Bochum-Mitte. Vom Kofferradio bis Walkman: Längst vergessene Geräte bietet die „Stöberkiste“ in Bochum. Warum einige Kuriositäten trotzdem noch gefragt sind.
Nur 30 Quadratmeter ist der Laden von Mustafa Özdemir groß. Von „Kiste“ zu sprechen, passt also schon mal ziemlich gut. Und auch der erste Teil des Ladennamens „Stöberkiste“ stellt sich gleich unter Beweis: Denn wenn man im Laden steht, dann weiß man kaum, wohin man zuerst blicken soll.
Auf die Dutzenden HiFi-Anlagen oder die gestapelten Schallplatten? Auf die VHS-Rekorder, Kofferradios oder die türkischen Schachspiele? Und wenn gerade der Blick an einem Kaffeeservice hängen geblieben ist, dann entdeckt man schon im nächsten Moment alte Gameboyspiele, Plattenspieler oder nostalgische Telefone.
„Stöberkiste“ lädt zur Zeitreise in die Vergangenheit
Antiquitäten sind das alles nicht, davon spricht man in der Regel erst, wenn Gegenstände über 100 Jahre alt sind. Eine Reise in die Vergangenheit ist der Besuch der „Stöberkiste“ trotzdem: Ein wuchtiger Panasonic-Rekorder reiht sich an einen Fernsprechtischapparat aus den 1970ern, daneben ein Sony-Walkman und ein alter Kassettenspieler. Fast ein bisschen wie ein Flohmarkt in einem Laden fühlt es sich bei Özdemir an der Wittener Straße 94 an.
„Ich habe die Stöberkiste vor über 40 Jahren eröffnet“, erinnert sich der Rentner, der als junger Mann aus der Türkei nach Deutschland kam. Dort hatte er Maschinenbau studiert, beendete hier sein Studium und lernte im Wohnheim viele flohmarktbegeisterte Kommilitonen kennen.
Nachfrage nach alten Geräten massiv gesunken
Zunächst verkaufte Özdemir hier und da ein paar Dinge auf dem Flohmarkt oder aus dem Auto-Kofferraum, suchte sich mal hier, mal dort etwas zusammen. Dann ergab sich die Gelegenheit, ein kleines Geschäft am Werner Hellweg zu eröffnen. Drei Jahre später zog die Stöberkiste dann an die Wittenerstraße.
Damals, als Özdemir den Laden noch ganz neu hatte, waren Walkmans, VHS-Rekorder und Tonbandgeräte ziemlich gefragt. „Die Nachfrage ist in den letzten Jahren immer weniger geworden. Einen Einbruch habe ich schon seit der 2000er-Jahre gemerkt“, sagt der Bochumer. Rentabel ist der Laden schon lange nicht mehr.
Stammkundschaft kommt noch in die „Stöberkiste“
Festes Standbein ist die „Stöberkiste“ nie gewesen, vielmehr eine „Liebhaberei“. Irgendwann merkten auch Ehefrau und Kinder – ausreden können sie ihrem Mann und Vater das nicht. „Ich verbringe aber nur noch nachmittags Zeit im Laden, meist kommen drei bis fünf Kunden am Tag“, sagt Özdemir.
Vorrangig würden bei ihm noch Stammkunden oder ältere Menschen kaufen. „Aber manchmal kommen auch Jüngere und suchen nach Schallplattenspielern“, sagt Özdemir. Das sei der beliebteste Gegenstand in der jüngeren Generation.
„Zeiten ändern sich“, sagt Mustafa Özdemir
Die Gründe, warum man in Zeiten von iPhone, Netflix und WhatsApp noch ein altes Schnurtelefon, einen Videorekorder oder ein Tonbandgerät kauft, sind ganz unterschiedlich: Manche nutzen die Geräte als Vintage-Deko oder Theater-Zubehör andere für Basteleien oder aus nostalgischen Gründen. Durch Adapter seien beispielsweise historische Post-Telefone auch digital nutzbar.
„Ich habe eine Liste mit Aufträgen, die ich von Leuten entgegennehme, die etwas Bestimmtes suchen“, sagt Özdemir. Dann stöbert er auf Flohmärkten oder auf Verkaufsplattformen los. Verhandeln kann man in der Stöberkiste immer, manchmal hat der Ladeninhaber sogar schon Gegenstände verschenkt.
Dass die Nachfrage so massiv gesunken ist, stimmt den 72-Jährigen ein wenig traurig, er sagt aber auch: „So ist das eben, Zeiten ändern sich“. Und sein eigenes Handy – das ist auch schon längst digital.
Hier findet man sie
Die Stöberkiste befindet sich an der Wittener Straße 94. Früher befand sie sich am Werner Hellweg 551. Der Laden hat montags bis samstags von 15 bis 18 Uhr geöffnet. Zum jetzigen Zeitpunkt kauft Inhaber Özdemir keine Waren mehr an.