Bochum. Längst fertig sein sollte der Sparkassen-Neubau in Bochum. Die City-Lage stellt besondere Anforderungen an alle Beteiligte. Ein Baustellenbesuch.
Gefühlt ist die halbe Innenstadt von Bochum eine Baustelle. Gegenüber dem Rathaus entsteht das 150-Millionen-Euro-Projekt „Haus des Wissen“, der Husemannplatz vor dem gerade fertig gestellten Viktoria-Karree wird seit langem neu gestaltet, und am benachbarten Dr.-Ruer-Platz geht es an der Baustelle der Sparkasse Bochum nicht voran. Scheinbar.
Sparkassen-Baustelle: Immer wieder fragen Passanten: Warum kommen die nicht voran?
„Es stehen ganz häufig Leute am Bauzaun und sagen, was machen die denn da eigentlich, warum werden die nicht fertig“, sagt Michael Ströhler. Und wenn er Zeit hat, dann erklärt der Polier den staunenden Passanten, warum zwei Jahre nach dem Abriss des Vorgängerbaus an der Ecke Huestraße/Dr.-Ruer-Platz erst ein halber Rohbau steht.
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„Wenn die Leute wüssten, wie sehr wir uns hier gequält haben“, sagt der Polier und denkt dabei vor allem an die langwierigen Arbeiten an und in der Baugrube. Der sandige Boden, „Schluff“ genannt, hat sich wegen des ständigen Regens in eine breiige Masse verwandelt, die nur schwer zu handeln war. Er musste erst sozusagen eingedickt werden, ehe er abtransportiert werden konnte. Das und einige andere, „über Tage“ nicht sichtbare Arbeiten, haben die Arbeiten verzögert. „Wir werden wohl neun Monate später fertig als geplant“, sagt Michael Allweins, der Diplom-Ingenieur ist bei der Sparkasse für die Immobilien zuständig. Mitte 2025 soll es soweit sein.
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Mittlerweile steht das Erdgeschoss, die größten Tücken scheinen überwunden zu sein. Herausforderungen gibt es aber immer noch. So müssen die Öffnungen zum Nachbargebäude, mit denen der Sparkassenneubau verbunden wird, zentimetergenau in die Wand geschnitten werden, damit der Anschluss auf allen Etagen perfekt gelingt. „Und bei den Decken haben wir nur einen Versuch“, sagt Bauleiter Mario Urban. Das liegt an der besonderen Konstruktion. Der etwa 15 Millionen Euro teure Neubau bekommt Decken mit Betonkerntemperierung, durch die wasserführende Rohrleitungen laufen. Deren Druck muss von Anfang an stimmen; nachträglich korrigieren lässt sich das nicht.
Enge Baustellenfläche sorgt für besondere Herausforderungen
Wenn Mario Urban von der Baustelle erzählt, kommt ihm aber vor allem eines in den Sinn: „Wir bauen hier auf einer Briefmarke.“ Tatsächlich ist die Grundfläche des Gebäudes überschaubar groß. Vor allem aber sorgt die Lage mitten in der Innenstadt für besondere Herausforderungen. „Normalerweise müssten wir für die Baulogistik den gesamten Dr.-Ruer-Platz zur Verfügung haben“, sagt der Bauleiter. Tatsächlich ist es nur ein Bruchteil davon. Und auch der steht nicht immer uneingeschränkt zur Verfügung. Wenn demnächst „Bochum Total“ die City in Beschlag nimmt, ist an eine Anlieferung nicht zu denken. „Bis dahin müssen wir alles, was wir während der Veranstaltung brauchen, auf der Baustelle haben“, so Urban. Mehr noch als sonst bei einem Projekt dieser Größe üblich kommt es auf eine perfekte Planung an.
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Ohnehin sind hier nur wenige Arbeiten „von der Stange“. Selbst die Schalbretter lassen sich nicht mal so eben platzieren, wie ein Schwenk des Krans an diesem Dienstagmittag beweist. Gekonnt lässt der Kranführer hoch oben in seiner Kanzlei das meterlange, schwere Teil in einem schmalen Abschnitt zwischen Neu- und Altbau verschwinden. Zentimeterarbeit.
Immerhin geht es jetzt schneller voran. „Fünf Wochen brauchen wir für eine Etage“, sagt Michael Allweins bei der Besichtigung des Gebäudes. Wir stehen im imposanten Erdgeschoss; „der Kathedrale“, so Bauleiter Urban. 5,01 Meter Höhe misst dieses repräsentative Geschoss, das deshalb so hoch ausfällt, weil sich das Gebäude an der Etagenhöhe des benachbarten Bestands orientiert. Schließlich wird es das gesamte Ensemble in etwa einem Jahr eine komplette Einheit. Die in die Jahre gekommene Fassade des Bestandsgebäudes, in dem sich u.a. die US-Kaffeekette Starbucks und das Spielzeug-Paradies befinden und die von Oktober an abgebaut wird, erhält ein modernes Gesicht.
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„Wir haben uns für hellen Natursandstein entschieden“, sagt Projektleiterin Helena Feldmann-Fischer von Büro „O&O-Baukunst/Urbanlust“. Das hatte 2020 u.a. mit der gefalteten Fassade die Fachjury überzeugt und den Architektenwettbewerb für das Gebäude mit der markanten Stelle gewonnen. Die Architektin verspricht, das fertiggestellte Gebäude mit seiner offenen Anmutung werde eine Bereicherung für den Platz sein.