Bochum. Zwei Millionen Zuschauer schalteten zum Auftakt in der ARD ein. Das passiert neben den Dreharbeiten, das sind die neuen Promis im „Kuhhirten“.
Nur der „Moritz“ ist geblieben. Ein schwarzes Klebeband verdeckt den Rest des Fiege-Schriftzuges auf den Pullis der Wirte. Auch an der Fassade und im Gastraum ist jedweder Hinweis auf die Bochumer Familienbrauerei verschwunden. „Muss so sein. Da geht‘s um millionenschwere Sponsorenrechte“, weiß Dirk Lang. Er und sein Kompagnon Christian Glock erlangen mit ihrer Kneipe „Zum Kuhhirten“ bei der Fußball-Europameisterschaft bundesweite Bekanntheit: Am Samstagabend ging an der Brückstraße das erste EM-Kneipenquiz in der ARD live auf Sendung. Die Hintergründe, was hinter den Kulissen passiert, wer in dieser Woche dabei ist.
- Unser Fotograf Uwe Ernst hat den Dreh mit seiner Kamera begleitet. Hier haben wir 94 Bilder gesammelt – klicken Sie sich durch Szenen, die im TV nicht zu sehen waren.
Wie kam das EM-Kneipenquiz ausgerechnet in den „Kuhhirten“?
Der „Sportschau-Club“, der früher die EM- und WM-Spieltage im Ersten beendete, wurde zu Grabe getragen. Statt der Analyse nach der Analyse soll ein Format die Zuschauer unterhalten, das an deutschen Tresen immer beliebter wird: das Kneipenquiz. Zufall: Ein Bochumer Mitarbeiter der Produktionsgesellschaft kennt den „Kuhhirten“, der seit drei Jahren von den Wirtschaftswissenschaftlern Lang und Glock als Nebenjob geführt wird. Die Sportschau-Macher waren schnell überzeugt: Die Ruhrpott-Pinte ist der perfekte Ort für launiges Quizzen und Quatschen. „Inas Nacht“ in der Hamburger Hafenbar „Schellfischposten“ ist das Vorbild. Fehlt statt Shanty- nur der Bergmannschor vor den Fenstern. Aber das kann ja noch kommen.
Wie hoch ist der Aufwand?
Beträchtlich. Binnen zwei Wochen wurde die 54 Quadratmeter kleine Kneipe TV-gerecht ausgestattet. Der Zuschauer am Bildschirm sieht davon nichts. Blinkende Technik-Türme verbergen sich hinter den Sitzen. Eine eigens errichtete Zwischenwand versperrt den wenig telegenen Blick zum Klo. Vor der Tür hat der WDR seine mächtigen Übertragungswagen postiert. Ein leerstehendes Ladenlokal (bis 2023 die Optik Galerie Marondel) schräg gegenüber dient in den nächsten vier Wochen als Produktionsbüro samt Maske. In der Spitze sind 45 Mitarbeitende vor Ort. Alle tragen VfL-blaue „Kuhhirten“-Trikots.
Wieviele Zuschauer finden Platz?
60: davon 30 im Gastraum und 30 draußen mit Fenster-Blick. Karten gab‘s online für zehn Euro zu kaufen. Darin sind die Getränke sowie Pommes/Currywurst enthalten: zubereitet im Verkaufswagen des „Grubenwagen“-Caterings der Grummer Traditionsgaststätte Goeke samt unentrinnbarer Frittenfett-Dunstwolke. Einlass ist bereits ab 20.20 Uhr.
Wie läuft das Quiz ab?
Es gibt drei Zweier-Teams. An jedem Abend treten zwei Kandidaten, die vom WDR zuvor gecastet wurden, gegen zwei Prominenten-Doppel an. Fester Bestandteil des Teams Fußball ist Arnd Zeigler („Die wunderbare Welt des Fußballs“). Am Samstag wurde der Bremer von der ehemaligen Bundesliga-Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus-Webb unterstützt. Sie vertrat den ursprünglich angekündigten Pierre Littbarski. Das Team Bühne bildeten Sänger Mark Forster und „Tatort“-Schauspielerin Jasna Fritzi Bauer.
Wie ist die Stimmung?
Klasse! Dafür sorgt Malte Völz. Der 1Live-Moderator bittet kurz vor dem 21-Uhr-Abendspiel zur „Watchparty“ auf YouTube, TikTok und Twitch. Das Publikum im „Kuhhirten“ ist sofort mittendrin, freut sich über Maltes Pizza-Lieferung und singt bei „Bochum“ lauthals mit. Die ideale Einstimmung auf die Live-Show, die ab 23.30 Uhr von Stephanie Müller-Spirra (Sportschau) als (O-Ton) „Kuhhirtin“ moderiert wird. Malte Völz spielt dabei kaum noch eine Rolle. Schade eigentlich.
Wie lief die Premiere?
Die ARD darf mit knapp zwei Millionen Zuschauern zufrieden sein. Das entsprach am Samstag dem „Bergdoktor“-Niveau. Die ersten Kandidaten aus Halle an der Saale freuten sich als Auftakt-Sieger in der abschließenden Schnellraterunde gegen Team Fußball über EM-Eintrittskarten. Höhepunkt: Mark Forster (auch abseits der Kameras ein sympathischer und bodenständiger Zeitgenosse) sang seinen EM-Song „Wenn du mich rufst“. Einer der erfolgreichsten Popstars Deutschlands live im „Kuhhirten“: Darauf hätte man vor Monaten noch jede Wette gewonnen...
Wie geht‘s weiter?
Es folgen noch zehn EM-Quiz-Sendungen: in dieser Woche am 17., 18., 19., 21. und 23. Juni, jeweils um 23.30 Uhr. Am Montag (17.) sind Hans Sarpei, Kristina Vogel und Guido Cantz dabei. Am Dienstag (18.) werden Thomas Broich, Ingolf Lück und Janin Ullmann mitraten.
Gibt es noch Karten?
Alle Tickets sind vergriffen. Tipp: Um 20 Uhr auf gut Glück zur Brückstraße kommen. Erfahrungsgemäß erscheinen einige Kartenbesitzer nicht. Die Plätze werden dann kurzfristig vor Ort vergeben. Auch Zaungäste haben an den Absperrgittern einen guten Blick. Draußen stehen Lautsprecher.
Wird der „Kuhhirte“ dauerhaft profitieren?
Nicht wenige Fußballfans werden nach der EM die urige Kneipe kennenlernen wollen. Dirk Lang und Christian Glock haben vorerst aber nicht vor, ihr Geschäftsmodell zu ändern. Ein Regelbetrieb sei nicht geplant. Geöffnet wird der „Kuhhirte“ nur bei Spielen des VfL Bochum: also wieder mit Saisonbeginn Ende August.