Bochum-Wattenscheid. „Wir sehen nichts, wenn wir auf die Straße abbiegen wollen“, klagen Anwohner aus Bochum. Alles sei zugeparkt, widerrechtlich. Das sagt die Stadt.

„Das ist katastrophal. Wir hängen hier völlig in der Luft.“ Horst Vallot und seine Nachbarn ärgern sich. Sie leben in der Seniorenwohnanlage an der Weststraße in Bochum-Wattenscheid und sind eigentlich noch sehr mobil. Doch jede Fahrt mit dem Auto zum Einkauf, zum Friseur oder zum Arzt wird zur Herausforderung. Wenn sie vom großen Anwohnerparkplatz auf die Straße abbiegen wollen, wird es für die Senioren gefährlich. Alles sei zugeparkt, teils von hohen Lieferwagen, und zugewuchert. „Wir sehen nichts“, sagt Vallot. „Das ist wie im Blindflug.“ Mehrere Unfälle habe es schon gegeben.

„Wie im Blindflug“: Bochumer ärgern sich über Falschparker

Er selbst sei erst Anfang des Jahres jemandem ins Auto gefahren. „Sobald wir unser Rolltor passiert haben, ist die Sicht gleich null“, berichtet er. Das liege an den großen Bäumen, die die Straße säumen, an den zugewucherten Baumscheiben und an den Autos, die zwischen den Bäumen widerrechtlich parken. „Es ist nicht zu sehen, ob von links jemand kommt.“

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Seine Nachbarn pflichten Vallot bei. „Ich hatte sogar schon zwei Unfälle“, erzählt Friedhelm Holland. „Einer davon war ein Totalschaden.“ „Je näher ich der Straße komme, desto schlechter wird die Sicht“, sagt Karl-Heinz Büthe. Ingrid Alt beklagt ebenfalls den Wildwuchs am Straßenrand. „Hier finden überhaupt keine Pflegearbeiten statt“, klagt sie. Das Abbiegen sei eine Lotterie. „Oft muss ich warten, bis mich einer auf die Straße lässt.“

Schlechte Sicht: Anwohner aus Bochum wünschen sich einen Spiegel auf der anderen Straßenseite

Doch das dauere mitunter, denn auf der Weststraße werde auch viel zu schnell gefahren und die Einfahrt daher übersehen, berichten die Anwohner. „Das Tempo-30-Schild steht zwischen zwei großen Bäumen und ist schlecht einsehbar“, bemängelt Anneliese Kammmeyer. „Es müsste weiter vorne, zu Beginn der Baumreihe stehen.“ Das hätte zudem den positiven Nebeneffekt, dass das Tempo schon vor der Seniorenwohnanlage gedrosselt werden müsste.

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Schlecht wäre das nicht, findet Ingrid Alt. „Hier gehen auch viele Schulkinder entlang. Für die wäre der Schulweg dann auch sicherer.“ Apropos sicher. Sicher sei die ganze Umgebung nicht, kritisieren die Anwohner und verweisen auf den Bürgersteig. Dort drücken Wurzeln den Asphalt hoch, stellen unterschiedlich liegende Gehwegplatten Stolperfallen dar. „Und auch die Bushaltestelle ist nicht niederflurgerecht ausgebaut“, bemängelt Rolf Kammmeyer. „Das gefahrlose Aus- und Einsteigen ist kaum möglich.“

Horst Vallot aus Bochum möchte auf die Weststraße abbiegen. Weil ihm die Sicht versperrt ist ein schwieriges Unterfangen. Anfang des Jahres hatte er einen Unfall.
Horst Vallot aus Bochum möchte auf die Weststraße abbiegen. Weil ihm die Sicht versperrt ist ein schwieriges Unterfangen. Anfang des Jahres hatte er einen Unfall. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Horst Vallot und seine Nachbarn sehen an der Weststraße dringenden Handlungsbedarf. „Hier muss dringend etwas passieren. Für ein sicheres Abbiegen würde schon ein Spiegel auf der gegenüberliegenden Straßenseite genügen.“ Die Stadt Bochum habe er schon vor Wochen deswegen kontaktiert, seither aber nichts gehört. „Dabei sind die doch dafür zuständig, uns zu schützen.“

„Die von der Stadt sind doch dafür zuständig, uns zu schützen.“

Horst Vallot, Anwohner

Aus dem Rathaus heißt es, die Weststraße werde von der Verkehrsüberwachung regelmäßig auf Parkverstöße kontrolliert. „Im vergangenen Jahr fand dort zuletzt eine Geschwindigkeitsüberwachung statt. Aus Sicht der Stadt ist die Verkehrssituation an dieser Stelle nicht auffällig problematisch“, sagt Peter van Dyk, Sprecher der Stadt Bochum.

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Auch die Polizei sieht in diesem Abschnitt der Weststraße keinen Unfallschwerpunkt. Was aber auch an den Bewertungskriterien liege, räumt Sprecher Jens Artschwager ein. In den vergangenen drei Jahren habe es an dieser Stelle „keine relevanten Unfälle“ gegeben. Dazu zählen Blechschäden nicht. „Nur alles über ,Spiegel ab‘“, so Artschwager. Von daher sei die Aussagekraft dieser Statistik begrenzt.

„Das Tempo-30-Schild ist tatsächlich nicht ganz optimal positioniert. Wir erwägen daher, es umzusetzen.“

Peter van Dyk, Sprecher Stadt Bochum

Einen Spiegel aufzustellen ist für die Stadt Bochum keine Option und werde „als Instrument zur Erhöhung der Sicherheit“ eher kritisch gesehen. „Sie können auch genau das Gegenteil bewirken“, so Peter van Dyk. „Durch die Wölbung werden oft Geschwindigkeit und Entfernung nahender Fahrzeuge falsch eingeschätzt. Spiegel können außerdem beschlagen, sich eintrüben oder werden überklebt.“

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Das „Tempo 30“-Schild sei zwischen den Bäumen „tatsächlich nicht ganz optimal positioniert“, erklärt van Dyk. „Wir erwägen daher, es umzusetzen.“

Die Polizei sieht in dem Wildwuchs das größte Problem vor Ort. Es sei „in der Tat eine gewisse Sorgfalt beim Ausfahren in den fließenden Verkehr notwendig“. Die Stadt signalisiert bereits, dass die Baumscheiben vom Wildwuchs befreit werden sollen. Da gehe man allerdings nach einer Prioritätenliste vor, so van Dyk. Die Weststraße ist demnach Ende August an der Reihe. Der durch die Wurzeln beschädigte Gehweg soll „in Kürze überarbeitet“ werden.

Vorerst kein Haltestellen-Umbau

Ein Umbau der Bushaltestelle an der Weststraße (Schulstraße) liegt noch in weiter Ferne. Hier folge man einer Prioritätenliste, heißt es aus dem Rathaus. „Zunächst kümmern wir uns um Haltestellen, an denen täglich mehr als 1000 Fahrgäste einsteigen“, erklärt Stadtsprecher Peter van Dyk. „Bei der Haltestelle Schulstraße in der Weststraße sind es im Schnitt pro Tag nur 132 Fahrgäste. Daher liegt diese Haltestelle in unserer Liste auf Platz 89.“

In unmittelbarer Nähe liege aber die inzwischen barrierefrei ausgebaute Haltestelle Gertrudisplatz und in der anderen Richtung die ebenfalls barrierefrei ausgebaute Haltestelle Hohensteinstraße.