Bochum-Innenstadt. Hunderttausende strömen zu Bochum Total. Für den Leiter Marcus Gloria ist das stets eine aufreibende Zeit. Diese Sorge treibt ihn besonders um.
Es ist seit Jahren derselbe Albtraum, der Marcus Gloria kurz vor Beginn eines jeden Bochum-Total-Festivals quält: „Ich komme zum Südring, es geht gleich los“, erzählt er. „Tausende Besucher stehen dort, die Musiker warten auf ihren Auftritt – und alle schauen mich zornig an, weil ich völlig vergessen habe, die Bühne zu organisieren…“
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Bochum Total startet mit vielen Besuchern
Ja, da kann einem schon mal etwas mulmig werden, wenn man als Chef des wohl größten innerstädtischen Rock-Festivals in Europa in jedem Sommer die Bochumer Innenstadt zum Party-Hotspot Nummer eins erklärt. Vom 4. bis 7. Juli strömen wieder Hunderttausende zu BO-Total – und bei sonnigem Wetter dürfte es auch diesmal um die spannende Frage gehen, ob die magische Hürde von einer Million Besuchern, erstmals 2010 übersprungen, vielleicht doch noch einmal geknackt werden kann.
Was nicht mehr jeder weiß: Angefangen hat alles wesentlich kleiner, als wilde Idee unter zwei Studienfreunden Mitte der 80er Jahre. Heri Reipöler (der heute unter anderem das Zeltfestival Ruhr veranstaltet) und Marcus Gloria, der an der Ruhr-Uni studierte, saßen im Mandragora und ärgerten sich. „Wir spielten beide in Bands und suchten nach Möglichkeiten, um irgendwo auftreten“, erzählt der 61-Jährige. „Doch außer dem Umzug der Maischützen war in Bochum nichts los.“ Etwas neidisch schauten sie auf das Hattinger Altstadtfest – und beschlossen nach ein paar Bier: „Das machen wir auch!“
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In Peter Schneller, dem langjährigen Leiter des Jugendamtes, fanden sie einen Verbündeten: „Das Bermudadreieck gab es damals noch gar nicht. Eine kleine Bühne stellten wir an der Brüderstraße neben dem früheren Rösti auf, die andere war am Konrad-Adenauer-Platz.“ Das Equipment liehen sie sich bei den Ruhrfestspielen, auch Wilfried Perner, Chef der früheren Ruhrlandhalle, machte mit.
So fand am 5. und 6. September 1986 die erste Ausgabe von Bochum Total statt, wie heute bei freiem Eintritt – und wurde direkt zu einem mächtigen Flop. „Wir hatten von Tuten und Blasen keine Ahnung“, erinnert sich Gloria schmunzelnd. Statt neben den Bühnen einen Imbiss- und Getränkewagen zu postieren, um zumindest etwas Geld reinzuholen, lief das erste BO-Total weitgehend Einnahme-frei. „Ein paar Tausend Mark Miese haben wir beim ersten Mal gemacht.“ Weil Gloria von seinen Auftritten mit „That’s it!“ und der „Dixie-Land-Band“ recht gut leben konnte, ließ sich das ausgleichen.
„Außer dem Umzug der Maischützen war in Bochum nichts los.“
Und das Lehrgeld war gut angelegt, denn danach entwickelte sich Bochum Total zu einem gigantischen Selbstläufer. Das Festival wuchs und wuchs mit jedem Jahr: „Die ersten Male sind Heri und ich noch selbst mit unseren Bands dort aufgetreten, aber das funktionierte irgendwann nicht mehr“, erzählt er. „Den ganzen Tag mit Funkgerät übers Gelände zu laufen und abends den Rockstar zu spielen, haute einfach nicht hin.“
Schon recht früh merkte Gloria, dass ihm das Organisieren solcher Großveranstaltungen im Blut lag. Er eröffnete eine eigene Agentur (Cooltour), zwischendurch gab es auch BO-Total-Ableger etwa in Witten, Oberhausen, Castrop-Rauxel und Münster. „Die Idee war irgendwann nicht mehr zu stoppen, und das kann man nicht nur als Hobby machen.“
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Erinnerungen an bescheidene Anfänge
Und heute? Wenn Marcus Gloria am nächsten Wochenende die Brüderstraße entlangläuft, wird er wieder daran denken, wie bescheiden alles anfing – und welche Ausmaße das Festival mittlerweile angenommen hat. „Das glaubt einem ja keiner, was für ein Aufwand das mittlerweile ist. Allein unser Sicherheitskonzept, das wir jedes Jahr neu auflegen müssen, hat 120 Seiten.“ Mit zwei Bühnen und ohne Bierwagen war eben vieles leichter.