Bochum. Das Homeoffice könnte den Büroflächenmarkt zerstören. Diese Befürchtung bewahrheitet sich nicht. Schon gar nicht in Bochum. Dort purzeln Rekorde.

Büros sollen aus Wohnungen entstehen? Gibt es davon nicht schon genug? Geradezu empört war nicht nur der Mieterverein, als die Umbaupläne für das Lohring-Hochhaus in der Innenstadt von Bochum bekannt wurden. 100 Wohnungen würden vom Markt verschwinden.

Büros: Vermietungen und Fertigstellungen sind auf in Bochum Rekordkurs

Die Antwort auf die Frage nach der vermeintlichen Überangebot von Büroflächen ist spätestens mit dem aktuellen Büromarktbericht klar: Nein, es gibt offenbar nicht zu viele Büroflächen. Beinahe das Gegenteil ist der Fall. Vermietungen und Fertigstellungen sind auf Rekordkurs. Die Nachfrage insbesondere nach modernen Büroflächen ist immens.

Dazu trägt nicht nur die Vollvermietung am Lohring bei. Eigentümer Denis Cholewa hat das neu konzipierten Gebäude mittlerweile in „Milestone“ umbenannt, nutzt es zur Hälfte mit seiner eigenen DGC-Gruppe und hat die andere Hälfte vermietet. Nach dem Rekord 2021 mit 75.500 Quadratmeter vermieteter Bürofläche gab es 2022 eine neue Bestmarke: 83.000 Quadratmeter wurden vermietet, weitere 5000 Quadratmeter selbst genutzt (Grafik). Der Gesamtflächenumsatz von 88.000 Quadratmeter ist der zweithöchste nach 2016 (92.332). Damals hatte Vonovia mit dem Bezug seiner neuen Zentrale an der Universitätsstraße einen großen Anteil daran (fast 38.000 Quadratmeter).

Anhaltendes Hoch und keine Momentaufnahme

„Der erneute Vermietungsrekord ist für uns von besonderer Bedeutung, da dieser Erfolg doch eindrucksvoll unterstreicht, dass die positive Entwicklung des Bochumer Büromarktes nachhaltig ist und keine Momentaufnahme darstellt,“ sagt Rouven Beeck, Geschäftsführer der Bochum Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft (WEG). Befürchtungen, der mit der Corona-Pandemie sprunghaft gestiegene Trend zum Homeoffice könnte zu einem Einbruch des Marktes führen, hatten sich schon im Vorjahr nicht bewahrheitet.

Den größten Mietvertrag hat Volkswagen Infotainment unterzeichnet. 11.850 Quadratmeter hat die VW-Tochter an der Rensingstraße 15 zur Überbrückung des Flächenbedarfs bis zur Fertigstellung des „eigenen Neubaus“ auf Mark 51/7 übernommen. Dort wird das IT-Unternehmen 2024 vermutlich für den nächsten Topwert sorgen. Nach Fertigstellung bezieht es einen Komplex mit mehreren Gebäuden, den der niederländische Immobilienentwickler Ten Brinke gerade baut.

Neubauten an der Suttner-Nobel-Allee sind begehrt

Weitere große Flächen haben sich im vergangenen Jahr die Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI) für die künftige „BrainFactory“ der Landmarken AG (7450 Quadratmeter) sowie deren designierter Nachbar an der Suttner-Nobel-Allee (5300 Quadratmeter), die Zetcon Ingenieure GmbH, gesichert.

Ehemaliges Opel-Werk bleibt der Hotspot

Das Gelände des ehemaligen Opel-Werks in Laer ist schon jetzt mit 30 Prozent aller im Jahr 2022 vermieteten Flächen der Büromarkt-Hotspot Bochums und dürfte dieser Status angesichts zahlreicher weiterer Bauprojekte auch in den nächsten zwei bis drei Jahren behalten.

Die meisten Flächen wurden 2022 im Segment Gewerbe-, Handels- und Verkehrsunternehmen gemietet – insgesamt 33 Prozent. Dahinter folgen die Sektoren unternehmensbezogene Dienstleistungen (25 Prozent) und die öffentliche Hand (21 Prozent).

Die Mieten sind 2022 im Durchschnitt wie in der Spitze weiter gestiegen. Die Nettodurchschnittsmiete lag bei 12,81 Euro je Quadratmeter monatlich (Vorjahr 12,50 Euro). Für Bestandsobjekte ist sie leicht auf 10,42 Euro je Quadratmeter im Schnitt gesunken (Vorjahr 10,85 Euro). Die Spitzenmiete hat von 15,50 auf 16,40 Euro zugelegt.

Insgesamt hat die WEG 81 relevante Büromietverträge registriert und ausgewertet. Nur etwa 35 Prozent entfielen auf kleinere Objekte unterhalb je 250 Quadratmeter Bürofläche. 18 Mietverträge wurden oberhalb von 1000 Quadratmeter abgeschlossen (Vorjahr: 11 Verträge), darunter drei Mietverträge oberhalb der 5000-Quadratmeter-Marke.

Leerstand ist trotz Anstiegs der niedrigste im Ruhrgebiet

Zwar ist auch der Leerstand wieder gestiegen, von 2,5 auf drei Prozent. Bochum verfüge damit aber weiterhin über die niedrigste Leerstandsquote im Ruhrgebiet. „Die vakanten 50.500 Quadratmeter entsprechen gerade einmal einer durchschnittlichen Jahresvermietungsleistung der letzten zehn Jahre“, sagt Markus Büchte, Vorstand der Cubion Immobilien AG, die den Büromarktbericht gemeinsam mit der WEG erstellt. Außerdem hätten 36 Prozent dieser Flächen eine sehr einfachen Bürostandard und gelten ohne Modernisierungsmaßnahmen als wenig nachgefragt. „Umso positiver ist die derzeit starke Neubautätigkeit zu bewerten“, so Büchte.

Tatsächlich drehen sich an vielen Stellen in der Stadt weiterhin Kräne, um Bürogebäude hochzuziehen: angefangen vom Grönemeyer-Institut im Stadtteil Riemke über das künftige Technologiezentrum in Querenburg bis hin zum Boom-Garanten Mark 51/7. Nach 35.000 Quadratmeter Bürofläche, die im Vorjahr fertiggestellt wurde, wird dieses Jahr ein Rekord-Fertigstellungsvolumen von 83.000 Quadratmeter erreicht. Das entspricht dem Vierfachen der durchschnittlichen Neubautätigkeit in Bochum. Und: Nur noch 9000 Quadratmeter seien nicht verfügbar, so Cubion. Das mache deutlich, dass in Bochum bedarfsgerecht und nicht „auf Halde gebaut“ werde.

Cubion-Chef Büchte erwartet Fortsetzung des Höhenflugs

Und damit sei die „erstaunliche Entwicklung des Bochumer Büromarktes“ noch lange nicht zu Ende. „Angebot schafft Nachfrage und hier bietet Bochum mit verschiedenen Neubauprojekten attraktive Flächen an“, so Markus Büchte. „Daher sind wir für 2023 positiv gestimmt und erwarten einen abermals sehr hohen Flächenumsatz um 80.000 Quadratmeter.“ Allerdings: Auch die Leerstandsquote werde voraussichtlich steigen: von drei auf vier Prozent.