notruf viel zu häufig für zeitliche unkritische Notfälle gewählt, da viele die Strukturen des hausärztlichen Notdienstes bzw. der Notfallpraxen nicht kennen würden. Dadurch entstehe die zum Teil nicht erforderlich hohe Auslastung im Rettungsdienst, so Heußen.

100 Rettungsfahrten pro Tag in Bochum

Täglich gibt es in Bochum rund 100 Rettungsdiensteinsätze mit Sondersignal. Hinzu kommen dann gegebenenfalls noch die Fahrten vom Einsatzort zum Krankenhaus, die je nach Schwere der Verletzung oder Erkrankung ebenfalls mit Sondersignal durchgeführt werden.

Angehörige und Nachbarn von Patientinnen und Patienten können in lebensgefährliche Situationen auch selbst etwas tun, um die kritischen Minuten bis zum Eintreffen der Retter sinnvoll auszufüllen, indem sie die Erste-Hilfe-Handgriffe beherrschen. Da gebe es „definitiv viel Verbesserungspotential“, so Heußen. „Gerade was die lebensrettenden Maßnahmen der Herzdruckmassage angeht, sollten viel mehr Menschen handlungssicherer sein. So könnte bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand die Zeit bis zu unserem Eintreffen effektiv überbrückt und viele Menschenleben gerettet werden.“

Oftmals ist nicht die 112 die richtige Rufnummer, sondern die 116117: Dies ist der ärztliche Bereitschaftsdienst. Er hilft außerhalb der Hausarzt-Sprechzeiten (abends und nachts, an Feiertagen und am Wochenende) bei gesundheitlichen, aber nicht lebensbedrohlichen Beschwerden, mit denen ein Patient normalerweise in eine Hausarzt- oder Facharztpraxis gehen würde.

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Eine Verbesserung der Eintreffzeiten wurde bereits im vorigen März durch die Eröffnung der neuen Wache in Weitmar erzielt. Im Brandschutz habe sich dadurch die Zeit insbesondere im Süden und Südwesten bereits „deutlich verbessert“, so der Leiter der Feuerwehr. Die in den Neubau integrierte Rettungswache gab es schon vorher an dieser Stelle; die Eintreffzeiten sind jetzt wieder so wie vor Beginn der Baumaßnahme.