Bochum. Ingenieure, Erzieher, Sozialarbeiter: Die Liste der unbesetzten Jobs bei der Stadt Bochum ist lang. In einem Bereich ist der Kräftemangel extrem.

Seit einigen Wochen leitet ein neuer Chef den Technischen Betrieb der Stadt Bochum, mit bis zu 600 Beschäftigten eines der personalstärksten Ämter der Verwaltung. Ein Headhunter hat geholfen, Jan Raatz zu finden und zu verpflichten. Gutes Personal zu rekrutieren, wird immer schwieriger. Dabei braucht Bochum noch eine ganze Menge davon.

400 Stellen bei der Stadt Bochum sind nicht besetzt

Etwa 400 städtische Stellen sind momentan unbesetzt – mal ein paar mehr, mal ein paar weniger; so wie nach den Sommerferien, wenn in der Regel eine große Zahl an Azubis übernommen wird.

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Das ist zwar – auf den ersten Blick – gut für den Haushalt, da Personalkosten in beträchtlichem Umfang eingespart werden. So wird Bochum für das Jahr 2023 voraussichtlich weniger Personalkosten in Höhe von 13,3 Millionen Euro ausgegeben haben, u.a. weil „Stellen nicht immer wie gewünscht zeitnah besetzt werden“, wie es in der Finanzprognose für das vierte Quartal 2023 heißt. Aber: Das kann auch teuer werden; etwa weil dringend zu erledigende Aufgaben an Fremdfirmen vergeben werden oder externe Mitarbeiter vorübergehend engagiert werden müssen.

50 von 600 Jobs im Technischen Betrieb sind noch zu haben

„Etwa acht Prozent aller Stellen bei der Stadt sind unbesetzt“, so Kämmerin Eva Hubbert auf Anfrage dieser Redaktion. „Das zieht sich von der untersten bis zur obersten Ebene“, ergänzt Stadtsprecher Thomas Sprenger. „Wir haben insgesamt einen Fachkräftebedarf, der nicht unerheblich ist.“

Erzieherinnen sind heißt begehrte Kräfte. Auch die Stadt Bochum möchte etliche einstellen.
Erzieherinnen sind heißt begehrte Kräfte. Auch die Stadt Bochum möchte etliche einstellen. © Animaflora PicsStock - stock.adobe.com | Animaflora PicsStock - stock.adobe.com

Dabei geht es sowohl um neues Personal für zusätzliche Aufgaben als auch um die Wiederbesetzung von Stellen. Allein zwischen 2018 und 2023 sind 720 Beschäftigte aus dem Berufsleben ausgeschieden, weitere 1700 folgen bis 2028.

Der Technische Betrieb, bei dem momentan etwa 50 der knapp 600 Stellen unbesetzt sind, stehe noch vergleichsweise gut da, heißt es. „Im Tiefbauamt sind 50 Stellen nicht besetzt von 350; fast alles Bauingenieurspositionen“, so Stadtbaurat Markus Bradtke. Und das schlägt sich unweigerlich nieder: auf die Arbeitsbelastungen der Beschäftigten ebenso wie auf Wartezeiten.

Budgetdialoge helfen, Engpässe zu überbrücken

Kompensiert habe die Stadt die Unterversorgung bislang ganz gut durch die 2019 eingeführten Budgetdialoge, bei dem Ämter mitteilen, ob sie im anstehenden Planungszeitraum mehr oder weniger Personal benötigen. „Durch gezielte Maßnahmen unterstützen Mitarbeiter statt bei weniger relevanten bei dringlichen Tätigkeiten“, erklärt Stadtsprecher Peter van Dyk. „Dringliche Aufgaben sind dabei solche, die pflichtig oder besonders bürgerbezogen sind.“ So hat etwa zahlreiches Personal während der Corona-Pandemie innerhalb der Verwaltung ausgeholfen.

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Auf diese Weise reagiere die Verwaltung auf aktuelle Trends und Entwicklungen und schaffe es, die Auswirkungen des Fachkräftemangels „nicht gravierend spürbar“ werden zu lassen. Dennoch zeige sich intern ein Trend: „Die Anzahl der Überlastungsanzeigen steigt langsam“, so Sprecher van Dyk.

Fehlzeitenquote bei der Stadt ist auf 9,9 Prozent gesunken

Die durchschnittliche Fehlzeitenquote der städtischen Beschäftigten ist allerdings trotz dieser Entwicklung sogar gesunken: auf 9,9 Prozent Ende 2023. Gegenüber dem Vorjahr (10,21 Prozent) ist das ein leichter Rückgang und befindet sich nach Angaben der Stadt ungefähr auf „Vor-Corona-Niveau“. Dabei variiert sie je nach Amt. In verschiedenen Bereiche der Kulturverwaltung (Planetarium, Bochumer Symphoniker) liegt sie beispielsweise unter drei Prozent, während sie in einigen Bauämtern (Technischer Betrieb, Bauordnungsamt, Amt für Geoinformationen, Liegenschaften und Kataster) nahe bei oder über zehn Prozent liegt.

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Im gleichen Zeitraum hat die Zahl der Überstunden zugenommen; wenn auch moderat um „drei Stunden pro an die Zeitwirtschaft angeschlossenem Mitarbeitenden“, wie es heißt. Sie lag bei den Beschäftigten der Kernverwaltung (ohne Zentrale Dienste) im Jahr 2021 bei 47,53 Stunden, ein Jahr später bei 51,73 Stunden und 2023 bei 55,06 Stunden. Ein Anstieg um fast 16 Prozent.

Wie schwer es mitunter ist, benötigtes Personal zu finden, erklärt Stadtbaurat Bradtke. „Wir benötigen immer Saisonkräfte. Im vergangenen Jahr haben wir aber keine bekommen. Da mussten wir das Geld für einen Garten- und Landschaftsbaubetrieb nutzen, damit der schlimmste Grünwuchs zurückgedrängt wird. Eigentlich stellen wir lieber Leute ein. Aber wenn wir niemanden finden, müssen wir die Aufgabe an den Markt bringen.“

Bochum vergibt Aufträge für 670 Millionen Euro

Alles, was städtische Beschäftigte nicht erledigen können, bleibt entweder liegen, wird später ausgeführt oder an Firmen übergeben. Bochum ist ein Auftraggeber von beträchtlichem Gewicht. „Die Kosten für die Beauftragung externer Firmen schlagen sich stadtweit zum einen insbesondere in den investiven Auszahlungen für Baumaßnahmen nieder“, heißt es dazu. Allein in diesem Jahr sind dafür etwa 371,1 Millionen Euro vorgesehen. Dazu kommen die laufenden Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen in Höhe von 299,8 Millionen Euro. Insgesamt also mehr als 670 Millionen Euro. „Ein Anteil daran, der auf den Fachkräftemangel bei der Stadt Bochum zurückzuführen ist, kann nicht angegeben werden, da bestimmt Leistungen generell extern eingekauft werden“, so Stadtsprecher van Dyk.

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