Bochum. Mit Pollern will die Stadt Bochum den Verkehr aus einem Wohngebiet raushalten. Klappt nicht, sagen die Anwohner. Sie wollen eine schnelle Lösung.
Seit Ende November stehen die Poller, mitten auf der Straße – gleich an zwei Stellen in einem Wohnviertel in Bochum-Riemke. Sie sollen den Verkehr aus dem Quartier halten, denn viele Autofahrer nutzen die Nebenstraßen, um ein Stück der Herner Straße zu umgehen. Dort gilt Tempo 30, dort gibt es Ampeln und es ist oft voll – braucht man als Autofahrer nicht unbedingt. Doch so ganz scheint der Plan der Stadtverwaltung nicht aufzugehen. Denn der Schleichweg wird auch weiterhin gerne genutzt. Die Autos fahren jetzt einfach über andere, sehr schmale Straßen. „Das ist unheimlich gefährlich“, schimpfen Anwohner, für die „es nur eine Frage der Zeit ist, bis es zu einem Unfall kommt“. Deshalb fordern sie ein schnelles Handeln der Stadt Bochum – und liefern selbst Lösungsvorschläge, von denen einer doch etwas überrascht.
Poller-Ärger in Bochum: Anwohner haben überraschende Idee
Melanie Kirbisch wohnt an der Windhorststraße, ihre Nachbarn Wilfried Fehr, Uwe Siemokat und Werner Nöcker gleich um die Ecke, an der Straße Am Wiedelskamp. Kennen Sie nicht? Kein Wunder. Diese beiden Straßen in unmittelbarer Nachbarschaft zum Riemker Markt sind so schmal, da fährt man eigentlich nur durch, wenn man dort wohnt oder jemanden besucht. Bis Ende November sei es auch schön ruhig gewesen, sagen die Anwohner. „Doch seit die Stadt Poller auf den Nachbarstraßen aufgestellt haben, fahren die jetzt alle bei uns vorbei.“
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Die Poller stehen an der Ecke Am Hausacker/Eduardstraße und Eduardstraße/Auf der Markscheide. Sie unterbinden den Schleichverkehr zwischen Herner Straße und Tippelsberger Straße. Allerdings nur über diese Route. Über Windthorststraße und Am Wiedelskamp kann man auch weiterhin die viel befahrene Herner Straße umgehen. Dass man sich dafür durch enge Gassen quetschen und entgegenkommenden Autos teils umständlich ausweichen muss, störe kaum jemanden, berichten die Anwohner.
Sie ärgern sich nicht nur über den Verkehr, der auf den beiden Straßen extrem zugenommen habe („60 Autos pro Stunde, in Spitzenzeiten auch mal 100“), sie sorgen sich auch um die Sicherheit der Fußgänger. „Von der U-Bahn am Markt gehen sehr viele Menschen bei uns vorbei zum Jugendtreff und zur Freizeitanlage Urban Green am Hausacker“, sagt Melanie Kirbisch. „Es gibt aber keine richtigen Gehwege. Die Leute können nur über die Straße gehen.“
Würden die Autofahrer langsam fahren, sei dies kein Problem. „Doch gerade am Wiedelskamp brettern die durch“, schildert Wilfried Fehr seine Beobachtungen. Er selbst sei schon einmal fast von einem Fahrzeug „erwischt“ worden. „Wir sehen hier wirklich eine akute Gefahr, deshalb muss eine sofortige Reaktion erfolgen.“
Wie diese aussehen könnte, da haben die Anwohner klare Vorstellungen. „Ideal wäre es, die Poller wieder zu entfernen und für das ganze Wohngebiet ein vernünftiges Verkehrskonzept aufzustellen. Nicht nur für einzelne Straßen.“ Oder aber, man gehe den ganz anderen Weg „und sperrt auch unsere Straßen mit Pollern ab“. Ein Kompromiss sei das Einrichten von Einbahnstraßen, „in Kombination mit einer baulichen Verkehrsberuhigung“.
Ob es dazu kommt, ist fraglich. Als „Interessengemeinschaft Windthorststraße/Am Wiedelskamp“ hatten die Anwohner einen langen Fragenkatalog an die Stadtverwaltung geschickt, der in der Bezirksvertretung Bochum-Mitte jetzt beantwortet wurde. Das Ergebnis fiel aus Sicht der Riemker ernüchternd aus. „Es ist aktuell nicht vorgesehen, die Sperrungen wieder aufzuhaben“, teilte Verena Börger vom Tiefbauamt mit. Die Stadt registriere derzeit weniger Verkehr im Wohnviertel als vorher, hieß es zudem. Und ohnehin könne man die Situation erst nach etwa drei Monaten richtig beurteilen und dann den Verkehr noch einmal zählen.
Poller-Frust: Anwohner fühlen sich von der Stadt Bochum nicht ernst genommen
Dass sich der Verkehr in kleinere Nebenstraßen verlagert, wird im Rathaus aber durchaus eingeräumt. „Vorher war dort fast gar kein Verkehr. Klar, dass einem das jetzt mehr erscheint.“ Deswegen wolle man vielleicht nachbessern, eventuell über Einbahnstraßenregelungen.
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Bezirksbürgermeisterin Gabi Spork sprang der Verwaltung zur Seite: „Nach so kurzer Zeit kann man die Lage vor Ort nicht beurteilen. Wir haben das im Blick, ich bin mindestens einmal die Woche vor Ort und schaue mir das an.“
„Nicht ernst genommen“ fühlen sich die Anwohner bei dem Hinweis der Stadt, dass sich die Situation rund um den Hausacker jetzt beruhigen werde, weil im Viertel zeitnah der Glasfaserausbau beginne. „Von daher kommen wir jetzt nicht in die Bredouille, direkt Maßnahmen zu ergreifen, weil ja gerade größere Sperrungen anstehen“, so Verena Börger. Damit sei das Problem „zwischenzeitig gelöst“, man könne in dieser Zeit allerdings auch keine Verkehrszählung vornehmen.
Ortsbegehung mit der SPD
Mit der Situation im Wohnviertel wollen sich die Anwohner von Windthorststraße und Am Wiedelskamp nicht abfinden. Melanie Kirbisch hat der Verwaltung eine persönliche Verkehrszählung geschickt. Am 1. Februar habe sie den Verkehr beobachtet. „In viereinhalb Stunden habe ich 332 Autos und 177 Fußgänger gezählt“, sagt sie. Eine Antwort stehe noch aus.
Damit nicht genug: Für den 17. Februar hat die Interessengemeinschaft eine Ortsbegehung mit dem SPD-Ortsverein Riemke vereinbart.