Bochum. Beiträge sind immer wieder Streitpunkt zwischen Industrie- und Handelskammer und Unternehmen. Nun haben gleich zwei Firmen gewehrt.

Gleich zweimal musste die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittleres Ruhrgebiet vor einigen Tagen Platz auf der „Anklagebank“ nehmen. Vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hatten zwei Mitgliedsunternehmen der in Bochum angesiedelten Kammer gegen ihre Beitragsbescheide geklagt. Und am Ende verließen die Kläger mit zufriedener Miene den Saal.

Knappschaftskrankenhaus Bochum und IHK kommentieren Gerichtsurteil nicht

Darunter auch die Universitätsklinikum Knappschaftskrankenhaus Bochum GmbH, die für die Jahre 2021 und 2022 insgesamt etwa 40.000 Euro an die IHK überweisen sollte. Sie hatte sich nach Auskunft von Wolfgang Thewes, dem Sprecher des Verwaltungsgerichts, gegen die Bescheide mit dem Argument gewehrt, die Rücklagenbildung der IHK sei zu hoch.

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Eine Einschätzung, die das Gericht bestätigt hat. Der Sprecher: „Für das Jahr 2021 hat die Kammer gesagt, da ist schon der Zweck, wofür die Rücklage bestimmt werden soll, nicht eindeutig bestimmt. Und schon deswegen ist das rechtswidrig.“ Für 2021 und 22 seien Kosten und Planung „völlig offen“. Und: „Wenn ich die Kostenhöhe nicht mal ansatzweise ermitteln kann, kann ich keine Rücklagen bilden“.

Krankenhaus und IHK kommentiert Gerichtentscheidung nicht

Das Krankenhaus selbst möchte sich zu dem Rechtsstreit vorerst nicht äußern, da es „ein laufendes Verfahren“ sei, wie es heißt. Und auch die IHK will erst einmal die schriftliche Begründung des Urteils abwarten. IHK-Sprecher Sven Frohwein bestätigt aber, dass der von der IHK erlassene Beitragsbescheid aufgehoben wurde.

In dem zweiten Fall, ein Finanzdienstleister aus Bochum hatte ebenfalls geklagt, hatte die IHK schon vor der Verhandlung einen Beitragsbescheid über 8000 Euro aufgehoben, weil sie nach ihrer Auskunft zuvor aktuellere Berechnungsgrundlagen erhalten habe. Vor Gericht sei es nur noch um 180 Euro gegangen. Diesen Bescheid habe die Kammer aus „prozessökonomischen Gründen“, wie Hauptgeschäftsführer Michael Bergmann sagt, selbst aufgehoben.

Firmen können sich nur noch per Klage gegen IHK-Beitrag wehren

Aus Sicht der Kammer handelt es sich um ganz normale Vorgänge, weil der Widerspruch gegen einen IHK-Beitragsbescheid mittlerweile nur noch auf dem Klageweg eingereicht werden könne. „Wir haben aktuell 37.500 Mitgliedsunternehmen. Von diesen sind gut ein Drittel von Beitrag befreit. Die restlichen zwei Drittel bekommen einen Beitragsbescheid. Und von diesen zwei Dritteln sind es noch nicht einmal eine Handvoll, die eine Klage gegen die IHK anhängig haben“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Michael Bergmann.

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Nach Einschätzung des Bundesverbandes für freie Kammern (bffk) steckt hinter dem Ausgang der beiden Verfahren aber viel mehr. „Jedes IHK-Mitglied im Bezirk der IHK Mittleres Ruhrgebiet, welches künftig Beitragsbescheide für dieses Jahr 2021 erhält, kann diese mit garantierten Erfolgsaussichten angreifen“, sagt bffk-Geschäftsführer Kai Boeddinghaus. Und: „Viel besser sieht es nach Einschätzung des bffk für die Jahre 2022, 2023 und 2024 auch nicht aus.“ Der Verband verweist dabei auf die Baurücklage der IHK Mittleres Ruhrgebiet, die zunächst für den Neubau am Westpark gebildet wurde und nun – nach dem Aus für das Projekt – für die anstehende Sanierung des Bestandsgebäudes am Ostring vorgesehen ist. Nach Angaben der IHK hatte die Rücklage Ende 2022 ein Volumen von sieben Millionen Euro, sie soll im laufenden Jahr 2024 auf 9,7 Millionen Euro anwachsen.

IHK hält die Sanierungsrücklage für rechtens

Und das ist nach Ansicht der IHK „auch rechtens“. Schließlich hätten schon genaue Planungen für den Neubau vorgelegen. „Wir haben sogar ein Grundstück dafür gekauft“, sagt Hauptgeschäftsführer Bergmann. Und auch für die Sanierung des Bestandsgebäudes gebe es Zeit- und Kostenplanungen, die wegen der Coronapandemie und dem Ukraine-Krieg aber noch aktualisiert werden müssten. Nächstes Jahr würden die Arbeiten ausgeschrieben, von 2026 bis 2028 dann ausgeführt. Unklar sei noch, ob die Modernisierung so umfangreich ausfalle, dass die Belegschaft vorübergehend in ein anderes Gebäude umziehen müsse oder ob die Arbeiten im laufenden Betrieb erledigt werden.

Die Kritik des bffk an seiner IHK ist für Michael Bergmann nicht nachvollziehbar. Sie gehöre zu den Kammern, die Schlüsse aus dem Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts gezogen haben. „Bis auf die Sanierungsrücklage haben wir keine Rücklagen mehr. Der Großteil der Kammern hat es eingesehen, dass man mit Beiträgen anders umgehen muss.“ So habe IHK Mittleres Ruhrgebiet erstmals in ihrer Geschichte im großen Stil Beiträge an ihre Mitglieder zurückgezahlt. Anfang des Jahres sind etwa sechs Millionen Euro an die Firmen geflossen.

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