Bochum. „Telecom“ oder „Telekom“? Bei der Verbraucherberatung in Bochum häufen sich Beschwerden über einen Telefon-Anbieter. Eine 86-Jährige berichtet.
Bei der Verbraucherzentrale in Bochum häufen sich die Beschwerden über den Düsseldorfer Telekommunikationsanbieter „1N Telecom“. „Wir können nur dringend raten, genau zu lesen, was im Briefkasten liegt“, sagt die Leiterin der Beratungsstelle, Andrea Thume.
Eine 86-jährige Bochumerin (Name der Redaktion bekannt) zählt zu den Kundinnen und Kunden, die die Verbraucherschützer um Hilfe gebeten haben. Mitte Mai erhielt sie ein Schreiben von „1N Telecom“ – mit ihrer Telefonnummer der Telekom und dem Angebot, mit einem neuen DSL-Tarif für 34,99 Euro „neben Anrufen in das Festnetz auch unbegrenzt kostenfrei Anrufe in die Mobilfunknetze“ führen zu können.
Beschwerden über „1N Telecom“: Vertragsabschluss war ein Irrtum
„Ich war interessiert. Das hörte sich für mich preisgünstig und bequem an“, sagt die Seniorin – zumal sie fest davon ausgegangen sei, bei der Telekom zu bleiben: „also der mit ,k’. Immerhin stand auf dem Brief ja mein korrekter Telefonanschluss.“
Die Bochumerin schloss am 21. Mai einen Zwei-Jahres-Vertrag ab. Dass das ein Irrtum war, habe sie erst einige Tage später realisiert, als die Telekom – „also die mit ,k’“ – anrief und fragte, warum sie ihren Vertrag gekündigt habe und zur Telecom – „also die mit ,c’“ – wechseln wolle. „Dabei wollte ich das ja gar nicht!“
Anbieter fordert von Rentnerin 419,88 Euro Schadensersatz
Am 1. Juni schickte die Rentnerin einen schriftlichen Widerruf an „1N Telecom“ – per E-Mail: „Dafür ist da extra eine Adresse angegeben.“ „Das war ein Fehler“, sagt Verbraucherberaterin Andrea Thume. Eine E-Mail reiche nicht für einen rechtssicheren Widerspruch. „Man kann ja nicht nachweisen, dass die Mail während der gesetzlichen 14-Tage-Frist angekommen ist“, weiß Thume. Dazu hätte es eines Einwurf-Einschreibens per Post bedurft. „Das wäre deutlich besser gewesen.“
Tatsächlich erhält die 86-Jährige Ende Juni nicht etwa eine Bestätigung ihrer Kündigung, sondern eine Zahlungsaufforderung. Werde kein neuer Vertrag abgeschlossen, „sehen wir uns dazu berechtigt, einen pauschalisierten Schadensersatz in Rechnung zu stellen“, heißt es bei „1N Telecom“. Die Summe wegen „vorzeitiger Kündigung“: 419,88 Euro.
Berater: Auffällig viele ältere Menschen erhalten die Werbepost
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Die Bochumerin „denkt gar nicht daran“, das Geld zu überweisen. „Ja, ich habe nicht aufgepasst. Aber ich habe doch die Widerspruchsfrist eingehalten!“, bekräftigt sie. Ob das reicht? „Wir prüfen rechtliche Schritte“, erklärt Andrea Thume, ahnt aber: „Das wird schwierig.“
In der Beratungsstelle ist es bislang nur eine Beobachtung. Auffällig aber sei, dass meist ältere Menschen angeschrieben werden, die bislang – und oft langjährig – Kunde bei der Telekom sind. Der Verdacht: Gezielt werde die Namensähnlichkeit mit der „Telecom“ genutzt, um Verträge bei dem neuen Anbieter zu generieren. Kommt es zum Widerspruch, werde der „Schadensersatz“ ins Feld geführt.
Düsseldorfer Anbieter lässt WAZ-Anfrage unbeantwortet
„Die Empfänger der Werbeschreiben der ,1N Telecom’ erinnern sich nicht daran, mit dem Anbieter je Kontakt aufgenommen oder ein Gespräch geführt zu haben“, sagt Andrea Thume. Viele Verbraucher zeigten sich zudem überrascht, woher das Unternehmen ihre persönlichen Daten hat.
Woher die Adressen stammen, wie der Anbieter auf die bundesweit laut werdende Kritik reagiert und ob sich die 86-jährige Bochumerin Hoffnung machen darf, die 419,88 Euro nicht bezahlen zu müssen, bleibt offen: „1N Telekom“ ließ eine Anfrage der WAZ bis zum Freitag unbeantwortet.
Haben auch Sie einen Werbebrief erhalten? Die Bochumer Verbraucherzentrale ist unter 0234/974737 01 zu erreichen.