Bochum. Völlig skandalfrei wird seit gut dreißig Jahre in der Gaststätte „Zur Altstadt“ Pferd serviert. Allerdings mit klarer Ansage. Wo Pferd drin ist, wird's auch Pferd genannt.

Pferdefleischkonsum hat mit Kultur zu tun. Die regionale italienische Cucina etwa hat damit wenig Probleme. Pastrami wird in der Umgebung von Venedig gern mit Pferd zubereitet, im Tessin reichen bessere Restaurants schon mal lauwarmes Fohlen-Carpaccio und die Pferde-Salami in der Toskana gilt als ausgezeichnet - auch wenn den teutonischen Besuchern lieber jene vom Wildschwein oder Esel angeboten wird. Aus gutem Grund.

Rezepte nicht verändert

Doch auch in Deutschland essen manche Menschen gerne Pferd. Natürlich bewusst, nicht jenes von zweifelhafter Herkunft untergemischtes. Gastronomen brauchten aber noch bis 1973 eine Sondergenehmigung für die Zubereitung. Für die kulinarische Eigenheit muss man gar nicht den rheinischen Sauerbraten herbeizitieren. Auch in Bochum gibt es schon sehr lange ein einzelnes Lokal mit Pferdespezialitäten.

„Zur Altstadt - Anno 1900“ in der Brückstraße hat seit über drei Jahrzehnten die Spezialität auf der Karte. Seit vier Jahren führt Thomas Unger die Traditionskneipe, deren Vorbesitzer, der hier 27 Jahre lang Bier zapfte und kochte, sich die Extravaganz auf die Karte holte. Dessen Rezepte hat Unger nicht verändert, viele Stammkunden essen hier gerne die Produkte, die von der Recklinghäuser Pferdemetzgerei Hobbold kommen. Anlässlich des gegenwärtigen Skandals, der auch der „Altstadt“ neue Aufmerksamkeit sichert, witzeln die Stammgäste bereits: „Hoffentlich ist hier kein Rind ins Essen gemischt“.

Pferd als Mittagstisch

Zur Mittagszeit ist das Lokal bereits gut gefüllt. Schlagermusik und Pop wechseln sich ab, das Publikum bewegt sich vom Alter her zwischen 40 und 70, Tendenz Richtung Rente, es gibt Pils und Zigarette, hinten ist der Nichtraucherbereich. Schon zum Mittagstisch kommt auch mal Pferd auf den Tisch, nebenan Grünkohl, aber auch andere, zumeist deftige Gerichte werden hier gereicht. Das Ambiente ist durch und durch rustikal, alte Schwarz-Weiß-Bilder, gusseisernes und kupfernes Essgeschirr, Musikinstrumente und sogar ein Spielzeugpferd schmücken quasi jeden Quadratzentimeter der Wände. Eine gepflegte Ruhrgebietskneipe, nur echt mit einer Wirtsfrau. Martina Faerber, die Ex-Chefin betreut auch unterm neuen Chef locker den Tresen und die vielen Stammgäste.

Spezielle Frikadellen

Die Handvoll Pferdegerichte ( Braten, Roulade, Würstchen, Frikadellen, auch Fohlengulasch) schmecken bei der Verkostung nach richtig gut gemachter Hausmannskost. Das Fleisch irgendwo zwischen Rind und Wild, allerdings ohne wildtypischen Hautgout. Am deutlichsten herausschmeckbar bei den schon etwas speziellen Frikadellen (6,90 kosten zwei davon mit Beilagen). Sie sind aus reinem Hack, ohne Brotzusatz, nicht gebraten, sondern gedämpft. Das führt zu einer vergleichsweise festen Textur, geschmacklich sind sie sehr intensiv, schön scharf auch. Weniger auffällig ist der „Pferdegeschmack“ in der Roulade (9,90 €). Ohne Vorwissen wäre sie kaum von der klassischen Rinderroulade zu unterscheiden. Zart ist sie, gefüllt mit Zwiebelchen, umgeben von klassischer Bratensoße.

Schon die Davidis lieferte Rezepte

Dass im Ruhrgebiet das Pferdefleisch nicht nur als „Arme-Leute-Essen“ überliefert ist, hat vielleicht historische Gründe. So war es die Westfälin Henriette Davidis, die schon 1848 eine „Praktische Anleitung zur Bereitung des Rossfleisches“ lieferte.

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