Bochum-Linden. Um ein Stadtteilzentrum attraktiver zu machen, soll ein Gutachten her. Das kostet aber so viel, dass die Stadt Bochum nun selbst aktiv wird.
Schon diesen Sommer sollte es eigentlich losgehen. In Bochum-Linden sollten die Menschen live erleben, wie man ein Stadtteilzentrum mit einfachen Mitteln attraktiver machen kann: Weniger Verkehr auf der Hattinger Straße, mehr Sitzmöglichkeiten in Form von mobilen Terrassen, sogenannte Parklets, um mehr Aufenthaltsqualität zu erlangen. „Ich hätte mir gewünscht, dass das jetzt schon umgesetzt wird“, zeigt sich Bezirksbürgermeister Marc Gräf (SPD) „ein bisschen ernüchtert“. Denn die Stadt Bochum ist noch nicht so weit.
Zu teuer: Konzept für Bochumer Einkaufsmeile muss warten
Der Grund dafür ist ganz einfach: Die Verkehrsuntersuchung für den Bereich entlang und rund um die Hattinger Straße sollte ein externes Büro übernehmen. Doch es wurde niemand gefunden, weil die Auftragsbücher überall offenbar voll sind. Vor allem aber, weil das am Ende erhoffte Gutachten einfach zu teuer geworden wäre. Der von der Stadt selbst gesetzte Kostenrahmen von 90.000 Euro wäre gesprengt worden.
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Von daher hat man im Rathaus entschieden, Teile der Untersuchung nun selbst zu übernehmen, u.a. in Kooperation mit der Hochschule Bochum. So will man in Eigenregie ein Konzept entwickeln, wie man den Verkehr am besten aus der Einkaufsmeile entlang der Hattinger Straße heraushalten kann. Und herausfinden, wohin dieser Verkehr dann ausweicht. Ebenso soll eigenständig eine Probephase vorbereitet werden.
Besonders aufwendige und zeitintensive Gutachter-Leistungen sollen aber weiter an spezielle Planungsbüros vergeben werden. Mit den für die Grundlagen notwendigen Analyse-Verkehrserhebungen an 13 Kreuzungen im Untersuchungsgebiet sei bereits ein Ingenieurbüro beauftragt worden, heißt es aus dem Rathaus. Die Erhebungen hätten im April stattgefunden.
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Aufgrund der neuen Vorgehensweise hat sich laut Stadt auch der Zeitplan für die Verkehrsuntersuchung geändert. Eine Erprobungsphase sei nun frühestens im Jahr 2025 möglich. Bis dahin sollen alle Ergebnisse vorliegen. Auch aus den Datenerhebungen und Befragungen, mit denen die Hochschule bereits begonnen hat.
Ab September soll dann das eintreten, was sich Marc Gräf schon jetzt für den Sommer gewünscht hätte: eine temporäre Verkehrsberuhigung des Lindener Zentrums mit mehr Sitzmöglichkeiten. Dazu soll auch das Parklet der Expedition Hamme, das seit 2021 bereits an verschiedenen Orten im Stadtgebiet zu sehen ist und aktuell an der alten Hattinger Straße im Ehrenfeld genutzt wird, Station in Linden machen. „Mit diesem Stadtmöbel werden Parkplätze am Fahrbahnrand temporär zu einer für die Öffentlichkeit frei nutzbaren Sitzgelegenheit und laden zum Aufenthalt ein“, teilt die Stadt mit.
„September ist ein bisschen spät. Das Wetter ist ja jetzt schön.“
Gräf hält September für „ein bisschen spät“. Das Wetter sei ja „jetzt schön“. Und er weiß aus vielen Gesprächen, dass die Geschäftsleute schon jetzt gerne ausprobiert hätten, wie sich mehr Aufenthaltsqualität auf den Umsatz auswirkt. „Aber die nehmen es bestimmt sportlich.“
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Denn am wichtigsten sei, dass sich im Herzen von Linden etwas tut. So hatte auch Stefan Rodemann, Vorsitzender der Werbegemeinschaft, nach Bekanntwerden der Pläne erfreut reagiert. Mit dem Hinweis allerdings, dass man auf keinen Fall den Verkehr komplett aus dem Zentrum halten dürfe. „Sonst ist die Einkaufsmeile tot.“ Speziell die Situation für Passanten und Radfahrer müsse sich verbessern, so Rodemann damals. Aktuell teilen sich beide den Bürgersteig. Sein Vorschlag: Die Radfahrer mit auf der Straße fahren lassen. Das bremse auch so manchen zu schnellen Autofahrer aus.
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Auf die Expertise der Leute vor Ort sollte ohnehin mehr Wert gelegt werden, findet Bezirksbürgermeister Gräf. „Eigentlich bräuchten wir überhaupt kein Gutachten. Die Probleme in Linden sind uns allen bekannt. Und wir, die wir hier wohnen, wissen, wie die Verkehrsströme fließen bzw. besser fließen könnten.“